Reitkunst

Reitkunst.

Reitkunst, militärische, wird hier nur in sofern abgehandelt werden, als der erste Unterricht des Rekruten auseinandergesetzt werden muss. Alles übrige findet man unter den einzelnen Artikeln.

Es hängt von der zum Unterricht anzuwendenden Zeit ab, ob ein Anfänger das Pferd zuerst mit der bloßen Trense, oder gleich mit der Kandare führen lernen muss; das erstere wird jedoch am häufigsten beobachtet. Sobald ein Rekrut zum ersten Male ein Pferd bestiegen hat (s. Auf- und Absitzen), werden ihm zuerst die Regeln eines guten Sitzes und der Haltung seines Körpers auseinandergesetzt. Die letztere muss gerade und ungezwungen sein; der Oberleib wird gerade aus den Hüften heraus gehoben, so dass man weder zu viel auf dem Gesäß, noch zu sehr auf der Spalte sitzt, und dass beides vereinigt wird; die Arme müssen den Oberleib dadurch, dass sie gelassen und ohne gezwungen zu sein, an demselben anliegen, seine Festigkeit geben; denn ist der Oberleib nicht fest, und bewegt sich derselbe bald hin bald her, so hat dies nicht nur ein schlechtes Ansehen, sondern auch den Nachteil, dass bei der geringsten unregelmäßigen Bewegung des Pferdes man leicht auf einer oder der anderen Seite das Übergewicht bekommt und herunter fällt. Ist der Kopf gebückt, und nicht gerade aus den Schultern gehoben, so sieht dies ebenfalls übel aus, und man kann im Glied nie eine gute Richtung bekommen. Wenn man zwischen den Ohren seines Pferdes hindurch sieht, so kann man dabei von der geraden Haltung seines Körpers versichert sein; dem Rekruten muss besonders das Hinsehen auf den Unterrichtenden bei den Kommandowörtern verboten werden.

Die Schenkel müssen gerade, und wie sie von Natur gewachsen sind, am Pferde herunter hängen, und weder zu weit vor noch zu weit rückwärts gezogen werden; tut man das erstere, so bekommt man seinen Sitz nicht nur zu weit nach hinten, sondern man ist auch außer Stande, seinem Pferde eine richtige und schnelle Hilfe oder Strafe zu geben; im zweiten Falle, wenn die Schenkel zu weit nach hinten zu liegen kommen, erhält der Oberleib sehr leicht das Übergewicht nach vorn, und verliert so ebenfalls seine Festigkeit. Die Schenkel müssen so nahe als möglich an das Pferd herangebracht werden, ohne es jedoch beständig mit den Waden zu kitzeln; der Sitz muss also weder zu sehr gezwungen auswärts, noch zu sehr gezwungen einwärts sein. Die Fußspitzen werden, und besonders im Anfange, wo man ohne Bügel reitet, mit etwas Zwang in die Höhe gezogen, und die Absätze heruntergedrückt; hierdurch erhält der ganze Schenkel von den Hüften an bis an die Absätze eine gewisse Festigkeit und sichere Anlage an den Sattel; denn bloß so und nicht anders kann man einen festen Sitz bekommen. Das starke Andrücke und Zusammenkneipen der Knie bring diesen Vorteil nicht hervor; es ist vielmehr der Haltung nachteilig, da das Knie so leicht beim Springen, Bocken oder sonstigen unregelmäßigen Bewegungen eines Pferdes, von dem Punkte, wo es anlag, verrückt werden kann; hat man sich nun bloß auf das Anschließen der Knie verlassen, so ist man auch sicher aus dem Sattel gehoben.

Die Führung der Faust macht einen Hauptgegenstand des ganzen Reitens aus, und es kommt darauf fast alles an.

a) Wenn das Pferd mit der Kandare gezäumt ist. Der linke Arm von der Schulter bis zum Ellbogen ruht in einer senkrechten Lage, ohne alle Anspannung an der Seite und Hüfte des Reiters; der Unterarm bildet mit dem Oberarm beinahe einen rechten Winkel, und berührt zum Teil sanft den Unterleib, die linke Hand hält die Zügel gerade über dem Sattelknopf. Der rechte Arm hängt senkrecht natürlich herunter, wodurch der Unterarm seinen Platz hinter der Lende erhält; der Handballen wird ein wenig auswärts gedreht, die Hand geöffnet. Die linke Faust ist geschlossen, und hält die Kandarenzügel mit dem Finger, welcher dem kleinen zunächst ist, geteilt, und den Daumen auf sie gedrückt. Die Faust wird nahe über dem Sattelknopf, mit aufwärts gerichteten Daumen, und ein wenig einwärts gestellt, stetig geführt; ihre Bewegungen und Wirkungen sind vierfach, und geschehen bloß mit dem Faustgelenk, welches lose sein muss, so dass jeder Anzug schraubenförmig ist, und nie in einen Ruck ausartet.

1) Das Annehmen der Faust, wodurch das Pferd, wenn es im Gange ist, zum Stillstehen, und steht es, zum Zurücktreten oder Rückwärtsrichten genötigt wird. Der kleine Finger steigt dabei nach dem Leibe zu, in der Richtung nach dem Kopfe des Reiters, aufwärts; der in die Höhe gestandene Daumen senkt sich zu gleicher Zeit in eben dem Verhältnisse nach dem Halse des Pferdes zu, und beide Zügel, sowohl der innere als der äußere, müssen gleichmäßig wirken.

2) Das Nachgeben der Faust folgt jedesmal dem Annehmen, wenn die beabsichtige Wirkung erfolgt ist, und geschieht in derselben Drehung rückwärts, so dass die Faust ihre vorige Stellung wieder einnimmt; der kleine Finger geht auch, wenn das Pferd viel Zügelfreiheit verlangt, etwas vor, wodurch sich dann der Daumen unterwärts nach dem Leibe zu kehrt.

3) Das Anziehen des rechten Zügels, wodurch eine Wendung rechts hervorgebracht wird; der kleine Finger steigt aufwärts, die Knöchel der Finger kommen in die Höhe, und die Faust schiebt sich mäßig rechts seitwärts, so dass der Daumen sich mehr nach der linken, der kleine Finger aber nach der rechten Seite neigt, und er rechte Zügel so etwas verkürzt wird, der linke aber bloß gelinde ansteht.

4) Das Anziehen des linken Zügels, wodurch die Wendung links hervorgebracht wird; die Bewegung der Faust geschieht nach denselben Grundsätzen, nur umgekehrt; und dass sie sich zugleich mäßig links schiebt.

b) Wenn das Pferd mit der Trense gezäumt ist. Der Sitz des Reiters ist wie vorher, nur dass der rechte Arm nicht herunterhängt, sonder dass der rechte Unterarm, wie der linke, mit dem Oberarm einen Winkel bildet. Die Zügel werden mit beiden Händen so geführt, dass sie nicht mit den Fingern, sondern zwischen der ganzen inwendigen Faust gehalten werden; sie müssen so kurz gefasst werden, dass ohne Beunruhigung des Pferdes, aus jeder Bewegung der Faust eine Wirkung auf dasselbe hervorgeht. Der Daumen wird, zur Verhütung des Durchziehens der Zügel auf selbige fest gedrückt; die Stellung beider Fäuste ist mit den Daumen aufwärts gerichtet, sehr mäßig einwärts gebogen, enge, wenn gleich in etwas verschiedener Höhe, beisammen. Die Oberarme hängen senkrecht, sanft an den Leib gelegt, herunter; sie dürfen diese Lage nie verlassen, und stehen mit den Verrichtungen der Faust in keiner Verbindung, es sei denn, um ihre Kraft durch ein stärkeres Anziehen des Ellbogens zu vermehren. Die Haltung der Unterarme kann bei der Trensenführung nicht genau bestimmt werden, weil die verschiedene Beschaffenheit der Pferde eine bald mehr, oder bald minder hohe Stellung der Faust erfordert. Die auswendige Faust, worunter, wenn man rechts herum reitet, die linke, wenn man links herum reitet die rechte verstanden wird, wird ein geringes höher als die inwendige Faust gestellt, um damit den Hals und Kopf des Pferdes empor zu richten, während die inwendige sich bestrebt, Kopf und Hals auf der geraden Linie zu erhalten. Alle Verrichtungen der Faust werden mit dem Handgelenk vollzogen, durch Aufwärtssteigen des kleinen Fingers nach dem Leibe des Reiters zu. Sie bestehen in dem Annehmen und Nachgeben beider Fäuste zugleich, wodurch das sich bewegende Pferd zum Stillstehen, das stillstehende zum Zurücktreten bewogen wird, und in dem Annehmen einer einzelnen Faust, wodurch man eine Wendung hervorbringt; nachdem die verlangte Wirkung erfolgt ist, nimmt die Faust ihre vorige Lage gleich wieder ein.

Der Gebrauch der Schenkel (Waden) beabsichtigt, entweder das Pferd vorzutreiben, oder im Gleichgewicht zu erhalten, oder um die Wendungen zu erleichtern, oder auch um dasselbe zum Seitwärtstreten zu vermögen. Die Schenkel müssen durch einen mehr oder weniger starken Druck, nach Maßgabe der Fühlbarkeit des Pferdes, in einer richtigen Übereinstimmung mit der Faust gebraucht werden. Der Druck sowohl beider, als auch nur eines Schenkels, findet hinter dem Gurte statt; hierbei muss weder das Knie in die Höhe gezogen, noch vom Sattel angebracht werden; nach erfolgter Wirkung hört der Druck der Schenkel sogleich wieder auf, und sie nehmen ihren vorigen Hang wieder an.

Der Gebrauch der Sporen beschränkt sich bloß auf diejenigen Fälle, wo das Pferd dem Druck der Schenkel aus Faulheit oder Widersetzlichkeit nicht Folge leistet; der anzuwendende Nachdruck richtet sich man dem Grade der Trägheit oder des Ungehorsams. Die Bewegung zum Sporengeben geschieht mit den Schenkeln, durch die Biegung in den Knien; die Fußspitzen werden hierbei aufwärts gedreht, und die Sporen hinter dem Gurte fest eingedrückt; weder der Oberleib noch die Lenden dürfen ihre Lage hierbei verändern.

Erst wenn der Anfänger ohne Bügel so weit gekommen ist, dass er bei allen Bewegungen des Pferds einen ruhigen und festen Sitz erhält, wird ihm der Gebrauch der Steigbügel gestattet. Diese sind so geschnallt, dass sie dem Fuße da, wo der Ballen ist, zur Stütze dienen, ohne dass dadurch der vorgeschriebene Hang der Schenkel im mindesten verändert wird. Wenn der Reiter ohne Anspannung die Schenkel gerade herunter hängen lässt, die Fußspitzen, so viel er vermag, hebt, und die Hacken herunter drückt, so muss der Bügel gerade gegen den Ballen passen, und wenn er sich des Bügels bedient, wird er im Stande sein, sich soviel im Sattel zu heben, dass er die geballte Faust zwischen den Sattel und die Spalte stellen kann. – Von allen Wendungen und Bewegungen mit dem Pferde, s. die einzelnen Artikel.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Fachbegriffe