Russische Grenadiere und Jäger-Carabiniers, 1812–1814

Testbericht der 1:72 Figuren von ESCI

18. (1. westfälisches) Infanterie-Regiment mit Umbauten der 1:72 Figuren der russischen Grenadiere von ESCI.

Soldaten des 18. (1. westfälisches) Infanterie-Regiments der preußischen Armee von 1813–1815. Für den Umbau wurden hauptsächlich die Figuren der russischen Grenadiere von Esci verwendet. Die vier Mann links im Bild, zwei ladende und zwei kniende Soldaten, erhielten Schirmmützen aus der Serie Preußische Landwehr von Airfix anstelle des russischen Kiver (Tschakos). Die vier Mann in der Mitte der Formation sind unverändert, lediglich der Fähnrich wurde aus einem ladenden Soldaten umgebaut, dem das Gewehr entfernt und durch die Fahnenstange aus Stahldraht ersetzt wurde. Die Fahne zeigt das am 10. März 1813 eingeführte Eiserne Kreuz auf schwarzem Grund. Die Jäger im Vordergrund sind preußische Füsiliere von Esci, mit Tschakos anstelle des Zweispitzes.

Inhalt

50 Figuren in 15 Posen – 23 mm entsprechen 166 cm Körpergröße

Krieg und Frieden

Russisches Infanterie-Regiment Libava, 1812.

Russische Truppen nahmen im Verlauf der Napoleonischen Kriege an allen wichtigen Feldzügen teil, zuletzt an den deutschen Befreiungskriegen, die mit dem Einmarsch der Verbündeten in Paris, am 31. März 1814, und mit der Verbannung Napoleons ein vorläufiges Ende fanden. Mit dem Sieg der Verbündeten und der Rückkehr der Bourbonen nach Frankreich begann auch für die russische Armee der lange Marsch in Richtung Heimat. Nur 11 Monate später, am 1. März 1815, landete Napoleon erneut in Frankreich und riss die Macht an sich. Die russische Armee kehrte um und marschierte wieder nach Westen, wo sich die Verbündeten Truppen bereits zum Feldzug gegen Napoleon sammelten. In der Schlacht bei Waterloo wurde die Angelegenheit schließlich entschieden, noch bevor die Russen Gelegenheit zum Eingreifen hatten.

Die Figuren von Esci sind in der ab 1812 getragenen Uniform mit dem berühmten Kiver M.1812 dargestellt. Russische Soldaten trugen eine für die damalige Zeit erstaunlich fortschrittliche und zweckmäßige Uniform, die sich in vielen Feldzügen bewährte und allmählich von anderen Armeen kopiert wurde. Erwähnenswert ist der Shinel, ein bequemer Mantel, der oft anstelle der Uniformjacke getragen wurde. Als Mantelrolle über der linken Schulter getragen, prägte der Shinel das typische Erscheinungsbild der russischen Infanterie, wie hier am Beispiel einer Uniformtafel des Regiments Libava (7. Div., 2. Bgd.) von 1812 zu sehen ist.

Bewertung

Große Detailfülle. Tschakos, Behänge und Schnüre, Knöpfe, Aufschläge, Bandeliere, Patronentaschen, Tornister, Feldflaschen, Stiefel, Metallteile und Waffen sind gut zu erkennen.

Brauchbare, historische Posen. Avancierende, in Linie feuernde und ladende Soldaten überwiegen. Die russischen Grenadiere eignen sich gut für historische Simulationsspiele. In Formation aufgestellt wirken sie sehr geschlossen und realistisch.

Die Figuren sind als Garde, Grenadiere, Musketiere oder Jäger verwendbar. Einziges Unterscheidungsmerkmal waren die Beschläge an Tschako und Patronentasche: Doppeladler bei der Garde, gekreuzte Kanonenrohre bei der Artillerie, dreiflammige Granate bei den Grenadieren und Jäger-Grenadieren, einflammige Granate bei Musketieren, Jägern und Marineinfanteristen. Die dreiflammige Granate am Tschako dieser Figuren kann entsprechend übermalt werden.

Exzellente Gussqualität, kaum Gussnähte. Die Figuren sind vorbildlich gestaltet und sehr gut verarbeitet. Das Bemalen geht leicht von der Hand, da die Details auch nach dem Grundieren noch gut zu erkennen sind.

Der Kiver kann für viele interessante Umbauten verwendet werden, er wurde neben der Infanterie auch von Husaren, Reitenden Jägern und Kanonieren der Fußartillerie getragen.

Nur 36 % der Figuren tragen die typischen Mantelrolle über der linken Schulter, allen übrigen Soldaten fehlt das wichtige Kleidungsstück sogar völlig, der Shinal ist nicht einmal am Tornister befestigt. In diesem Punkt weichen die Figuren deutlich vom historischen Vorbild ab. Man muss vielleicht davon ausgehen, dass die Soldaten den Shinel vor dem Gefecht abgelegt haben. Aber selbst in diesem Fall wirkt die sehr unterschiedliche Ausrüstung der Figuren noch störend. Seitens des Herstellers hätte man sich für eine Variante entscheiden sollen.

Auf den ersten Blick ist nicht erkennbar, dass es sich bei den Figuren um Grenadiere handelt. Russische Grenadiere, Garde-Grenadiere und Jäger-Grenadiere trugen die hohen Federbüsche am Tschako auch im Felde weiter, da sie sich nur durch dieses Merkmal ganz deutlich von den Musketieren und Jägern abhoben. In der französischen Armee, in der die Grenadiere und Voltigeure grundsätzlich farbige Epauletten trugen, konnte auf Federbüsche und Tschakobehänge verzichtet werden, nicht aber in der russischen Armee. Wirklich schade, dass diese schönen Figuren nicht mit Federbüschen am Tschako ausgestattet sind. Der Umbau ist möglich, aber sehr zeitaufwendig.

Einigen Figuren fehlt der Säbel und die Bajonettscheide, dennoch tragen sie das Bandelier über der rechten Schulter, an dem das Säbelgehenk befestigt sein müsste. Derartige Fehler sind unverzeihlich, gibt es doch genügend Text- und Bildmaterial um das Thema historisch richtig zu bearbeiten.Angesichts der hohen Herstellungskosten ist es schon erstaunlich, wie leichtfertig mit der Gestaltung der historischen Figuren umgegangen wird.

Fahnenträger fehlt. Ein Offizier und drei der Grenadiere eignen sich zum Umbau. Dazu wird die Waffe vorsichtig entfernt und eine Fahnenstange aus 0,6 mm Stahldraht durch die geschlossenen Hände gesteckt.

Historische Verwendung

  • Stehende Grenadiere 1812–1814 (normalerweise mit hohen Federbüschen am Tschako)
  • Zusammengefasste Grenadiere, bestehend aus den Grenadieren der Depots (2. Bataillone) der Linieninfanterie, 1812–1814 (normalerweise mit hohen Federbüschen am Tschako)
  • Eliten der Linieninfanterie, Grenadiere bei den Musketieren und Carabiniers bei den Jägern, 1812–1814 (mit hohen Federbüschen am Tschako, wie oben)

Interessante Umbauten

  • Musketiere 1812–1814
  • Jäger 1812–1814
  • Marineinfanterie 1812–1814
  • Garde-Grenadiere 1812–1814 (mit hohen Federbüschen am Tschako)
  • 1. und 2. Brigade der russisch-deutschen Legion 1812 bis März 1815, danach
    • 30. (4. rheinisches) Infanterie-Regiment, Preußen 1815
    • 31. (3. magdeburgisches) Infanterie-Regiment, Preußen 1815
  • Mit dem Kiver M.1812 können preußische Husaren und Kanoniere in russische Truppen gleichen Typs verwandelt werden.

Die russischen Grenadiere von ESCI sind richtig proportioniert, detailvoll modelliert und sie wirken nach dem Bemalen sehr realistisch. Die Figuren im Kiver M.1812 sind bei Sammlern und Simulationsspielern sehr beliebt, weil russische Truppen in dieser Uniformierung in den entscheidenden Feldzügen von 1812, 1813 und 1814 mitwirkten. Sie kämpften bei Smolensk, Borodino, Lützen (Großgörschen), Bautzen, Dresden, Kulm, in der Völkerschlacht bei Leipzig und vielen anderen Gefechten. 1814 zogen sie mit den Verbündeten in Paris ein.

Leider wird die russischen Armee der Napoleonischen Kriege von den Herstellern bisher praktisch ingnoriert, obwohl der Feldzug von 1812 die beliebteste Epoche der napoleonischen Simulation darstellt, gefolgt von der Waterloo Kampagne und dem Feldzug von 1813. ESCI verdient Lob für diese schönen und vielseitig verwendbaren Figuren. Wir wünschen uns noch Dragoner, Kürassiere, Fuß-Artillerie und Kosaken, mit denen man die ruhmreiche Armee Kutusows vervollständigen könnte.

Bibliographie

Russische Figuren der Napoleonischen Kriege