Österreichischer Feldzeugmeister Franz Graf von Kinsky

Feldzeugmeister Franz Graf von Kinsky von Wchinitz und Tettau, königlich-böhmischer Erbhofmeister, k.k. geheimer Rat und Kämmerer, Inhaber eines Regiments zu Fuß, Oberdirektor der Militär-Akademie zu Wiener-Neustadt, und Ehrenmitglied der königlich-böhmischen Gesellschaft der Wissenschaft (geboren am 6. Dezember 1739 zu Prag in Böhmen), wird lange noch im ehrenvollen Andenken seines Vaterlandes und der österreichischen Heere leben. Beiden war er einer ihrer schönsten Zierden. Nach der ihm in Kindesjahren im Hause und unter der Leitung seiner Eltern (Graf Franz Ferdinand Kinsky, k.k. geheimer Rat und Kämmerer, böhmischer Erbhofmeister und oberster Kanzler, Ritter des Goldenen Vlieses etc., und Maria Augusta Gräfin von Palfy) gewordenen Erziehung, wurde er in die Ritter-Akademie des Theresianums nach Wien gesendet. Dort entwickelten sich seine glücklichen geistigen und körperlichen Anlagen auf das erfreulichste. Die Lehrjahre seines Jünglingslebens beschloss er auf der Universität zu Prag durch das Studium der Rechte und der politischen Wissenschaften, weil er nach dem Wunsch seiner Eltern in Zivil-Staatsdienst treten sollte. Doch gaben sie den Wünschen des feurigen jungen Mannes nach, als er sich laut für den Stand der Waffen erklärte, und erlaubten ihm, im vierten Feldzug des siebenjährigen Krieges (1759) als Volontair in kaiserliche Kriegsdienste zu treten. Er wählte das eben ein Jahr früher (1758) errichtete Dragoner-Regiment Löwenstein-Wertheim (gegenwärtig 2tes Chevaulegers-Regiment Prinz Hohenzollern), dessen zweiter Oberster sein älterer Bruder Joseph Graf Kinsky war, vorleuchtend in den Kämpfen bei Landeshut, Schweidnitz und Kunersdorf, und dafür mit dem Theresien-Orden ausgezeichnet. Noch in demselben Jahr kam Graf Franz als Unterlieutenant zum Fuß-Regiment Lacy (damals mährisches nun illyrisches Infanterie-Regiment Prinz Leopold beider Sizilien Nr. 22), wo er im Februar 1760 eine Hauptmannsstelle kaufte, und da der Chargen-Kauf auch in höheren Stellen in jener Zeit üblich war, wurde er durch Konvention im Jahre 1763 Oberstwachtmeister bei Waldeck (Herzogenberg Nr. 35), und nach fünf Jahren eben so Obrist bei Gaisruck (Wellington Nr. 42).

Auf diesem Posten fand er die erste Gelegenheit, seine Talente im Erziehungswesen geltend zu machen. Er errichtete auf eigene beträchtliche Kosten bei diesem Regiment eine Kadettenschule mit so gutem Erfolg, dass diese viel versprechende Anstalt die Aufmerksamkeit der Kaiserin Maria Theresia auf sich zog. Erwähnenswert als ein schönes Beispiel für Lernbegierige ist der Umstand, dass er als Oberster es nicht unter seiner Würde fand, die Privatvorlesungen des ausgezeichneten Mathematikers Professors Tessaneck in Prag, über Anwendung der höheren Mathematik auf Kriegsbaugegenstände zu besuchen, um in diesem Zweig des militärischen Wissens seine Kenntnisse zu erweitern. Schon im Jahr 1770 (7. September) erhielt er in der Beförderung zum General-Feldwachtmeister einen ausgezeichneten Beweis der allerhöchsten Zufriedenheit mit seiner im Regiment versuchten Erziehungsanstalt. Im Jahr 1775 wurde Graf Kinsky beauftragt, in Böhmen die neu angeordneten Militärzimmer der Quasi-Kaserne zu errichten, und für die im Land verlegte Reiterei die nötigen Stallungen zu bauen. Er entledigte sich des Auftrages in möglichst kürzester Frist zu vollkommener Genugtuung seines Monarchen.

Im Jahr 1777 führte ihn der Drang, sich in allen Gegenständen des Erziehungswesens möglichst zu unterrichten, nach Stuttgart, um dort die Militär-Akademie mit beobachtendem Auge zu prüfen; von da eilte er nach Graubünden und nach der Schweiz, um die Erziehungsanstalten der Menschenfreunde Salis zu Marschlins und Pestalozzis zu Neuhof zu besuchen. Manches des Guten, welches der fleißige Forscher in diesen Anstalten fand, wurde später zum Nutzen der Wiener Neustadt angewendet.

Bei dem Truppen-Corps, das nach Ableben Churfürsten Maximilians von Bayern unter F. M. L. Langlois in Folge eines von dem Churfürsten Carl Theodor mit Österreich geschlossenen Vergleichs, durch welchen diesem Hause ganz Niederbayern abgetreten wurde (1778), Niederbayern und die böhmischen Lehne in der oberen Pfalz besetzt, befehligte Graf Kinsky eine Brigade, die sich durch genaue Beobachtung einer strengen Manneszucht auszeichnete. Als hierüber der Krieg mit Preußen ausbrach, wurde er zu dem Heer nach Böhmen berufen. Im Winterfeldzug (von 1778 bis 1779) führte er eine der fünf Kolonnen an, mit welchen Wurmser am 18. Januar den Überfall von Habelschwerdt und Oberschwedeldorf unternahm. Die Palisaden und Mauern von Habelschwerdt wurden mit Leitern erstiegen, und der Ort nach einem wütenden Kampf von zwei Stunden erobert. Ein General (der Landgraf von Hessen-Philippsthal), drei Stabs- 21 Oberoffiziere mit 762 Mann, fielen an Gefangenen in die Hände der Krieger, welche hier mehrere Fahnen und Kanonen erbeuteten. Nur einem Major gelang es, sich mit 200 Mann und einer Kanone nach Glatz durchzuschlagen. Der glückliche Erfolg dieser Unternehmung war größtenteils dem General Kinsky zu danken, der die beiden Kolonnen, welchen den unmittelbaren Angriff auf Habelschwerdt zu machen hatten, eben so klug als tapfer leitete. Nach eingetretenem Frieden machte er im Auftrag des Hofes eine zweite Reise nach Stuttgart, um die dort vor kurzem erst errichtete Kadetten-Akademie wiederholt zu besuchen, und sich von ihrer ganzen Einrichtung genau zu unterrichten.

Das Jahr 1779 war für ihn eines der merkwürdigsten seines Lebens, denn nicht nur erhielt er in demselben durch die Hand der Gräfin Renata von Trautmannsdorf, Hofdame der Kaiserin Maria Theresia, eine teure Lebensgefährtin, sondern auch das, durch Ellrichshausens Tod erledigte 47te Linien-Infanterie-Regiment (später von 1805 bis 1822 Baron Vogelsang, und bis 1824 Klopstein) als Inhaber. Zugleich wurde er in diesem Jahr Lokaldirektor des Wiener-Neustädter Kadettenhauses, mit dem eigenen besonderen Auftrag, diese dem Staate wichtige Erziehungsanstalt, deren Oberleitung F. M. Anton Graf Colloredo führte, nach einem neuen Plan, welchen er entworfen hatte, zu umstalten und zu verbessern. Einer der schönsten Wünsche seines Lebens war erfüllt. Auf diesem ehrenvollen Posten leistete er durch die praktische Anwendung seiner vortrefflichen Erziehungsgrundsätze, durch nie zu ermüdende Tätigkeit in der Ausführung einer alles umfassenden Vorschriften, und durch eine standhafte Besiegung aller sich ihm entgegen stemmenden Vorurteile und Hindernisse, dem österreichischen Staat 26 Jahre lang die wichtigsten Dienste. Anstatt den Inspektionsdienst in der Akademie als eine Versorgung alter Offiziere und Unteroffiziere zu betrachten, stellte er aus dem General-Quartiermeister-Stab, aus der Artillerie und dem Pionier-Corps, aus den Kavallerie- und Infanterie-Regimentern, Offiziere an, von deren Erziehung und Welterfahrung, von deren Kenntnissen, Tätigkeiten und Eifer, er in der Handhabung seiner Einrichtungen alle mögliche Unterstützung hoffen konnte. Nicht zufrieden, dass die Zöglinge die Dienst- und Exerzier-Reglements studierten, ließ er sie auch alle vorgeschriebenen Bewegungen zu Fuß und zu Pferd auf verschiedenen Bodenarten den Sommer hindurch fleißig üben; und um sie auf vorkommende Notfälle auch zur Aushilfe für den Artillerie-Felddienst zu bilden, wurden sie praktisch im Batteriebau, im Scheibenschießen mit Kanonen, im Granatenwerfen mit Haubitzen, und in Bedienung der Böller und Mörser unterrichtet. Selbst in den Übungslagern bei Minkendorf wurden die Neustädter Kadetten bei Infanterie- und Kavallerieregimentern eingeteilt, und zeichneten sich dabei so gut aus, dass Se. Majestät der Kaiser darüber laut seine Zufriedenheit bezeigte. Außer den auf allen ritterlichen Akademien gewöhnlichen Wissenschaften und Sprachen ließ Graf Kinsky die jungen Leute vorzüglich in der freien Hand- und Situationszeichnung, im Terrainaufnehmen, und in allem, was zur Mappierung gehört, unterrichten. Sie brachten es in wenigen Jahren auf einen solchen Grad der Vollkommenheit, dass viele von ihnen zu Generälen, Obersten und Stabsoffizieren befördert wurden. Und noch gegenwärtig besteht ein großer Teil der Generalstabs-Offiziere und der General-Adjutanten1 aus einstigen Neustädter Kadetten. Auch körperliche Gesundheit, Leibesstärke, Geschicklichkeit und Aufheiterung waren Gegenstände seiner väterlichen Sorgfalt. Zu diesem Ende wurden die Kadetten von eigenen Lehrmeistern nicht nur im Tanzen, Fechten, Voltigieren zu Pferd und zu Fuß und im Schwimmen unterrichtet, sondern auch bei ihren Unterhaltungen im Tiergarten, Scherit- und Lanzenwerfen, im Graben- und Wandspringen, im Gehen über schmale Steige, im Strickklettern und mit Kugelstutzen auf die Scheibe zu schießen geübt. In Betreff der täglichen Hausordnung und Reinlichkeit zwang die kinskysche Einrichtung allen Fremden, die dieses militärische Institut besuchten, Bewunderung ab. Mittelst verschiedener in den Sälen, auf den Gängen und sonst passenden Plätzen aufgehängter Tabellen, waren allen im Hause angestellten Individuen ihre Aufsichten, ihre Verrichtungen und die Zeit derselben so genau und deutlich bestimmt, dass sich nie etwas kreuzte, und alles in schönster Ordnung und ohne Lärm seinen Gang fort ging. Wenn man die Fortschritte, welche der Geist der Zeit in Absicht auf wissenschaftliche Gegenstände von einem Jahrzehnt zum anderen machte, ausnimmt, so wird noch lange jede Abänderung in der Hauptsache unnötig sein, und späte Enkel werden noch den Mann segnen, dessen ausgebreitete Kenntnisse, dessen edle Grundsätze, dessen wahrer Patriotismus und rastloser Diensteifer dieser für die Jugend so wohltätigen und für den Staat so nützlichen Erziehungsanstalt eine ihrem hohen Zweck so entsprechende Verfassung gegeben hat.

Im Jahr 1781 genoss Graf Kinsky die Ehre, dass ihn Kaiser Joseph auf seiner Reise nach Italien zum Begleiter, und drei Jahre darauf zum wirklichen diensttuenden Kammerherrn machte. Im Jahr 1785 wurde er zum General-Feldmarschall-Lieutenant, und nach dem Ableben des Feldmarschalls Grafen Colloredo, zum Oberdirektor der Militär-Akademie ernannt.

Beim Ausbruch des Türkenkrieges 1788, als Kaiser Joseph, um seine Krieger auf jede Art zu schönen Taten anzufeuern, auch den Liebling seiner Seele, den Erzherzog Franz zum Heer berief, erhielt Graf Kinsky in dem höchst ehrenvollen Auftrag, Sr. königlichen Hoheit in diesem Feldzug persönlich beigegeben worden zu sein, den größten Beweis des achtungsvollen Vertrauens seines Kaisers und Herrn. Er fand Gelegenheit, sich dessen durch Unerschrockenheit und Geistesgegenwart würdig zu zeigen, als in der verwirrungsvollen Nacht des Rückzuges auf Karánsebes (20. September) der Person des Erzherzogs Gefahr drohte. Schnell eilte er zu dem ungarischen Infanterie-Regiment Preisac (vacant Duca Nr. 39), und ließ von einem Bataillon desselben ein Viereck bilden, welches den kaiserlichen Prinzen aufnahm, und mit ihm in geschlossener Ordnung den Marsch auf Karánsebes fortsetzte. Nach dem Krieg kehrte er wieder auf seinen Posten in Wiener-Neustadt zurück.

Das Jahr 1793 rief ihn wieder ins Waffenfeld. Unter Kaiser Franz und Prinz Coburg Heerführung befehligte er bei der Hauptarmee in den Niederlanden eine Heeresabteilung. Er stand im November mit 23 Bataillonen und 14 Eskadrons, an der Seite der Engländer in der Gegend von Cysoing und an der Lys, wo bis zu Ende des Monats eine Menge kleiner Gefechte vorfiel. Später deckte er in den Winterquartieren die Strecke von Ypern bis an die Scarpe. Im März des folgenden Jahres, in welchem Kinsky zum Feldzeugmeister befördert wurde, befehligte er den rechten Flügel der Kaiserlichen, welche sich von Courtrai bis Orchies ausdehnte, und aus 25 Bataillons und 18 Schwadronen bestand. Bei dem Angriff (17. April), der zwischen Guise und Landrecies kantonierenden 40.000 Mann starken französischen Armee, welche hinter einer sehr starken Verschanzungskette gedeckt stand, führte Kinsky die dritte Angriffskolonne, bei welcher sich der Kaiser und Coburg befanden. Ihre Bewegungen wurden bei Ribeauville (Aisne), Wassigny und Étreux von einem glänzenden Erfolg begleitet. Am 22. April griff er den Feind bei Beaurepaire-sur-Sambre an, wirkte zu dessen Verdrängung bei Malgarnie mit, und trieb ihn bis in den Wald Haye Catelaine. Am 26. als die Franzosen mit 90.000 Mann den Entsatz von Landrecies erzwingen wollten, trug er auf dem linken Flügel des Heeres, bei Prisches, la Louzy, France und Nouvion, tätig zum ruhmvollen Sieg bei, der hier, wo alle Angriffssäulen des viel stärkeren Feindes nach kurzen Gefechten geschlagen und zurückgeworfen wurden, erfochten ward. Am 1. Mai ging F. Z. M. Kinsky oberhalb Catillon-sur-Sambre über die Sambre, und bezog ein Lager zwischen der Sambre und Selle. Am 16. Mai wurde die alliierte Armee, welche mit einem einzigen kraftvollen Schlag Flandern befreien und Pichegru zu einer Schlacht zwingen sollte, in sechs Corps eingeteilt. F. Z. M. Kinsky befehligte das vierte bei Marquain aus Kaiserlichen und Hessen, 9200 Mann und 1900 Pferde stark, bestehend. Er versammelte es am 16. mit einbrechender Nacht bei Froidmont, und beorderte den hessischen General Wurmb gegen Le Pont à Tressin und den österreichischen Major Lukich mit starken Abteilungen auf Bouvines. Der Angriff sollte auf allen Punkten am 17. mit Anbruch des Tages geschehen. Aber die fünfte Kolonne konnte nicht dem Plan gemäß mit Anbruch des Tages die Marque übersetzen. Auch hinderte ein dichter Nebel alle Übersicht der Gegend. Der Angriff wurde also ein paar Stunden verschoben, und der betreffende Befehl den Abteilungen zugeschickt. Der F. Z. M. wusste wohl überhaupt, dass der ihm gegenüber stehende Feind sehr stark sei, und dass er seine Stellung gut befestigt habe. Aber der Nebel hinderte ihn durchaus, die Aufstellung und Bewegung desselben zu übersehen. Unter solchen Umständen konnte das Vorrücken nur mit großer Vorsicht geschehen. Die feindliche Infanterie wurde durch Kartätschenfeuer und lebhafte Angriffe der Freiwilligen aus den Mauerhöfen en Clou und Menchaumé, links von Bouvines vertrieben. Um 7 Uhr morgens wurde das verschanzte Bouvines erstürmt. Die feindliche Besatzung zog sich über die Marque. Ein heftiges Kanonenfeuer wurde hier von beiden Teilen mit gleicher Lebhaftigkeit unterhalten. Der General Wurmb mit den Hessen hatte den Feind über Baisieux und Geraing bis unter die Kanonen seiner bei Pont à Tressin, Château d’Anstaing und längs dem waldigen Ufer des Flusses genommenen Stellungen zurück gedrängt. Bis 11 Uhr währte des Feindes heftiges Feuer, dem der General Wurmb nur wenig entgegen setzen konnte. Dann aber rückten die Franzosen selbst vor. Die Hessen hatten bereits alle ihre Munition verfeuert, ihr General war verwundet, schon begannen sie zu weichen. Aber sie gewannen, von einem k.k. Bataillon unterstützt, bald den verlorenen Boden wieder. Die Kavallerie der Kolonne stand in Abteilungen hinter der Infanterie-Linie verteilt, und zwar die englische auf dem rechten Flügel gegen Gruson. Aus Gruson, welches zwischen Bouvines und Tressin auf dem rechten Ufer der Marque auf einem erhöhten Boden liegt, bedrohte der Feind des F. Z. M. Kinsky rechte Flanke. Schon vormittags war er mehrmals aus dem Ort verjagt worden. Um 3 Uhr nachmittags besetzten die Franzosen Gruson nochmals, und es konnte ihnen erst um 6 Uhr abends wieder abgenommen werden. Gegen 2 Uhr nachmittags erschien die Avantgarde der fünften Kolonne jenseits der Maque. Der Feind zog nun sein Geschütz und den größten Teil seiner Truppen, die er gegen die vierte Kolonne gebraucht, zurück. Der F. Z. M. ließ sogleich bei Louvil eine Laufbrücke schlagen, über welche der Major Lukich vorging. Die Kolonne selbst marschierte über die vom Feind abgetragene, nun aber wieder hergestellte Brücke bei Bouvines. Die Freiwilligen nahmen Sainghin (Sainghin-en-Mélantois). Tessin räumte er erst in der Nacht. Der F. Z. M. Kinsky zog bei einbrechender Dämmerung seine Truppen über die Marque zurück. Sie biwakierten hinter Bouvines. Nur ein Bataillon blieb bei den Windmühlen von Sainghin aufgestellt. Kinsky wurde gegen Abend so unpässlich, dass er sich genötigt fühlte, das Kommando abzugeben und nach Tournay zurück zu gehen. Nach seiner Wiedergenesung übernahm er zwar neuerdings das Kommando, und stand im Spätjahr mit seiner Truppe an der Lahn, aber der Krieg in den Niederlanden und am Rhein bot ihm ferner keine Gelegenheit mehr zur Auszeichnung. Er verließ die Armee,um zu seinen Zöglingen zurück zu kehren.

Im Herbst des Jahres 1796, als Jourdan nach Böhmen vorzudringen drohte, wurde Graf Kinsky dahin gesendet, um Jäger- und Reserve-Corps zu errichten, und im Falle des feindlichen Eindringens das Generalkommando von dem Feldmarschall Bender zu übernehmen. Jourdan wurde vom Erzherzog Karl bei Schwarzenfeld und Würzburg geschlagen und bis über den Rhein gejagt, und der Friede zu Campo-Formio abgeschlossen; daher kehrte Graf Kinsky, nachdem er schon vorher zur Belohnung einer vieljährigen ausgezeichneten Dienste die Würde eines k.k. geheimen Rates erhalten hatte, wieder in die Militär-Akademie zurück, und fuhr mit unermüdetem Eifer fort, die Direktionsgeschäfte zu leiten.

Nachdem er im Jahr 1805 die ehrenvolle Auszeichnung genossen hatte, Se. Majestät den Kaiser auf das Familiengut Luberegg zu begleiten, erkrankte er am Nervenfieber, und starb zu Wien, bedauert von seinem Kaiser und allen, welchen sein edler, vortreffliche Charakter bekannt war, wehmütig beweint von seinen Zöglingen, denen er noch den letzten rührendsten Beweis seiner Liebe dadurch gab, dass er seine Grabstätte auf dem Gottesacker der Militär-Akademie bestimmte. Hier ruht nun der Unvergessliche mitten unter seinen Lieben. Auf seinem Gedenkstein ist folgende Grabschrift: »Franz Graf von Kinsky, des heiligen römischen Reichs Graf, Sr. k.k. Majestät geheimer Rath, General-Feldzeug-Meister, Inhaber eines Regiments zu Fuß, Oberdirector des k. auf k.k. Militär-Cadettenhauses durch 26 Jahre, wollte nach einem rastlosen, nicht sich, sondern Gott, dem Staate und dem Fürstengewidmeten Leben, endlich hier bey seinen Zöglingen ruhen. Er starb, 65 Jahre alt, zu Wien den 9. Jänner 1805.«

Die Resultate einer durch das aufmerksame Forschen und eifrigste Streben im Kriegs- und Erziehungsfache erworbenen vieljährigen Erfahrung legte er in seinen vielen Schriften nieder, welche keinem Militär, dem Selbstbildung Ernst ist, fehlen sollten. Die Buchhandlung Veit Holzschuh zu Wiener-Neustadt hat eine sehr vermeintliche Unternehmung begonnen, dass sie in der Gegenwart eine neue Auflage der gesammelten Schriften eines Mannes, der als Soldat, Philosoph, Erzieher und Mensch so hoch stand, veranlasste, und zu deren leichteren Anschaffung eine Subskription für das kaiserlich-österreichische Militär eröffnete. Seine militärischen Schriften besonders nehmen – wie in der Ankündigung dieser neuen Herausgabe derselben sehr richtig bemerkt wird – unter der Zahl jener guten Werke die durch Erschütterung in der politischen, wie in der wissenschaftlichen Welt unbilliger Weise zurückgedrängt wurden aus dem Gebrauch des Tages, einen ehrenvollen würdigen Platz ein. Obgleich zum Teil vor fünfzig Jahren niedergeschrieben, dürfen sie dreist zurückkehren in unsere Zeit, um sich für immer einen unvergänglichen Wert zu sichern. Die meisten der Schriften des Grafen Kinsky kamen 1786 bis 1788 in sechs Teilen zu Wien und Wiener-Neustadt heraus. In Prag erschien von ihm: Erinnerungen über einen wichtigen Gegenstand2 1733. Über die Hofmeister, 1776. Beyträge zur Ingenieur-Wissenschaft, 1776. Die Abhandlung der königlich-böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften enthalten von ihm mehrere schätzbare Aufsätze, als: Schreiben an Herrn von Born über einige mineralogische und bithologische Merkwürdigkeiten, 1775. Nachricht von einigen Erdbränden im ellbogner Kreise in Böhmen, 1776. Vom Druck der Erde auf Futtermauern, 1777. Über den Balkenschnitt, 1786. Unter seinen militärischen Schriften gebührt den Elementar-Begriffen von Dienstsachen und der Abhandlung für Weltrekruten – welch letztere der schönste Zeuge der edelsten Denkungsart und des wärmsten Vatergefühls für die ihm anvertrauten Zöglinge, die er aus der Anstalt, wo sie für ihren Beruf ausgebildet wurden, als Neulinge in die Welt schickte, ist – der vorzüglichste Rang.

Sein Vaterland und sein Geburtsort, denen er für jede Zeit eine ihrer ersten Zierden war, verdanken seinem Eifer für Wissenschaft und Gemeinnützigkeit viel Gutes. Er widmete seine Mineralien-Sammlung zum öffentlichen Gebrauch, und legte dadurch zum Teil den Grund zum Naturalien-Cabinette in Prag, dessen Direktor er war. Auch ließ er sich da die Vermehrung und neue Einrichtung der k.k. öffentlichen Bibliothek sehr angelegen sein. Um sie zu bereichern, ließ er die kinskysche Familien-Bibliothek nach Prag schaffen, im Local der öffentlichen aufstellen, und vereinigte auch seine eigene Privat-Büchersammlung damit. Kinskys schönen Zweck, dem Vaterland zu nützen, spricht die unter seinem dort aufgestellten Brustbild stehende Unterschrift treffend in folgenden Worten aus: Alendis patriae ingeniis suam et gentis Kinskianae haereditariam Bibliothecam destinari fecit. Die Gesellschaft der Wissenschaften bewahrt als wertes Andenken an ihn das Modell einer Wasserspritze besonderer Art aus seiner Erfindung.

Monstrat studium virtutis multis.
Statins.

Quelle: Biographien der ausgezeichneten Feldherren der k.k. österreichischen Armee, aus der Epoche der Feldzüge 1788-1821 (hrsg. von Johann Ritter v. Rittersberg)

Über das Wort Adjutant erteilt die österreichisch-militärische Zeitschrift folgende erläuternde Anmerkung: „Unter Adjutanten meint F. Z. M. Graf Franz Kinsky nicht Adjutanten allein; er meint auch Individuen des Generalstabes, lange stehende Ordonnanz-Offiziere, auch tätige Galoppins. Solche Gallopins aber, die, um von Dienstbeschwerlichkeiten sich loszuschrauben, nur à la suite in den Feldzügen mitreiten, meint er nicht.“
Die Veranlassung zu dieser Schrift war folgende. Eine Dame in P..., welche ihre Zeit dem Studium ernster Wissenschaften weihte, bestand in einer sehr ansehnlichen Versammlung mit bestem Erfolg eine Prüfung aus mehreren Fächern derselben, besonders aus der Mathematik. Auch Kinsky befand sich in dieser Versammlung, und versagte der Geprüften zwar nicht das verdient Lob, setzte sie aber durch die auf verfehlten weiblichen Beruf hindeutende Frage: „Wie viele Ellen Leinwand sie zu einem Hemd brauche,“ in Verlegenheit. Für diese Dame schrieb und ihr weihte er seine Erinnerungen über einen wichtigen Gegenstand.

Figuren der Österreich-Ungarischen Armee der Napoleonischen Kriege