Aufstand der Vendée, 1793–1796

Vendéekrieg, 1793–1796, 28 mm Zinnfiguren Foundry.

Aufstand der Vendée (spr. wangd-). Die Bevölkerung des ganzen Küstenstrichs der Vendée im weiteren Sinne, der den größeren Teil des alten Poitou und einen Teil von Anjou und der Bretagne, im ganzen ungefähr 20.000 km², begriff und sich durch Bodenbeschaffenheit und Lebensart der Bewohner wesentlich vom übrigen Frankreich unterschied, brachte der großen Bewegung der Revolution von 1789 von Anfang an nur geringe Sympathien entgegen. Adel und Geistlichkeit waren mächtig und einflussreich und durch den Verlust ihrer Vorrechte und die Gesetze über die Kirche tief verletzt, welche letzteren auch die Bauern besonders aufreizten. Schon 1791 kam es zu vereinzelten Empörungen. Der Sturz des Königtums und die Hinrichtung Ludwigs XVI. steigerten die Erbitterung, und als 10. März 1793 eine große Rekrutenaushebung stattfinden sollte, wurde an verschiedenen Orten die Fahne der Insurrektion erhoben. Die mangelnde Kriegsübung ersetzten die Insurgentenführer durch ihre genaue Kenntnis des Landes.

Vendéekrieg

Als der Adel sich dem Aufstand anschloss, erlangten die Bauern in ihm, besonders in dem heldenmütigen Henri de Larochejacquelein, tüchtige Führer. Larochejacquelein erfocht 25. Mai 1793 einen glänzenden Sieg bei Fontenay-le-Comte und eroberte 10. Juni Saumur. Nach des Oberbefehlshabers, des ehemaligen Fuhrmanns Cathelineau, Tod (11. Juli) trat der Baron d’Elbée an dessen Stelle. Unterdessen beschloss der Konvent, zwei große Armeen bei La Rochelle unter Rossignol und bei Brest unter Canclaux zusammenzuziehen und so die Küste zu umschlingen. Gleichzeitig erließ er gegen die Vendée Vertilgungsdekrete. Gleichwohl behaupteten die Insurgenten das Übergewicht und siegten bei Chantonnay und Torson (5. und 19. Sept.), unterlagen aber bei Cholet (17. Okt.), wo d’Elbée fiel. Um dem durch die Maßregeln des Konvents bewirkten Mangel an Lebensmitteln abzuhelfen und in der Bretagne den Aufstand zu entzünden, setzte das Hauptheer der Vendéer, 30.000 Mann stark, auf das nördliche Ufer der Loire über und verband sich mit den Chouans, sah sich aber in seinen Erwartungen völlig getäuscht, da die Bevölkerung sich ihm nicht in größerer Zahl anschloss. Auf dem Rückzug siegten die Vendéer zwar bei Dol (21. Nov.), verloren aber in den Gefechten bei Le Mans (12. Dez.) 15.000 Mann; ein anderer Heerhaufen ward bei Savenay 23. Dez. 1793 vernichtet, nur ein kleiner Teil unter Larochejacquelein und dem Förster Stofflet entkam nach der Heimat.

Die Konventstruppen drangen nun in die Vendée selbst ein, wo sich Charette noch behauptete, und suchten durch einen grausamen Vernichtungskrieg das Land zu veröden; außerdem kam den »höllischen Kolonnen« des Obergenerals Turreau, zumal seit Larochejacqueleins Tod (4. März 1794) die Uneinigkeit unter den Royalisten selbst zu Hilfe. Im Mai ward Turreau abgerufen, seine Nachfolger, namentlich Hoche, schlugen ein milderes System ein, und 2. Dez. 1794 bot eine Proklamation den Vendéern Frieden und Verzeihung an. Am 15. Febr. 1795 schloss hierauf Charette zu La Jaunaye einen Vertrag ab, dem am 20. Mai Stofflet und mehrere andere Führer beitraten, und nach dem die Vendéer die Republik anerkennen und dafür Amnestie, Entschädigung, Befreiung vom Kriegsdienst und kirchliche Freiheit erhalten sollten.

Als im Juni 1795 eine britische Flotte das französische Emigrantenheer bei Quiberon ans Land setzte, erklärte Charette in einem Manifest der Republik aufs neue den Krieg. Die Uneinigkeit der Insurgentenführer, der Untergang der Emigrantenexpedition auf Quiberon und die Maßregeln Hoches ließen jedoch die Schilderhebung nicht aufkommen. Charette und Stofflet wurden im Frühjahr 1796 gefangen genommen und erschossen. Eine völlige Unterwerfung der Vendée kam aber erst im Januar und Februar 1800 zustande, nachdem mehr als 150.000 Menschen umgekommen waren. Während der Hundert Tage 1815 griffen die Vendéer abermals zu den Waffen, wurden aber vom General Lamarque geschlagen. Nach der Julirevolution erhob sich ein Teil des Adels der Vendée zugunsten der alten Dynastie, und im April 1832 begab sich die Herzogin von Berri in das Land. Die Wachsamkeit der Regierung und die Gefangennahme der Herzogin dämpften den Aufruhr jedoch bald.

Bibliographie

  • Bonnemère, Eugène: Les Guerres de la Vendée (Par. 1884)
  • Boguslawski, Albert v.: Der Krieg der Vendée gegen die französische Republik (Berl. 1894)
  • Chassin, Charles-Louis: La Vendée et la chouannerie (Par. 1892–99, 3 Abt. in 10 Bdn.)
  • Crétineau-Joly, Jacques Augustin Marie: Histoire de la Vendée militaire (Par. 1895–96, 5 Bde.)
  • Deniau, Félix: Histoire de la guerre de la Vendée (Angers 1906–07, 2 Bde.)
  • Lacroix, Désiré: Guerre des Vendéens 1792–1800 (Par. 1905)
  • Ménard, Victor: Les Vendéens dans le département de la Manche (Avranches 1902)
  • Port, Célestin: La Vendée angevine – Les origines, l’insurrection (Par. 1888, 2 Bde.)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren der Französischen Revolutionskriege