Schießübungen

Schießübungen der Volontaires de Prusse.

Schießübungen, und Unterricht in der Behandlung des Gewehrs oder Geschützes beim Laden und Abfeuern, in der Theorie des Zielens und dergleichen, gehören zu den notwendigen Gegenständen, welche bei der Abrichtung und Ausbildung jedes einzelnen Mannes, und bei allen Truppengattungen, auf das vollkommenste und deutlichste gelehrt werden müssen. Die Abbildung zeigt Volontaires de Prusse bei Schießübungen.

Im Allgemeinen ist hierüber schon unter dem Artikel Schießen gehandelt; von dem Schießen der Artillerie findet man das nötige unter Bedienung, Laden, Geschütz, Wirkung etc. Das Schießen der Kavallerie mit dem Karabiner und der Pistole, kommt im allgemeinen mit dem Schießen der Infanterie überein, nur dass bei der ersteren auch zu Pferde mit Pistolen nach einem Ziel geschossen wird; das Schießen mit dem kleinen Gewehr überhaupt soll hier näher abgehandelt werden.

Vor allen Dingen ist den Leuten die größte Vorsicht einzuschärfen, um allen möglichen Schaden, der durch ein geladenes Gewehr entstehen kann, von sich und ihren Kameraden abzuwenden. Trägt der Soldat das geladene Gewehr in der Hand, so muss er jederzeit die Mündung des Laufs in die Höhe halten; oder er trägt es, beim Tiraillieren, unter dem Arm, mit der Mündung gegen die Erde gehalten, welches schon durch die Schwere des Gewehrs selbst erleichtert wird. Da beim Tiraillieren niemals ein Mann geradezu hinter dem anderen steht, so kann schon deswegen beim zufälligen Losgehen eines Gewehrs kein Schaden entstehen, sollte auch die Mündung wirklich etwas zu hoch gehalten worden sein. Wenn man durch Gebüsch, Strauchwerk oder Hecken geht, muss man vorzüglich das Schloss und den Abzug in Acht nehmen; niemals darf man sich bei irgend einer Gelegenheit auf die Mündung des Gewehrs stützen, wie z. B. häufig beim Erklettern oder Hinabsteigen von Höhen geschieht. Wird ein Gewehr irgendwo angestellt, so muss dies so geschehen, das es nicht abgleiten und umfallen kann, wodurch nicht nur häufig der Schuss losgeht, sondern auch Schaden am Gewehr selbst entstehen kann. Vorzüglich muss darauf gesehen werden, dass die Mündung des Gewehrs ganz rein ist; sollte, wie z. B. beim Schießen im Liegen auf der Erde, oder bei einem Fall etc. möglich ist, Schnee oder Erde die Mündung verstopft haben, oder hätte man aus Unachtsamkeit den Regenpfropfen heraus zu nehmen vergessen, so wird beim Losschießen in den meisten Fällen die Sprengung des Laufs erfolgen. Ein Gleiches würde entstehen, wenn die Kugel nicht dicht auf die Ladung sitzen sollte, oder wenn ein Schuss schon so lange in dem Lauf wäre, dass er darin eingerostet ist. Ist der Schuss jedoch nur einige Tage alt, so ist keine Gefahr zu besorgen; man muss aber den Ladestock noch einige Male fest aufsetzen, und frisches Pulver auf die Pfanne schütten.

Die Schießübungen bestehen nun darin, dass man sich übt, mit seinem Gewehr ein bestimmtes Ziel zu treffen, welches bei Anfängern gewöhnlich in einer Scheibe besteht; bevor aber ein Rekrut hierzu gelassen wird, muss er eine genaue Kenntnis aller Teile des Gewehrs haben, und von dem Mechanismus des Schlosses unterrichtet sein, (s. Lauf, Schloss, Putzen etc.); er muss nicht nur die Bestimmung eines jeden Teils wissen, sondern auch die etwaigen Mängel und Fehler aufzufinden, unbedeutenden sogar selbst abzuhelfen, verstehen. Hierauf folgt der Unterricht, wie die ganze Lage des Schießenden, und der Anschlag mit dem Gewehr insbesondere, beschaffen sein müsse. Da der Unterricht im Schießen mit gezogenen Büchsen eine ganz andere Aufmerksamkeit erfordert, und wegen der Konstruktion der Büchse mehrere Eigentümlichkeiten hat, so soll darauf hier im Folgenden besondere Rücksicht genommen, zugleich aber die etwaige Verschiedenheit beim Infanteriegewehr angegeben werden.

Zu einer guten Lage gehört, dass die Büchse gerade an die Schulter angesetzt und der rechte Ellbogen so hoch geschoben wird, dass er mit der Schulter in gleicher Höhe ist. Der Kopf wird nur so weit gegen die Kolbe zur Seite geneigt, bis das Auge das Korn im Visier erblickt. Niemals muss das Gewehr nach dem Kopfe, sondern alle Mal der Kopf nach dem Gewehr gedreht und gerichtet werden. Die Backe wird nur leise an die Kolbe angelegt, weil dann der Rückstoß nicht empfindlich ist; auch muss der Daumen der rechten Hand, welcher den Kolbenhals oben umfasst, nicht zu nahe an die Nase gebracht werden, weil dies sonst schmerzhafte Stöße gibt. Die linke Hand umfasst die Büchse am besten etwas vorwärts der Deckelfeder in der Gegend des Gleichgewichts. Diese Lage muss Ungeübten erst langsam beigebracht, dann aber sehr häufig und schnell geübt werden, damit sie ihnen zur anderen Natur werde. Kein Tag im Jahr darf vergehen, wo ein Jäger oder Schütze sich nicht in dieser Lage übte, und man muss daher nicht allein beim Tiraillieren ohne Pulver stets auf eine gute Lage sehen, sondern auch bei jedem Exerzieren, ja sogar bei jedem Antreten der Kompanie, oder einer Abteilung derselben, mit Gewehr, stets Übungen und Prüfungen darin anstellen. Die Sache ist von der höchsten Wichtigkeit, denn leider wirken im Gefecht so viel Dinge nachteilig ein, dass in der Regel alles verloren geht, was dem Soldaten nicht rein mechanisch geworden ist. – Wer darin die erforderliche Geschicklichkeit erlangt hat, muss die Augen zumachen, das Gewehr an die Backe legen können, und beim Öffnen das Korn genau im Visier sehen.

Mit der Übung im Anschlag ist natürlich das Zielen verbunden, und es kann hierbei gleich gelehrt werden, wie, bei größeren Entfernungen, die dazu nötige Elevation durch mehr oder minderes Korn im Visier erhalten wird. Dies geschieht teils durch die verschiedene Einteilung des Korns, teils durch das Schießen über die Klappvisiere. Die letzteren werden größtenteils nur bei den Entfernungen von 250 Schritt und darüber gebraucht; die Einteilung des Korns aber ist folgende:

1) Fein Korn, wenn man im Einschnitt (Kerb, Kimme) des Visiers so wenig vom Korn sieht, dass dasselbe nicht bis an den oberen Rand reicht, Fig. 285 A.

2 Gestrichen Korn, wenn das Korn mit dem oberen Rand des Visiers gleich ist, Fig. 285 B.

3) Voll Korn, wenn das Korn über den oberen Rand des Visiers hervorgesehen wird, Fig. 285 C.

Wie sich diese verschiedenen Elevationen zu den Entfernungen oder Schussweiten verhalten, hängt von der Weite des Visierschusses ab; wie weiter unten folgt. Mehrere Unterabteilungen, als ganz fein Korn, Mittel-Korn, Halb- und sehr voll Korn werden hier übergangen, da sie teils überflüssig sind, teils die Sache nur verwickeln.

Um dem Rekruten einen Begriff beizubringen, was man unter Zielen, d. h. Aussuchen der Richtungslinie (s. Schießen) versteht, kann man folgendes praktische Verfahren einschlagen. Man richtet zuerst in zwei Gabeln, welche hinter einander stehen, oder auch in einem Schraubstock, eine Büchse nach dem Zielpunkt ein, lässt dann den Rekruten sich in den richtigen Anschlag legen, und über das Visier und Korn nach dem Zielpunkt sehen. Um sich nun zu überzeugen, ob der Rekrut einen Begriff vom Zielen hat, richte man das Gewehr nach einem anderen Punkt, und lasse sich dann sagen, welches nun das Ziel sei; oder man lässt auf sein Auge zielen etc. Gewöhnlich weiset man den Rekruten an, das linke Auge beim Zielen zuzudrücken; sollte das rechte Auge aber schlechter sein, als das linke, oder hat ein Jäger sich mit dem linken Auge, oder mit beiden offenen Augen, zu schießen gewöhnt, so muss ihm dieses beim Tiraillieren und Scheibenschießen gestattet werden. – Bei Infanteriegewehren, welche kein Visier haben, eine Einteilung des Korns zu machen, ist nur geübten Schützen möglich; man hilft sich aber dadurch, dass man auf den verschiedenen Entfernungen über oder unter den eigentlichen Zielpunkt zielt, wie weiter unten folgen wird.

Hierauf macht man dem Rekruten begreiflich, dass das Gewehr während des Abdrückens unverrückt auf den Zielpunkt gehalten werden müsse, um zu treffen, und sucht ihn feuerfest zu machen. Bei ganz ungeübten lässt man zuerst das ungeladene Gewehr abdrücken und duldet nicht, dass zuckende Bewegungen mit dem Kopf, oder dem Arm gemacht werden. Auch sieht man darauf, dass das Abdrücken durch eine freie Bewegung des Zeigefingers der rechten Hand geschehe, ohne dass dadurch die ganze Hand oder der Arm beunruhigt werde. Bei geübteren kann man gleich etwas Pulver auf die Pfanne schütten und sieht darauf, dass die Augen so viele als möglich offen behalten, wenigstens nicht eher auf einen Moment geschlossen werden, bis es eine fast unwillkürliche Folge des Blitzes von der Pfanne ist. Die vortreffliche Eigenschaft, mit offenen Augen durchs Feuer zu sehen, welche manche Jäger besitzen, muss das Ziel sein, wonach bei der Übung zu streben ist. Die Wichtigkeit derselben und dass dadurch allein die größte mechanische Fertigkeit zu erlangen sei, ist sehr einleuchtend; denn was hilft der gute Anschlag, was das gute Zielen, wenn der Schütze das Gewehr im Augenblick der Explosion verrückt, oder wenn er die Augen zumacht, so dass er gar nicht mehr weiß, wohin es gerichtet war, als der Schuss losging. Es muss dies daher mit eben solchem Fleiß geübt werden, als der Anschlag, und es steht der geringe Nachteil, der daraus für Schlösser entsteht, und der sich übrigens auch nur auf die Verstählung der Batterie und die Federn bezieht, mit dem Vorteil, welchen die Übung gewährt, in gar keinem Verhältnis. Inzwischen kann man bei ganz ungeübten jungen Leuten, alte nicht mehr ganz brauchbare Büchsen dazu anwenden. – Alle diese Übungen werden mit den Rekruten zuerst auf einem Schießständer gemacht, einem mit Sprossen versehenen Pfahl, der in die Erde gegraben wird; bei einiger Fertigkeit geht man hierauf zu dem Zielen aus freier Hand über.

Hierauf sucht man dem Schützen zugleich einen Begriff der sehr wichtigen Sache zu machen, welche man gewöhnlich im Allgemeinen Abkommen zu nennen pflegt. Die ganze Kunst des Schießens besteht nämlich darin: den Moment der Explosion so wahrzunehmen, dass dieselbe in dem Augenblick erfolgt, wo man den zu treffenden Gegenstand am genauesten aufs Korn hat. Wer dies versteht, ist ein guter Schütze, und wird mit seinem Gewehr leisten, was nach der Eigentümlichkeit desselben möglich ist. Indessen scheint es leichter als es ist, und es gehört eine fortdauernde Übung dazu, um den hierbei nötigen Takt zu bekommen, weshalb auch bei dem Unterricht im Festliegen im Feuer, die Leute darauf aufmerksam zu machen sind, dass sie immer auf einen bestimmten Gegenstand zielen, und sich bemühen, dann abzudrücken, wenn die Büchse am besten gerichtet war. Wäre der Mensch Herr aller Bewegungen seines Körpers, auch der unwillkürlichen mechanischen, wie der Puls- oder Herzschläge, so würde ein guter Schütze, wenn die Beschaffenheit des Gewehrs es zulässt, jedesmal Kugel auf Kugel in den Zielpunkt bringen; – da aber eine nicht zu beherrschende Bewegung des Organismus, dem Gewehr in dem Augenblick eine abweichende Richtung geben kann, wo man im Abdrücken ist, und der Schuss nicht mehr zurückgehalten werden kann, so wird auch der beste Schütze dann und wann vom Zielpunkt etwas abweichen. Die Richtung nun, welche das Gewehr im Moment der Explosion hat, nennt man Abkommen. War der zu treffende Gegenstand genau auf dem Korn, als das Gewehr losging, so ist man gut abgekommen; war die Büchse etwas rechts oder links abgewichen, so ist man links oder rechts abgekommen.

Es ist aus doppelten Gründen für einen Büchsenschützen sehr wichtig hierauf zu merken, weil er: 1) dadurch immer ziemlich genau wissen kann, wohin er getroffen hat, und weil er 2) durch die darauf zu verwendende Aufmerksamkeit von allen äußeren Dingen abgezogen wird. Man tut daher wohl, den Schützen nach jedem Schuss, bevor derselbe noch auf der Scheibe von dem Zeiger gewiesen ist, zu fragen: wie sein Abkommen war und wo er glaube, dass er hingeschossen habe. Es wird sich daraus ergeben, ob er aufmerksam und feuerfest war. Nach allen diesen Vorbereitungen, wird der Rekrut, bei einiger Lust und Liebe, und guten Augen, auch ein guter Schütze werden.

Die Scheibe, nach welcher bei den Übungen geschossen wird, kann man am besten (wie in der preußischen Armee) 4 Fuß breit und 6 Fuß hoch machen. Aus dem Mittelpunkt werden 12 Kreise mit 2 Zoll Abstand gezogen, die man von 1 bis 12 nummeriert, so dass der größte Kreis Nr. 1, der kleinste Nr. 12 ist. Der Raum, den Nr. 12 einschließt, und der den Mittelpunkt zunächst umgibt, bleibt weiß, – die von den Kreisen 10 und 11 eingeschlossenen Räume, (nebst Nr. 12 der Spiegel genannt,) werden schwarz gemacht, alles übrige bleibt weiß. Senkrecht durch den Mittelpunkt wird ein 2 Zoll breiter schwarzer Strich gezogen, der die Linie oder der Strich heißt, und eine große Hilfe beim Zielen, zumal für junge Schützen, abgibt. Die Scheiben werden am zweckmäßigsten von Pappe gemacht, da diese vor den hölzernen hauptsächlich deswegen Vorzüge haben, weil sie sehr leicht durch einen neuen Überzug aus Papier wieder herzustellen sind, auch verderben sie bei Regenwetter nicht so sehr, als man vielleicht glaubt, und sind wieder brauchbar, sobald sie trocken sind. Ringsum werden diese Scheiben bloß mit einem schwachen Hölzernen Rahmen umgeben, welcher an beiden Seiten, beim Gebrauch, an zwei in die Erde gegrabene Pfähle, vermittelst eingebohrter Löcher, und hölzerner Stöpsel, senkrecht befestigt wird. Hinter der Scheibe wird ein Kugelfang von Brettern zusammengeschlagen und mit feuchten Sägespänen oder Sand angefüllt; dadurch erhält man bei Weitem den größten Teil des verschossenen Bleis wieder, und hat den großen Nutzen, dass man mit Hilfe dieses wiedergefundenen Bleis zur größeren Übung der Leute weit mehr Schuss tun kann, als sonst vielleicht würde haben geschehen können. Dergleichen Kugelfänge macht man 4 Fuß breit 6 Fuß hoch und 2 Fuß tief, also von einem körperlichen Inhalt von 48 Kubikfuß. Hinter der Scheibe muss außerdem jedesmal eine Brustwehr von 10 bis 12 Fuß höhe und 18 bis 20 Fuß Breite aufgeworfen werden, um durch die vorbeigehenden Kugeln keinen Schaden anzurichten. Schießt man gegen einen Berg etc., so ist dies natürlich nicht nötig. In der Nähe der Scheibe aber, außer der Schusslinie, wird außerdem noch eine Vertiefung gegraben, und mit einer kleinen Brustwehr versehen, um dem Zieler oder Zeiger Sicherheit zu verschaffen, welcher dahin kommandiert wird, teils um die in die Scheibe geschossenen Löcher zuzukleben, teils um die geschossenen Ringe auf einem der Scheibe ähnlichen Papier, durch eine jedem Schützen gegebene Nummer, einzutragen, oder sie auszurufen.

Da die Offiziere bei den Schießübungen, wie bei allem Dienstunterricht, die Lehrer und Führer des Soldaten sind, so leidet es keinen Zweifel, dass sie auch selbst hierin die gehörige Kenntnis, Übung und Geschicklichkeit haben müssen. Wenn sie daher unter sich häufige praktische Übungen im Schießen anstellen, und dabei ihre gemachten Bemerkungen über die verschiedenen Gewehre, deren sie sich bedienen, über die Güte des gelieferten Pulver, und dergleichen, schriftlich aufsetzen, so werden sie nicht nur für sich selbst mancherlei Vorteile und Kenntnisse erlangen, sondern auch solche Beobachtungen, von gebildeten Männern angestellt, können leicht zu interessanten Entdeckungen führen.

Es ist klar, dass derjenige, welcher auf eine geringe Entfernung schlecht schießt, auf eine größere noch weniger treffen wird; daher muss bei den Schießübungen als Grundsatz feststehen, dass kein Schütze eher auf eine größere Distanz schießen darf, bis er nicht auf der geringeren einige notwendige Forderungen erfüllt hat. Diese müssen von der Art sein, dass sie einen gewissen Grad der Vollkommenheit anzeigen, ohne jedoch unerreichbare Schwierigkeiten einzuschließen. Daher ist z. B. bei den Jägern und Schützen in der preußischen Armee festgesetzt, dass man, um weiter vorzurücken, in 5 Schüssen, schießen müsse:

  • auf 100 Schritt im Durchschnitt 8 Ringe, überhaupt 40 Ringe
  • auf 150 Schritt im Durchschnitt 7 Ringe, überhaupt 35 Ringe
  • auf 200 Schritt im Durchschnitt 6 Ringe, überhaupt 30 Ringe
  • auf 250 Schritt im Durchschnitt 4 Ringe, überhaupt 20 Ringe
  • auf 300 Schritt im Durchschnitt 2 Ringe, überhaupt 10 Ringe

Hierbei dürfen aber die Schüsse, welche außerhalb der Mannsbreite auf der Scheibe fallen, nicht gezählt werden, denn sie sind für den Schützen immer Fehlschüsse. Bei dem Infanteriegewehr kann man freilich dergleichen Forderungen nicht machen, und sie sind daher auch weit geringer gestellt. – Da nun alle Leute einer Kompanie in ihrer erlangten Fertigkeit nicht gleich bleiben werden, so zerfällt dadurch die ganze Kompanie, für die Schießübungen, in mehrere Klassen und zwar am besten in 4, so dass die 4te Klasse auf 100 Schritt, die 1st aber auf 250 Schritt schießt, und dann in allerhand Experimenten weiter geht.

Die ersten Schießübungen der Leute geschehen auf abgeschrittenen Distanzen, wobei man mit ganz unerfahrenen Rekruten auf 50 Schritt anfängt; sodann geht man gleich zu 100 Schritt über, und so weiter. Zuerst wird das Gewehr stets auf den Schießständer aufgelegt; die Schützen der 4ten Klasse gehen aber dann nicht nur zum Schießen auf weitere Distanzen, sondern auch aus freier Hand, auf der Erde liegend, oder tiraillierend nach bewegten und unbewegten Gegenständen, in einem Gebüsch oder in Stangenholz usw. über. Dabei ist es die wesentliche Übung, diese Schützen im genauen Distanzschätzen zu unterrichten, weil sie ohne diese Fertigkeit ihr Korn nicht richtig einzuteilen, oder überhaupt nicht zu zielen wissen.

Ferner ist es besonders bei dem Schießen mit Büchsen höchst vorteilhaft, tägliche Schießlisten zu führen, um daraus nach Beendigung der Schießübungen Resultate ziehen zu können. Trägt man hierin nicht nur die Eigenschaften einer jeden Büchse, sondern auch die von dem Schützen mit ihr getanen Schüsse ein, so gewähren diese Jahrbücher nicht allein den Vorteil, dass sie noch nach Jahren die Fortschritte der einzelnen Subjekte nachweisen, sondern sie geben auch Auskunft über die Eigentümlichkeit jeder Büchse, und dienen dem, der eine Büchse bekommt, zum Leitfaden beim Schießen.

Über die Bestimmung der Ladung, s. dieses Wort; ist sie einmal festgesetzt, so muss sie unveränderlich bleiben. Wenn man am Schluss der Übungen die Ladung jeder Büchse genau bestimmt, und in die Jahrbücher eingetragen ist, so müssen die Pulvermaße am Ladestock, oder wenn sonst andere zu dem Gewehr vorhanden sind, genau eingerichtet werden. Damit bei Ausmittelung der Ladung nach einer gleichen Norm verfahren werde, bedient man sich eines Normalgradmaßes, welches im Ganzen ½ Lot Pulver fasst. Die Skala ist in 12 Teile, oder Grade geteilt, die wieder in Halbe und Viertel zerfallen; acht solche Grade halten also ⅔ Lot Pulver, welches auch bei den meisten Büchsen zum Feldgebrauch, die gewöhnliche Ladung ist.

Der Gleichförmigkeit, und besonders des leichteren Unterrichts der Rekruten wegen, ist es nötig, dass alle Gewehre so viel als möglich eine gleiche Weite des Visierschusses geben. Für die Büchsen der Jäger und Schützen in der Preußischen Armee ist festgesetzt, dass die Visiere nach folgenden Bestimmungen eingeschossen werden müssen.

  • Auf 100 Schritt Standvisier fein Korn unter den Fleck
  • Auf 150 Schritt Standvisier gestrichen Korn auf den Fleck
  • Auf 200 Schritt Standvisier voll Korn auf den Fleck
  • Auf 250 Schritt 1ste Klappe fein Korn auf den Fleck
  • Auf 300 Schritt 1ste Klappe gestrichen Korn auf den Fleck
  • Auf 350 Schritt 2te Klappe fein Korn auf den Fleck

Büchsen, die nicht 2 Klappvisiere haben, nehmen auf 300 Schritt voll Korn in der ersten Klappe. So lange eine Büchse wesentlich von diesen Bestimmungen abweicht, wird Visier und Korn geändert, jedoch ist nicht für eine wesentliche Abweichung zu nehmen, wenn sie vielleicht etwas zu hoch, oder ganz unmerklich zu kurz schießt. Bei dem Infanteriegewehr ist natürlich wegen des fehlenden Visiers eine solche Einteilung des Korns nicht möglich; man hilft sich aber folgendermaßen. Wenn, wie bei dem preußischen Infanteriegewehr, die Visierschussweite ungefähr 150 Schritt ist, so zielt man gegen einen Mann, auf 50 Schritt nach den Schenkeln, auf 100 Schritt nach dem Unterleib, auf 200 Schritt nach der Brust, auf 250 Schritt nach dem Gesicht, und auf 300 Schritt nach dem Hut oder Tschako, und noch darüber.

Erst nachdem der Schütze mit allen bisher beschriebenen Vorbereitungen und Kenntnissen genau bekannt gemacht worden ist, auch gelernt hat, sich seine Munition selbst zu bereiten, nämlich: Kugeln gießen, Patronen machen, Pflaster schneiden und schmieren etc., wird er zum Schießen nach der Scheibe zugelassen. Beim Laden ist vorzüglich folgendes zu beobachten. Die Pflaster sind von Parchent; sie werden, gleichviel in viereckiger oder runder Form, so groß gemacht, dass sie die Kugel beinahe ganz umfassen. Die Berliner Elle Parchent von gewöhnlicher Breite, gibt 180 solcher Pflaster; entweder werden sie auf der rauen Seite mäßig fett mit Talg bestrichen, oder man zieht ihrer eine bedeutende Anzahl auf einen Faden, und taucht sie so oft in geschmolzenen Talg, bis sie davon durchdrungen sind. Vor dem Laden, wird die Büchse genau in Rücksicht auf die Reinlichkeit, und auf das Einschrauben des Steins, nachgesehen; sollte es mit der ersteren nicht ganz richtig sein, so schießt man eine höchst geringe Quantität Pulvers heraus, um sich zu überzeugen, ob die Kommunikation des Zündlochs mit der Pulverkammer völlig frei sei. Dann wird etwas Werg auf die Pfanne getan, und diese geschlossen, das Pulver behutsam in den Lauf gebracht, das Pflaster, mit der betalgten Seite nach unten, auf die Mündung gelegt, und die Kugel, so darauf eingedrückt, dass die Stelle, wo der Gusszapfen war, unten kommt. Der Schütze nimmt dann die Büchse zwischen die Beine, den Lauf nach dem Leibe zugekehrt, und drückt die Kugel mit dem Ladestock hinunter. Der Ladestock muss zu den Schießübungen von Holz sein, damit die Züge durch den eisernen Ladestock nicht leiden. Ist die Kugel bis auf das Pulver gekommen, so springt der Ladestock auf, wenn er mit einiger Kraft hinunter geworfen wird.

Obgleich es ein notwendiges Erfordernis ist, dass die Kugel fest auf dem Pulver liege, und kein Raum dazwischen sei, so muss dennoch nicht, und zumal mit eisernen Ladestöcken, zu stark und zu häufig auf die Kugel gestoßen werden, weil dieselbe dadurch platt gequetscht wird, und dadurch die entstandene unregelmäßige Form leichter von ihrer Bahn abweicht. Es genügt vollkommen, den Ladestock einige Mal mit mäßiger Kraft auf die Kugel zu werfen, nachdem dieselbe durch den Ladestock vorher so fest mit der Hand angedrückt worden, als es möglich war. Zur Schonung der Schwanzschraube, welche ihn ihren Gewinden leicht leiden würde, hält man die Büchse schwebend in der linken Hand, während man mit der rechten den Ladestock auf die Kugel wirft. Sollte, wie es vorzüglich nach mehreren Schüssen, bei Büchsen geschieht, die Kugel zu eng in den Lauf gehen, so bedient man sich eines hölzernen Klöpfels und Hammers, um dieselbe dadurch wenigstens auf 3 bis 4 Zoll leichter in den Lauf zu bringen.

Das Laden mit den Patronen geschieht auf folgende Art. Man beißt die Patrone dicht über dem Pulver ab, schüttet auf die Pfanne (bei Büchsen), und den Rest behutsam in den Lauf, schiebt die Kugel aus der Hülse, welche weggeworfen wird, setzt sie in die Mündung, so dass die 4 zusammen genommenen Enden des Pflasters oben kommen, und drückt sie mit dem Ladestock hinab. Bei dem Infanteriegewehr wird das Papier in Art eines Pfropfs zusammengedrückt, und samt der Kugel in den Lauf gesteckt. Bei den Schießübungen und überhaupt in den meisten Fällen bedienen sich die Jäger und Schützen bloß der Pflasterkugeln, weil diese, besonders bei größeren Entfernungen, des geringeren Spielraums wegen, genauere Resultate geben. Zur Übung verfeuert indessen die 1ste Klasse die aus freier Hand zu verschießenden Kugeln mit Patronen, wobei zugleich die Leute im vollständigen Feldanzug, mit Gepäck und Mantel über der Schulter, erscheinen.

Damit die Offiziere, welche jedesmal bei den Schießübungen zugegen sind, ihre Untergebenen recht genau kennen lernen, so bleibt jeder Klasse ein Offizier für beständig vorgesetzt, um die Übungen dieser Klasse während der ganzen Zeit zu leiten. Hierbei ist besonders zu empfehlen, jeden Schützen täglich nicht mehr als 5 Kugeln verschießen zu lassen, auch nur immer 10 Mann zu gleicher Zeit zu unterrichten. Nur dann ist es möglich, jeden einzelnen Mann genau zu beobachten, bei jedem einzelnen Schuss die möglichste Aufmerksamkeit auf Lage und Anschlag, Festliegen im Feuer und Abkommen zu richten. Beim Auflegen der Büchse darf keine gezwungene Stellung des Körpers geduldet, sondern vielmehr nur eine solche gestattet werden, welche für einen Schützen im Gefecht, hinter einem deckenden Naturgegenstand, vornehmlich hinter Bäumen, die zweckmäßigste ist. Um bei den Stechschlössern der Büchsen alle Unglücksfälle zu verhüten, darf nicht eher, als im Anschlag, gestochen, auch der Pfannen- oder Hahndeckel erst kurz vorher abgenommen werden.

Wenn einzelne Schützen so schlecht schießen, dass es wahrscheinlich wird, die Schuld könne am Gewehr liegen, so muss dieses durch anerkannte Schützen geprüft, und demnächst der Fehler ausgemittelt und verbessert werden; ein Anfänger aber darf kein anderes erhalten, als ein ganz fehlerfreies, und normalmäßig eingeschossenes. Beim Einschießen pflegt man übrigens folgende Regeln zu beobachten.

Um sich zuvörderst zu überzeugen, ob die Visierlinie mit der Achse der Seele in einer Vertikallinie liege, oder praktisch: ob die Büchse auf der Linie Strich halte, schießt man etwa 3 Kugeln auf 20 bis 30 Schritt nach einem kleinen Fleck. Sitzen diese Schüsse, – ohne sich übrigens um die Höhe zu bekümmern, nicht auf der Linie und weichen rechts oder links ab, so muss Visier und Korn gerichtet werden, weil diese Abweichung auf größere Entfernungen begreiflich immer merklicher, und das Einstimmen des Visiers immer schwieriger wird. Dann schießt man auf 100 Schritt usw. und sieht auf die Höhe nach den Normalbestimmungen. Sollten dabei Abweichungen von der Linie vorkommen, so muss, wenn mehrere zuverlässige Schüsse es bestätigt haben, am Visier oder Korn gerückt werden. Sobald eine Büchse auf allen Distanzen richtig eingeschossen, wird das Visier und Korn auf den Lauf eingehauen, damit es sich nicht unbemerkt verschieben könne. So wichtig indessen das Einschießen der Büchse ist, so notwendig ist es aber auch, dass es allen Leuten streng untersagt wird, das Mindeste ohne Erlaubnis ihres Offiziers an der Büchse zu ändern. Nur zu häufig pflegen schlechte Schützen dem Gewehr die Schuld beizumessen, fangen an, nach ihrer beschränkten Ansicht daran zu bessern, und verderben weit mehr, als sie je wieder gut machen können. Daher muss auch der Büchsenmeister des Bataillons angewiesen sein, ohne Autorisation kein Visier oder Korn abzustoßen, oder sonst dergleichen auf das Schießen Einfluss habenden Veränderungen vorzunehmen.

Folgendes sind die bei den Büchsen, und auch zum Teil bei glatten Infanteriegewehren vorkommenden Fehler, welche auf das Schießen derselben nachteilig einwirken, so wie die Mittel, ihnen abzuhelfen.

A. Wenn ein guter Schütze mit einer Büchse sehr ungleich schießt, so dass die Kugel, bald rechts, links, hoch oder kurz sitzt, so sagt man die Kugel flattert, oder das Gewehr hält nicht Strich. Folgende Ursachen können dies bewirken:

1) Wenn die Büchse zu sehr ausgeschossen ist, und die Züge dadurch zu flach geworden sind. Man bemerkt dies, wenn man die Schwanzschraube herausnehmen lässt, und in den Lauf hineinsieht. Abgeholfen wird diesem Mangel durchs Frischen, falls die Büchse noch Eisen genug hat.

2) Wenn die Züge so scharf sind, dass sie das Pflaster zerreißen. Man sammelt, um sich davon zu überzeugen, mehrere der herausgeschossenen Pflaster, welche nicht weit von der Büchse zur Erde fallen, und lässt das Rohr ausschmirgeln, wenn es sich bestätigt findet.

3) Wenn die Kugel einen zu großen Spielraum hat. In diesem Fall muss die Kugelform etwas ausgedehnt werden.

4) Wenn sich Gruben im Lauf befinden. Beim Laden wird man dies dadurch sogleich bemerken, dass die Kugel auf solchen Stellen sitzen bleibt, und mit sehr vieler Gewalt hinab gestoßen werden muss; – durch Herausnehmen der Schwanzschraube überzeugt man sich davon. Sind die Gruben nicht tief, so können sie durch Kolben und Schmirgeln weggeschafft, wo nicht, so muss die Büchse gefrischt werden.

5) Wenn Rostflecke im Lauf sind. Man erfährt dies auf dieselbe Weise, wie oben bei den Gruben bemerkt wurde, und schafft sie auch durch Schmirgeln weg. Hierbei ist noch zu erwähnen, dass eine gute, völlig eingeschossenen Büchse sehr häufig durch einen einzigen Rostfleck ihren Schuss verliert, und dass es daher äußerst wichtig ist, die Seele des Laufs stets vom Rost frei zu halten.

6) Wenn das Gewehr nicht kugelgleich gebohrt ist, das heißt, wenn die Seele des Lauf nicht überall einen gleichen Durchmesser hat. Man wird dies teils beim Laden bemerken, wenn die Kugel nicht gleichförmig, sondern leicht und schwer hinunter geht, ohne jedoch wie bei den Gruben und Rostflecken holprig fortzurücken; teils erhält man die Gewissheit dadurch, dass man einen Bleikolben durch den Lauf treiben lässt, der auf der weiteren Stelle herabfallen, auf der engeren schwer durchgehen wird. Ist die Differenz unbedeutend, so kann dem Fehler durch Frischen und Schmirgeln abgeholfen werden, wo nicht, so muss der Lauf von Neuem gebohrt werden, und dann ist er in der Regel unbrauchbar, weil er zu schwach an Eisen zu werden pflegt.

B. Schießt eine Büchse auffallen und beständig nach einer abweichenden Richtung, entweder zu hoch, zu kurz, rechts oder links; so liegt es an einer falschen Lage des Visiers, oder Korns, dann und wann aber auch am Lauf selbst.

1) Schießt die Büchse zu hoch, so wird vom Visier abgefeilt, (abgestoßen) oder wenn dies nicht mehr möglich ist, das Korn höher gemacht.

2) Schießt sie zu niedrig, so muss ein ein höheres Visier haben, oder es wird etwas vom Korn abgenommen, wenn es sehr hoch sein sollte.

3) Wenn die Büchse rechts schießt, so wird das Visier links, oder das Korn rechts geschoben.

4) Wenn sie links schießt, wird auf die entgegengesetzte Weise verfahren.

Helfen diese Mittel nichts, und die Büchse behält den fehlerhaften Schuss, so ist wahrscheinlich durch einen Fall oder Stoß, – wovon also eine Büchse sehr bewahrt werden muss, – eine Krümmung des Laufs entstanden; in diesem Fall muss die Schwanzschraube herausgenommen und der Lauf vom Büchsenmacher nach einer durchgespannten feinen Darmsaite gerichtet werden.

Was das Schießen mit Pistolen betrifft, so ist darüber weiter nichts mehr zu sagen, da das Meiste aus dem Vorhergehenden erhellt. Es erfordert aber sehr viel und anhaltende Übung, ehe man sich eine Fertigkeit im Schießen mit Pistolen verschaffen kann; dabei sind größtenteils nur kleine Schussweiten zulässig, welche sich bei den Pistolen der Kavallerie kaum über 20 Schritt erstrecken, wenn man noch treffen will, und die Kugel noch wirksam sein soll.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe