Anker
Anker, ein großes eisernes Werkzeug in Gestalt eines doppelten Hakens. Der eigentliche Körper des Ankers heißt die Ankerrute (Ankerhelm, Ankerstange, Ankerschaft); die Haken, welche in entgegengesetzter Richtung auslaufen, und bestimmt sind, in den Grund des Meeres einzugreifen, und dadurch das Schiff festzuhalten, heißen Ankerarme. Die breiten und spitzen Enden der Arme heißen die Ankerschaufeln (Ankerfliegen oder Flügel, Ankerflunken), das in der Ankerrute befindliche Loch, durch welches der Ankerring geht, um darin ein Tau zu befestigen, heißt das Auge; die Stelle, wo die Arme an die Rute geschweißt sind, das Ankerkreuz. Quer über die Fläche des Ankerkreuzes geht der Ankerstock, welcher bewirkt, dass der Anker, wenn er ins Meer geworfen wird, nicht platt auf den Grund falle; seine Spitze heißt der Diamant. Unter dem Ring ist das Hinterteil oder Viereck der Rute, woran der Ankerstock befestigt ist; die durch Rute und Arme gebildeten Winkel heißen die Achseln. Der Unterstock ruht immer senkrecht auf dem Grund, indes das Ankerkreuz horizontal liegt. Die Figur des Flügels muss also so beschaffen sein, dass sie mit der größten Leichtigkeit in den Grund eindringen, und auch darin festhalten könne, und der Arm muss stark genug sein, um nicht zu brechen, oder durch Biegung seine Gestalt zu verlieren.
Das Gewicht der Anker muss sich verhalten, wie das Quadrat der Breite der Schiffe, weil die Kräfte, denen der Anker widerstehen soll, von der Größe der Flächen abhängen, auf welche Wind und Wasser wirken, und diese Flächen sich, wie das Quadrat der Schiffsbreiten verhalten. Gesetzt, ein Schiff, das 42 Fuß breit sei, habe einen Pflichtanker, der 7000 Pfund wiegt, wie schwer muss der Anker eines Schiffs ein, das 20 Fuß breit ist? Hier hat man also 42² : 20² = 7000 Pfund : x; daher x = 1578 Pfund.
Ein Kriegsschiff hat gewöhnlich 4 bis 5 schwere, und 2 bis 6 Wurfanker. Die gebräuchlichsten Anker sind
1) Der Pflicht- oder Plichtanker, der größte und schwerste unter allen, wird nur in der äußersten Not gebraucht. Er liegt gewöhnlich auf dem Bug des Schiffes, an der Steuerbordseite.
2) der Raumanker, ist der Anker, welcher auf den Kriegsschiffen nach dem Pflichtanker folgt, und auf dem untersten Deck liegt, um im Notfall gebraucht zu werden.
3) Der Buganker folgt nach dem vorigen, und liegt vorn auf dem Bug; Kauffahrer haben diesen Anker selten.
4) Der tägliche Anker, wird am häufigsten gebraucht, und hat siene Stelle an der Backbordseite des Schiffes.
5) Der Teg oder Tau-Anker, wird gebraucht, wenn ein zweiter Anker ausgeworfen werden soll, um dem ersten dadurch Erleichterung zu verschaffen. Man gebraucht diesen Anker auf Flüssen, um zu verhindern, dass das Schiff bei der Ebbe und Flut nicht zu weit herum schwingt, welches der Fall ist, wenn es nur vor einem Anker liegt. Ein Schiff das so vor Anker liegt, heißt dann vertäut.
6) Der Wurfanker dient hauptsächlich dazu, das Schiff auf einem Fluss fortzubewegen. Dieser Anker wird nämlich mit einem Boot in eine ansehnliche Weite vom Schiff gebracht, und dann ausgeworfen, worauf das Schiff vermittelst des eingewundenen Kabeltaues nach dem Anker, als einem festen Punkte, hingezogen wird; dies Manöver heißt bei den Seeleuten Werpen.
7) Der Dregganker, Bootsanker, oder bloß Dreggen, ist der kleinste unter allen; er hat gewöhnlich vier Arme oder Klauen, und wird nur von kleinen Fahrzeugen oder Booten gebraucht.
Wenn ein Schiff am Lande nahe vor Anker geht, so heißt derjenige Anker, welcher nach der Wall- oder Landseite hin ausgeworfen wird, der Wallanker, im Gegensatz des schweren Seeankers, der an der Seeseite zu liegen kommt. Flut- und Ebbeanker sind diejenigen, welche das Schiff bei steigendem und fallendem Wasser halten. S. auch Pontonanker.
Anker, heißen beim Batterie- und Schanzenbau Erlen-, Birken-, Fichten- und Tannenäste, die in schicklichen Höhen und Horizontalentfernungen von einander, in Brustwehren, Batterien usw. gelegt, angepflockt und verankert werden, um das Einstürzen der Faschinenbekleidung möglichst zu verhindern. In Ermangelung dazu geschickter Äste oder ästiger Bäume, werden auch Wieden und Ruten angewandt, und um eingeschlagene Pfähle befestigt.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)
Anker (altdeutsch ancher, anker, v. griechisch-lat. ankyra, ankora, »das Gekrümmte«), Gerät zum Festhalten des schwimmenden Schiffes. Bei den Phönikern und auch später noch in Ostindien wurden als Anker Steinblöcke oder Metallmassen verwendet, die, meist mit einem Loch versehen, an Tauen ausgeworfen wurden. Später versah man diese Massen mit einem Haken zum Eingreifen in den Grund (einarmige Anker) und fügte dann einen zweiten Haken oder Arm hinzu. Nach weiterer Vervollkommnung wurden die Haken die Hauptsache, und in dieser Form, wie sie sich seit Alexander d. Gr. erhalten hat, besteht der Anker aus einem eisernen Stiel (Ankerschaft), am oberen Ende mit dem Ankerring (Rohrring), worin bis Anfang des 19. Jahrhunderts fast stets ein Tau, seitdem die Ankerkette oder ein Stahldrahttau befestigt wird, und am anderen Ende zwei gekrümmten Armen (Ankerarme), die in eine herzförmige Schaufel (Ankerpflug, Ankerflügel, Spaten, Ankerhände) auslaufen. Damit der Anker nicht mit beiden Armen platt auf dem Grunde liegen bleibe, ist am Ankerring der Ankerstock angebracht, der rechtwinklig zu den Armen steht. Durch den Zug der Ankerkette, der von dem durch Wind oder Wellen rückwärts treibenden Schiff hervorgebracht wird, legt der Stock sich platt auf den Grund und bringt den einen Arm zum Eingreifen in den Grund. Der beste Ankergrund ist toniger Boden; in steinigem Grunde fasst der Anker nicht genügend, und in Sandboden reißt er leicht eine Furche (wird triftig), und das Schiff »treibt vor Anker« Die Tiefe eines guten Ankergrundes beträgt 15–20, höchstens 40 m. Zum Ausbringen der Anker dienen die Kranbalken, starke, schräg aus dem Bug herausstehende Balken, unter denen der Anker hängt, während die Ankerkette durch die Klüsen ins Innere des Schiffes läuft.
Das Ausbringen der Anker heißt Ankern (Ankerwerfen, das Schiff »geht zu Anker«); das Ausheben des Ankers aus dem Grunde heißt Ankerlichten. Für letzteren Zweck wird das Schiff durch Einwinden der Ankerkette über den Anker herangeholt, damit dieser leicht aus dem Grunde losbricht. Im Notfall lässt man die Kette aus den Klüsen schlippen, nimmt sie hinter der Beting, an der sie befestigt ist, auseinander und befestigt an das Kettenende eines so verlorenen Ankers eine Ankerboje, eine Tonne oder dergleichen, um die Stelle wieder auffinden zu können. In der Abbildung zeigen 1 und 2 die bekannteste Form, den Admiralitätsanker. Beim Porteranker (Trotmansanker, 3) ist das Flügelstück am Schaft beweglich. Der obere Flügel legt sich also nieder, wenn der Anker im Grunde ist, verhindert »Unklar Anker« und bringt bei wenig Wassertiefe den Schiffsboden nicht in Gefahr; beim Martinanker (4) liegt der Stock parallel den drehbaren Flügeln, diese greifen daher beide zugleich in den Grund; der Smithanker (5) ist ähnlich dem Martinsanker, hat aber zwei selbständige Flügel.
In der deutschen Marine sind außer dem aussterbenden Admiralitätsanker noch Inglefieldanker und seit 1898 auf allen Neubauten Hallanker eingeführt. Der Inglesieldanker (6) greift mit beiden beweglichen Armen in den Grund ein, nachdem die hakenförmige Spitze seines mit den Armen beweglichen Kopfstücks beim Zug der Kette vorher in den Grund einschneidet und dadurch die Spitzen der Pflüge in den Boden hineindrückt. Als bester und handlichster Anker gilt jetzt der Hallanker (7), mit dessen Schaft ein nach jeder Seite 40° drehbares Achsenstück mit schaufelförmigen Rändern mit einem Bolzen verbunden ist. Die unter 3–7 genannten Anker werden oft als Patentanker bezeichnet. Dregganker (Draggen) sind stocklose, vier- bis achtarmige Anker leichterer Art zum Verankern von Fischerfahrzeugen und zum Auffangen von Kabeln, Ketten oder anderen Gegenständen auf dem Meeresgrunde. Nach dem Verwendungszweck unterscheidet man: Buganker, am Schiffsbug, zum gewöhnlichen Ankergebrauch stets bereit (»schwere« Buganker für stürmisches Wetter, »tägliche« Anker für gutes Wetter); Heckanker, am Heck, etwa ein Drittel so schwer wie die Buganker, dienen zum Vertäuen (Festhalten) des Schiffes vorn und hinten; Warp- und Stromanker, leichte Anker zum Verholen (Hinziehen nach einem anderen Platz) von Schiffen und Booten. Zum Ankergeschirr rechnet man sämtliche Anker und Ketten, die Einrichtungen zum Festhalten der Ketten (Beting, Stopper), zum Lichten der Anker (Spill) und zum Lagern und Unterbringen der Anker auf dem Schiffe (Ankerkrane, Baxterlagerung). Auf Schiffen mit scharfem Bug werden drehbare Ankerkräne zum Katten (Lagern) der Anker benutzt. Die Ankerketten werden in Deutschland aus Kettenlängen von je 25 m zusammengesetzt, durch Verbindungsschäkel miteinander verbunden; jede einzelne Schake (Kettenglied) ist mit einem Steg (Querstütze) versehen. – Für die deutsche Handelsmarine ist in den Unfallverhütungsvorschriften der Seeberufsgenossenschaften die Ausrüstung mit Ankern und Ketten für jede Schiffsgattung und Schiffsgröße genau vorgeschrieben. Da Segelschiffe sich mehr auf die Stärke ihres Ankergeschirrs müssen verlassen können als Dampfer, rechnet man, dass ein Segelschiff von 1000 Reg.-Ton. Bruttoraum ungefähr ebenso starkes Ankergeschirr haben muss, wie ein Dampfer von 1500 Reg.-Ton. Bruttoraum. Vgl. Dick und Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft (2. Aufl., Berl. 1899); Unfallverhütungsvorschriften der Seeberufsgenossenschaften (Hamb. 1899).
Anker im Bauwesen
Im Bauwesen sind Anker Vorrichtungen, gewöhnlich aus Eisen, zum Zusammenhalten von Gebäudeteilen. Sie bestehen meist aus einer Stange oder Schiene mit Öse an einem oder beiden Enden, durch die ein Querstück, der Splint (die Schließe), hindurchgesteckt wird. In waagerechtem Sinne werden sie zum Zusammenhalten von Gewölben und hohen oder seitlich gedrückten Umfassungsmauern etc. verwendet. Fig. 8 zeigt einen Balkenanker, dessen waagerechter Arm an einem Balken befestigt ist, während sein lotrechter Splint im Mauerwerk steckt. Eine genügende Zahl solcher Anker, bei denen die Balken einen Teil der waagerechten Arme bilden, hält zwei Umfassungsmauern zusammen. Auch legt man den Splint wohl waagrecht in die Mauer, um einen größeren Teil des Mauerwerks in den Bereich seiner Wirkung zu ziehen. Fehlt die Mauerauflast, so kann sie durch eine Kombination der Balken- (Träger-) Verankerung mit einer lotrechten Verankerung nach Fig. 18 ersetzt werden. Fig. 9 zeigt einen Gewölbeanker, mittels dessen der Seitenschub eines Gewölbes aufgehoben wird. Um hier den Gegendruck des Splintes auf eine möglichst große Mauerfläche zu verteilen, ordnet man wohl ein durchgehendes Winkeleisen a an. Sollen Gewölbeanker (Bogenanker) die Bogen nicht durchschneiden (vgl. Fig. 9), oder, obwohl dies das rationellste wäre, nicht unter den Bogen sichtbar in die Höhe des Kämpfers gelegt werden, so werden sie nach Fig. 16, a oder b, gebildet. Bei sichtbarer Anbringung der Splinte erhalten diese zur Druckverteilung und gleichzeitig als gesundes Schmuckmittel der Fronten zweckmäßig eine reichere Ausbildung (Fig. 10). Zur Verankerung und Absteifung langer Wände gegeneinander kommen beim Fehlen von Querwänden Druckanker (Versteifungsträger) nach Fig. 11 zur Verwendung.
Zum Einbringen in mehreren Stücken oder zum nachträglichen »Anziehen« (Verkürzen) von Ankern wird, wenn die Ankerstange zugänglich ist, die Keiltasche (Fig. 12), bei runden Zugstangen das Schloss (Fig. 13), benutzt, während man, wenn das Ankerende zugänglich, also eine Verschraubung möglich ist, eine solche, und zwar zur Druckverteilung, unter Anwendung einer Ankerplatte (Fig. 14) anbringt. Eckanker (Fig. 15) erhalten im Winkel einen Splint und an den Enden entweder ebenfalls Splinte oder nur Aufbiegungen und werden gern mit einer Dreiecksverbindung versehen. Ringanker entstehen, wenn bei polygonalem Mauerwerk, z. B. Türmen, die Eckanker zu durchgehenden vieleckigen Ringen verbunden, oder wenn (bei kreisförmigem Mauerwerk) wirkliche Eisenringe in oder um die Mauer gelegt werden. In lotrechtem Sinne werden die Anker meist zur Verbindung des Unterbaues mit dem Aufbau verwendet (Fundamentanker). So werden die Eckpfosten hölzerner oder eiserner Fachwerkpfeiler bei hohen Eisenbahnviadukten und ähnlichen Bauten mittels lotrechter Ankerstangen und waagrechter Splinte mit den gemauerten Pfeilerfundamenten verbunden, damit sie bei starkem Windstoß nicht umgestürzt werden können. Schlaudern (Fig. 17) sind Verankerungen, die ein dünnwandiges Bauwerk (z. B. Schornsteine, Öfen) außen zusammenbinden.
Anker im Maschinenbau, in der Physik und Symbolik
Im Maschinenbau heißen Anker die zur Befestigung einer Maschine oder eines Maschinenteils auf dem Fundament oder einem anderen Mauerkörper benutzten Bolzen. Deren eines Ende legt sich mit Kopf, Querkeil oder Schraubenmutter gegen die in das Mauerwerk eingelassene, meist gusseiserne Ankerplatte, während das andere Ende mittels Schraubenmutter den Maschinenteil fasst. In der Physik nennt man Anker das Stück weichen Eisens, das an die Pole eines Hufeisenmagnets angelegt wird; in der Elektrotechnik den rotierenden Teil einer Dynamomaschine oder eines Elektromotors. – Der Anker ist allgemein das Sinnbild der Marine und hier in verschiedenen Formen Rangabzeichen (s. Abzeichen, militärische), dann Sinnbild der Hoffnung und der Standhaftigkeit; bei den alten Indern war er das Friedens- und Heroldszeichen.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909