Arrieregarde
Arrieregarde, der Nachtrab einer im Marsch befindlichen Truppenabteilung. Ihr Zweck ist entweder, 1) wenn das Detachement keinen Feind hinter sich hat, um die Ordnung auf dem Marsch zu erhalten, und die etwaigen Nachzügler wieder vorzutreiben, oder 2) wenn das Detachement vom Feind verfolgt wird, um den ruhigen Marsch desselben zu sichern, und zu verhindern, dass der Feind den Haupttrupp nicht plötzlich überfalle. Im ersten Fall wird 1 Unteroffizier und 6 Mann genug sein, um die gehörige Ordnung zu erhalten, im letzteren Fall sind folgende Regeln zu bemerken.
1) Die Arrieregarde besteht gemeiniglich aus Kavallerie und Infanterie, welche sich wechselseitig unterstützen; wo die Retraite einer ganzen Division oder eines Armeekorps zu decken ist, befindet sich auch leichtes Geschütz bei derselben. – Sie muss stark genug sein, um die kleinen Parteien des Feindes abhalten zu können, und um zu verhindern, dass sich nicht das Ganze in ein Gefecht mit dem Feind verwickele. Sie scharmuziert beständig mit dem Feinde; der Infanterie, so wie den etwa bei sich habenden Kanonen liegt es ob, die ihr vorkommenden vorteilhaften Posten zu besetzen, und dringt der Feind etwa mit Macht heran, sie so lange als möglich zu verteidigen, damit der Haupttrupp Zeit gewinne, eine Stellung zu erwählen, die vorteilhaft genug ist, dem Vordringen des Feindes Einhalt zu tun.
2) Im coupierten Terrain wird man oft Kavallerie weniger gebrauchen können; in ebenen Gegenden aber muss sie den Rückzug der Infanterie decken.
3) Eine jede Arrieregarde wird in zwei oder drei Abteilungen geteilt, wovon die eine den Rückzug der anderen deckt, und so das Repli derjenigen Abteilung macht, welche mit dem Feinde scharmuziert. Im coupierten Terrain ficht die Infanterie en Débandade, eben so, wenn sie in freien Gegenden durch die Kavallerie genugsam gedeckt ist; jedoch hat sie immer ein geschlossenes Repli. Eben so die Kavallerie, welche im ebenen Terrain gegen den Feind blänkert, und wenn sie dem überlegenen Feind nicht mehr Widerstand leisten kann, sich mit ihren Replis auf die Infanterie zurückzieht.
4) Die Entfernung der verschiedenen Abteilungen einer Arrieregarde unter einander, bestimmt sich nach der Beschaffenheit des Terrains, und kann von 200 bis auf 400 Schritt ausgedehnt werden. Die Entfernung vom Haupttrupp hängt ebenfalls vom Terrain, wo wie von der Stärke desselben ab, und kann oft bei ganzen Armeekorps eine Stunde Weges und noch weiter betragen.
5) Hat das Detachement eine Défilé passiert, so besetzt die Arrieregarde dasselbe, und verteidigt es so lange, bis das Detachement durch ein rasches Vordringen des Feindes nichts mehr zu fürchten haben würde. Zur Nachtzeit besonders muss sich die Arrieregarde in dem ersten besten Dorfe oder anderem Défilé postieren, weil dann durch ein wohlangebrachtes Infanteriefeuer dem etwa nachfolgenden Feinde alle Lust benommen werden würde, bei der Dunkelheit ein weiteres Verfolgen zu unternehmen.
6) Wird eine Arrieregarde so heftig angegriffen, und mit so überlegener Macht zurückgeworfen, dass dadurch auch die Kolonne in Gefahr kommt mit dem Feinde engagiert zu werden, so wird diese doch Zeit genug haben, sich gehörig in Schlachtordnung zu formieren, wenn nämlich die Arrieregarde die vorgeschriebene Entfernung von der Kolonne immer gehalten hat. Erstere zieht sich dann nicht auf geradem Wege, sondern nach einer der Flanken der in Schlachtordnung stehenden Detachements zurück.
7) Sobald der Feind die Arrieregarde nicht mehr verfolgt, setzt sie sich in Kolonnen, und folgt dem Detachement in der gehörigen Entfernung. Sie ist dann als eine umgekehrte Avantgarde zu betrachten, bei welcher eben dieselben Regeln gelten, und zerfällt in den Haupttrupp, Nachtrab, Seitentrupps und Blänker des Nachtrabs; auch wird man noch, wenn es nötig ist, sowohl das Detachement als die Arrieregarde, durch Seitenpatrouillen mehr zu decken suchen.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)
Arrieregarde, (franz. arrière-garde, Nachtrab, Nachhut), Abteilung einer marschierenden Truppe, die dem Gros mit bestimmtem Abstand folgt, um dasselbe beim Rückmarsch (s. Rückzug) gegen feindliche Angriffe zu sichern und ihm beim Nachdrängen des Feindes Zeit zum Einnehmen der Kampfstellung zu schaffen. Stärke und Zusammensetzung der Arrieregarde hängen von den Verhältnissen ab. Bei Arrieregarden-(Rückzugs-)gefechten handelt es sich meist um die Behauptung von Straßen und Örtlichkeiten, wobei die Mitwirkung der Artillerie wertvoll ist. Ein solches Gefecht muss zu jeder Zeit abgebrochen werden können.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909
Bibliographie
- Grant, Charles Stewart: Scenarios for Wargames, S. 18–22