Cochenille

Cochenille Schildlaus.

Cochenille (sprich koschenillje, Coccus cacti L.), Insekt aus der Familie der Schildläuse (Coccidae). Das karminrote Männchen ist 1,6 mm lang, mit zwei getrübten lichtbraunen Flügeln, zehngliederigen Fühlern und zwei langen Schwanzborsten. Das Weibchen ist 2 mm lang, fast kugelig, weiß bereift, flügellos. Die Cochenille lebt in Mexiko auf einem Kaktus, Nopalea (Opuntia) coccinellifera (Nopal, s. Tafel »Kakteen«, Fig. 21), und wird dort wie in Mittel- und Südamerika, in West- und Ostindien, am Kap, auch in Spanien, Algerien, Java und auf den Kanaren auf der genannten Pflanze und auf anderen unbewehrten Arten derselben Gattung gezüchtet.

Die Weibchen saugen sich an der Mutterpflanze fest, schwellen bedeutend an und legen ihre Eier in die weißen Ausschwitzungen, mit denen die Pflanzen stellenweise vollständig überzogen sind. Die nach acht Tagen ausschlüpfenden Larven sehen der Mutter ähnlich, nur dass die Aussonderung aus den Wachsdrüsen eine fadenförmige Bekleidung bildet. Sie häuten sich wiederholt und erreichen in zwei Wochen ihre volle Größe. Die männlichen Larven stecken in einer hinten offenen Röhre aus Wachsfäden, die durch einen Klebstoff miteinander vereinigt sind. Nach der Paarung sterben die Männchen, während die Weibchen noch 14 Tage lang Eier legen. Im Laufe des Sommers kommen mehrere Bruten zustande.

Die gesammelten Tiere werden durch Wasserdampf getötet und auf Blechen getrocknet. Sie bilden halbrunde Körperchen von der Größe einer kleinen halben Erbse mit runzeliger Oberfläche, sind schwarzbraun, mehr oder weniger weiß bestäubt, innen dunkel purpurrot, schmecken bitterlich, etwas zusammenziehend und färben den Speichel rot. Die erste Ernte im Jahr liefert ein wertvolleres Produkt (Zakkadille) als die folgenden, und von allen Sorten ist die aus Honduras die beste, dann folgt die Teneriffa-, Veracruz-, Java- und spanische Cochenille. Die von wild wachsenden Opuntien gesammelte Cochenille (vielleicht eine andere Art) heißt wilde Cochenille. Der Farbstoff der Cochenille ist Karminsäure. Man benutzt die Cochenille zur Bereitung des Karmins, des Karminlacks, der Cochenille ammoniacale (durch Auslaugen mit Ammoniak und Fällen mit Tonerdehydrat); seit Einführung der Teerfarben hat sie aber an Bedeutung sehr verloren.

Früher wurde die Cochenille auch medizinisch benutzt. Sie wurde schon vor Entdeckung Amerikas von den Mexikanern gezüchtet, Lopez de Gomara gab 1525 die erste Beschreibung der Cochenille; aber man hielt die Droge trotzdem für vegetabilischen Ursprungs, bis der Streit durch die Erkundigungen des Holländers Ruyscher 1725 entschieden wurde. Von 1 Hektar Nopalpflanzung erntet man ca. 300 kg Cochenille, und auf 1 kg kommen etwa 140.000 Tierchen.

In früheren Zeiten sammelte man namentlich in Polen um Johannis eine rote Schildlaus, Porphyrophora polonica L. (polnische Cochenille, Johannisblut), die an den Wurzeln mehrerer Pflanzen, namentlich des Scleranthus perennis, in Nordostdeutschland, Polen, Russland, Schweden, Ungarn lebt. Das Insekt bildete einen nicht unwichtigen Handelsartikel, ist aber durch die viel ausgiebigere Cochenille längst verdrängt. – Unechte Cochenille, s. Kermes.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Karmin