Beinkleider
Beinkleider (Hosen), derjenige Teil der männlichen Kleidung, welcher einen Teil des Unterleibes, die Hüften und den Ober-, meist auch den Unterschenkel bedeckt; sie sind länger und kürzer, weiter und enger, je nach der Bestimmung und der Mode und werden gewöhnlich aus Tuch und neuerdings aus Buckskin, für den Gebrauch im Winter auch aus dichteren Zeugen, im hohen Sommer aus leichteren, Nankings, Leinwand, englischem Leder und dergleichen gefertigt, aus Seide und Leder nur die engeren und kürzeren. Auch trägt man der größeren Reinlichkeit und besseren Warmhaltung wegen Unter-Beinkleider von Leinwand, Barchent oder Strumpfzeug.
Der Gebrauch der Beinkleider ist eine alte Sitte des Orients, namentlich bei den Medern und Persern, bei denen sie, wie noch jetzt im Orient, sehr weit waren; die Griechen, welche selbst keine Beinkleider trugen, nannten jene persischen Beinkleider Anaxyrides oder wegen ihrer Weite mit griechischem Ramen Thylakoi d. i. Säcke; die griechische Periskele waren Tücher oder Hemden, welche um Schenkel und Unterleib gewunden, getragen wurden. Dasselbe waren auch die Feminalia oder Femoralia der Römer, welche dieselbe seit der Kaiserzeit entweder der Gesundheit wegen oder gegen die Kälte trugen. Unter den occidentalischen Völkern trugen Gallier und Germanen Beinkleider, und mit letzteren kamen sie nach Rom, wo man sie Braccae nannte. Ihr Gebrauch aber wurde unter Honorius und Arcadius als eine zum Barbarentum hinneigende Sitte verboten und die Verfertiger derselben (Braccarii) aus den Städten verwiesen.
Im Mittelalter wurden sie der Gegenstand vielfacher Moden; man versah sie mit sehr vielen Puffen und Schlitzen, brachte zu anderen Zeiten viele Bänder oder auch der Länge nach Knöpfe an ihnen an etc. Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die ungeheuren Pluderhosen gewöhnlich, zu deren Einem Paare man bis 200 Ellen Tuch brauchte, und welche eigene Schriften (Musculus, Der Hosenteufel, Frankf. 1587) und den Befehl des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg veranlassten, jedem, der mit einem solchen Kleidungsstück vor dem Schloss in Berlin vorbeiginge, den Hosengurt aufzuschneiden. Lange hing der Strumpf mit den Beinkleidern zusammen; im 15. Jahrhundert und noch mehr zur Zeit Ludwigs XIV. trennte man den Strumpf (s. d.) von den Beinkleidern, wodurch die kurzen Beinkleider (Culottes, engl. Trunkhose) gewöhnlich wurden, vgl. Escarpin. In neuerer Zeit kamen die langen Beinkleider seit 1780 wieder aus Amerika nach Europa und wurden durch die französische Revolution mehr Mode und sind als Pantalons von dem Militär allgemein auch auf Zivilisten übergegangen. Jetzt sind die Bergschotten die einzige europäische Nation, welche keine Beinkleider tragen. Bei den Türken, Arabern und einigen afrikanischen Völkern tragen dagegen auch die Frauen weite Beinkleider als integrierenden Teil ihrer Kleidung. Der Versuch der Mrs. Bloomer in New-York, das Tragen von Beinkleidern beim weiblichen Geschlecht einzuführen, hatte nur geringen Erfolg. Dagegen werden in Europa von den Frauen Unter-Beinkleider getragen.
Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon 4. Auflage 1857–1865