Belagerungsbatterien
Belagerungsbatterien, heißen diejenigen Verschanzungen, welche gegen eine belagerte Festung aufgeworfen werden; sie zerfallen in zwei Hauptabteilungen, welche die Benennung erste und zweite Batterien bekommen. Die ersten Batterien sind diejenigen, durch welche das Feuer der Festung zum Schweigen gebracht, die Brustwehren der Festungskanonen zerstört, und alle übrigen Verteidigungsmittel dergestalt vernichtet werden sollen, dass mit den erforderlichen Erdarbeiten bis an den bedeckten Weg der Festung nach und nach vorgegangen werden kann, ohne einen allzugroßen Verlust dabei erleiden zu dürfen. Sie begreifen die Rikoschett-, Demontier-, Haubitz-, Mortier- und Steinmortier-Batterien in sich, und können, nach Beschaffenheit der Lage des zu beschießenden Gegenstandes, in, vor oder hinter eine Parallele gelegt werden. Unter den zweiten Batterien versteht man die Bresche- und Kontrebatterien.
Von den ersten Batterien kommen hauptsächlich die Enfilier-, Rikoschett- und Wurfbatterien in die erste Parallele, die Demontierbatterien, und ebenfalls Wurfbatterien in die zweite. Ob die Batterien in, vor oder hinter der Parallele zu liegen kommen, ist in Hinsicht der Wirkung der Geschütze gleichgültig, und hängt daher vorzüglich von dem Terrain und von der Lage der Parallelen gegen die feindlichen Werke ab. Legt man sie in die Parallele, so muss dieselbe hinten erweitert werden, damit nicht allein die Geschütze den nötigen Raum haben, sondern auch um die Verbindung nicht zu erschweren. Ist aber die Richtung der Parallele von der Art, dass die Richtung, welche die Flucht der Batterie erhalten muss, zu sehr von jener abweicht, so ist man in diesem Fall genötigt, sie vor die Parallele zu legen, wo sie dann mit der letzteren durch kurze Laufgräben verbunden werden. Hinter die Parallele legt man sie aber nur, wenn sich das Terrain daselbst so weit erhebt, dass man über jene ohne Gefahr hinwegschießen kann, und wenn ihrer Anlage in oder vor der Parallele durch feindliches Feuer, oder Terrainhindernisse, etc., nicht zu beseitigende Schwierigkeiten im Wege stehen. Auch hier müssen Verbindungsgräben von der Batterie nach der Parallele führen.
Um jeder Irrung vorzubeugen, ist es nötig, dass alle Batterien bei einer Belagerung Nummern erhalten, nach denen man sie sicher und leicht unterscheiden kann. Gewöhnlich gibt man der zuerst erbauten oder zum Angriff bestimmten die Nummer 1, und fährt dann fort, sie entweder nach der Reihe, wie sie in den Laufgräben, oder wie sie in der Zeit der Erbauung auf einander folgen, mit Nummer 2 etc. zu benennen.
Der Transport der Geschütze vom Park nach den Batterien muss vom Feinde nicht entdeckt werden, geschieht deshalb nur des Nachts in größter Stille, und wo möglich so, dass die Geschütze gleich nach Beendigung des Baus der Batterien aufgestellt werden können. Da es zu beschwerlich sein würde, die Geschütze durch alle Zickzacks durchzuführen, so hat man es immer vorgezogen, mit denselben über das Feld nach den Batterien zu fahren. Um dann die Geschütze in die Batterie zu bringen, muss die hintere Seite des Laufgrabens an den, den Batterien zunächst gelegenen Stellen schräg abgestochen werden, damit die Geschütze eine bequeme Einfahrt erhalten. Eben dies gilt auch in den mehrsten Fällen für die Mortiere, welche auf Sattelwagen transportiert werden. Ist es jedoch unvermeidlich, die Geschütze in den Laufgräben selbst fortzuschaffen, so kann dies nur durch Menschen bewirkt werden; bei sehr weichem Boden wird es auch nötig sein, Bohlen unterzulegen. Die schweren Kanonen werden schon im Park in ihre Lafetten, die schweren Mortiere aber erst auf der Batterie in den Klotz gelegt; leichte Mortiere werden auf ihren Klötzen fortgeschafft.
Die Versorgung der Batterien mit Munition geschieht alle 24 Stunden; man wählt hierzu den Abend, oder an Anbruch der Nacht, um vom Feinde weniger leicht entdeckt zu werden. Die Munition wird in Munitionswagen aus dem Laboratorium abgeholt, und bis zu den Ausgängen der Laufgräben gefahren, woselbst kleine Munitionsdepots angelegt werden, aus denen die Batterien ihren Munitionsbedarf in Karren holen lassen. Es ist sehr vorteilhaft, wenn man einen Vorrat von Haardecken hat, um durch sie die Munitions während des Zubringens vor Feuchtigkeit und Gefahr zu bewahren. Unter günstigen Umständen kann auch die Munition auf den Wagen bis zur Batterie gefahren werden. In den Batterien selbst wird die Pulver- und geladene Eisenmunition nebst den Zündungen in den Pulverkammern aufbewahrt. Die Vollkugeln und die Kartätschen legt man auf die Fußbank links neben das Geschütz; diejenigen geladenen Bomben oder Granaten, welche man auf die Batterie selbst für den augenblicklichen Gebrauch hat, und deren Anzahl immer nur so gering als möglich sein darf, müssen unter Haardecken liegen.
Es darf keine einzelne Batterie ihr Feuer allein anfangen, sondern dies muss gleichzeitig von allen zugleich erbauten Batterien in einer Parallele geschehen, weil sonst jene Batterie das feindliche Feuer zu sehr auf sich ziehen würde. Das Feuer der Rikoschett- und Enfilierbatterien darf zwar nur langsam sein, muss aber ununterbrochen, selbst des Nachts fortgesetzt werden. Wenn man daher am Tage eine gute Richtung gefunden hat, so nagelt man zur Bezeichnung derselben Latten neben den Rädern und dem Schwanz fest, an welche das Geschütz, wenn es vorgebracht ist, anstoßen muss. Auch kann man sich auf dem Richtkeil ein Zeichen machen, um die richtige Erhöhung beizubehalten.
Die Schwierigkeiten der Bedienung, und die Notwendigkeit, Munition zu sparen, erlauben überhaupt beim Angriff der Festungen kein so rasches Feuer, als beim Feldgebrauch der Geschütze, und es wird in den meisten Fällen hinreichend sein, wenn ein Geschütz 50 bis 60 Schuss alle 24 Stunden tut. Für die mit kleinen Mortieren besetzten Wurfbatterien bestimmt man täglich etwa 50, für die großen Mortiere aber höchstens 40 bis 50 Würfe. Ausnahmen finden dann statt, wenn man die erste Parallele sehr nahe eröffnet hat, und man keinen Mangel an Munition befürchten darf; dann können sie wohl auch mit 100 Würfen täglich versehen werden. Dagegen darf kein Schuss geschehen, der nicht gut gerichtet ist. Um sich von der Wirkung der Geschütze zu überzeugen, tritt ein besonders dazu bestimmter Artillerist auf die Fußbank, und zeigt nach jedem Schuss an, in wie fern er gut oder fehlerhaft gegangen ist; auch kann man diese Beobachtung von seitwärts gelegenen Punkten aus berichtigen. Es ist daher nicht zweckmäßig, lagenweise, d. h. mit allen Geschützen der Batterie zugleich zu feuern, weil dies die Beobachtung der Richtigkeit der einzelnen Schüsse unmöglich macht.
Der vorerwähnte Beobachter benachrichtigt zugleich die Bedienungsmannschaft von den feindlichen Schüssen. Er wird bald bemerken, welche Geschütze der Festung gegen die Batterie feuern, und dann in dem Augenblick, wo er den Rauch eines derselben entstehen sieht, dier Mannschaft zurufen, damit sie sich von der Schießscharte entfernt. –
Am Tage darf kein Geschütz in der Scharte stehen, wenn es nicht gerichtet wird und feuern soll; diese muss ferner fortwährend geblendet sein, um durch die Blendung (Stückpforte) die Bedienungsmannschaft vor dem Feuer der Jäger und Schützen zu sichern. –
Der Rücklauf kann vorteilhaft benutzt werden bei dem Geschütze, welches aus Scharten feuert, da man sonst genötigt wäre, es nach dem Abfeuern zurückzuschieben, um es von Neuem laden zu können. Er wird aber auch sehr nachteilig, wenn er zu groß ist; denn er erschwert das Vorbringen der Geschütze und macht lange Bettungen nötig. Um diesem Nachteil zu begegnen, kann man in einiger Entfernung von dem Lafettenschwanz Faschinen stark befestigen, doch so, dass sie den Rücklauf des Geschützes nicht zu früh hemmen, und dadurch der Festigkeit der Lafette schaden.
Die Demontierbatterien feuern gewöhnlich nur bei Tage; sie schießen ebenfalls nur langsam, und zielen desto sorgfältiger; zwei Geschütze werden jederzeit auf eine und dieselbe Scharte gerichtet, und verlassen diesen Zielpunkt nicht eher, als bis die Scharte demontiert ist; des Nachts feuern sie dann mit Kartätschen nach derselben, um dem Feind die Wiederherstellung zu erschweren. –
Wenn man gezwungen war, die erste Parallele sehr weit von der Festung anzulegen, wodurch auch die Entfernung der zweiten größer wird, erbaut man zwischen der zweiten und dritten Parallele noch Batterien, vorzüglich um aus Mortieren und Haubitzen den bedeckten Weg und die Waffenplätze wirksamer zu bewerfen; dies gibt dann eine halbe Parallele. In der dritten Parallele errichtet man zu demselben Zweck abermals Wurfbatterien, und stellt hier die größeren Kaliber auf, um sich der Steinkörbe und Spiegelgranaten zu bedienen. Hat der Feind bedeckte Batterien, so wird es schwerer sein, sie zum Schweigen zu bringen; man muss daher ebenfalls dergleichen erbauen, und eine überlegene Zahl Geschütz aufstellen. –
Wenn alle diese Batterien ihren Zweck erreicht haben, und die Verteidigungsmittel des bedeckten Weges, und der Festung selbst schon sehr geschwächt sind, so gelingt es oft, den ersteren durch Sturm zu erobern. Alle Batterien feuern vorher aus sämtlichen Geschützen so lebhaft wie möglich, und hören auf ein gegebenes Zeichen, z. B. durch Raketen, zugleich auf, worauf der Sturm unternommen wird. Sind aber die Verteidigungsmittel der Festung noch zu kräftig, als dass man einen solchen Sturm wagen könnte, so erbaut man das Logement 15 bis 18 Fuß von dem Kamm des Glacis, und errichtet hier die Breschebatterien, neben ihnen aber die Kontrebatterien; beide werden häufig bedeckt; die Breschebatterien feuern rascher als die übrigen; sie bestehen aus 4 bis 5 Geschützen, und erhalten täglich 100 Schuss auf jedes Stück.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)