Flechtwerk

Flechtwerk.

§ 59. Einschlagen der Pfähle zum Flechtwerk. Fertigung des Flechtwerks

Zuweilen wird eine nach Art der Zäune gemachte Bekleidung, die den Namen Flechtwerk erhält, bei frisch aufgeworfenen Brustwehren angewendet, welcher Fall jedoch nur höchst selten bei der Verteidigung der Festungen, bei den eigentlichen Angriffsarbeiten selbst aber gar nicht eintreten kann, weil diese Arbeit durch das Einschlagen der dazu erforderlichen Pfähle sehr langsam vorrückt, und die Arbeiter im Angesicht des Feindes hierbei entweder dem feindlichen Feuer ganz Preis gegeben sind oder vorher eine besondere Deckung bekommen müssen.

Die hierzu gehörigen Arbeiterabteilungen bestehen aus 3 Mann, sobald die Bekleidung nicht noch besonders durch Wieden und Ankerpfähle a Fig. 47 Tab. II eine größere Verbindung mit dem Erdaufwurf bekommen soll. Ist aber dieses der Fall, welches verankern heißt, so sind sie um 2 Mann stärker anzunehmen, wovon alsdann einer die oben angeführten Wieden aussucht, aussäftet und dreht, während der andere die Ankerpfähle zubereitet. Die Einteilung zum Flechten ist folgende:

Ein Mann sucht das Reisig aus, legt es bundweise zusammen und reicht es dem Flechtenden zu. Der zweite Arbeiter verflechtet dasselbe, und der dritte zieht die Erde mit der Schaufel an das Flechtwerk und rammt sie behutsam, um die Pfähle nicht in eine steilere Lade zu drücken.

Das, zu einer solchen Abteilung gehörige, Handwerks- und Schanzzeug besteht in 1 Handschlägel, 1 Schaufel, 1 Ramme und 2 Faschinenmessern.

Die Pfähle zu diesem Flechtwerk sind 2½ bis 3″ stark. Ihre Länge richtet sich stets nach der Höhe der zu erbauenden Brustwehr und nach der lockeren oder festen Beschaffenheit des Erdbodens. Sie werden, noch vor der Errichtung des Erdaufwurfs nach Maßgabe der Böschung desselben, an der von dem Feind abgewandten Seite 8 bis 12″ auseinander und wenigsten 2’ tief in die Erde geschlagen. Diese schräge Richtung muss jedoch stets mehr betragen, als eigentlich dazu festgesetzt ist, weil alsdann die, hinter dem Flechtwerk aufgeschüttete, Erdmasse dasselbe vor drückt und folglich die Bekleidung von selbst etwas steiler ausfällt. Ohne die gedachte Vorsicht dürfte die Bekleidung leicht umstürzen.

Damit die Pfähle beim Einschlagen genau eine und dieselbe Richtung erhalten, schlägt man von Abstand zu Abstand Lehrpfähle ein, nach welchen die übrigen eingesehen werden. Über die Köpfe der Lehrpfähle wird eine Schnur gezogen, an welche die dazwischen einzusetzenden sich ebenfalls mit ihren Köpfen lehnen müssen. Sind die Pfähle vermittelst des Bleischlägels eingetrieben, so spreizt man, um sie in einer gleichen Richtung zu erhalten, entweder eine Latte, wie einen geflochtenen Zweig, oben zwischen die Pfähle, oder flechtet sogleich einen Kranz von Ruten daselbst. Da, wo beim Gebrauch der Latten eine neue anzusetzen ist, müssen beide Latten nebeneinander zu liegen kommen und noch um einige Pfähle übereinander greifen, weil, wenn man sie aufeinander zwischen die Pfähle klemmen wollte, ein Vorstand der Pfähle entstehen und dieser einen Bruch in der Flechtung erzeugen würde.

Auf dem Boden hingegen wird nach § 58, wie bei den Horden, verfahren, aber kein Kranz gebunden. Ist die Flechtung bis über die Hälfte der Höhe von der Wand vorgerückt, so können die eingespreizten Latten wegfallen, weil die Pfähle nunmehr durch die Flechtung hinreichende Haltbarkeit bekommen. Sind statt der Latten Zweige eingeflochten, so treibt man diese mit dem Handschlägel bis auf die Flechtung, weil sie, eben so wie jene, das Durchstecken der Zweige immer mehr erschweren, je höher die Flechtung herauf kommt. Ist die völlige Höhe der Pfähle erreicht, so bindet man keinen Kranz, sondern umschlingt die Flechtung zwischen den Pfählen mit Ruten, nach Art eines Bundes, und zieht die Enden derselben durch die Flechtung, ohne einen Knoten zu drehen. Dieses Verfahren heißt säumen und erfordert lange dünne Ruten, deren starke Enden gespitzt sein müssen, um sie leichter durch die Flechtung ziehen zu können.

Aus der Erfahrung hat man gefunden, dass die zum Verflechten des Reisigs und zum Heranziehen und Rammen der Erde angestellten Arbeiten in 1 Stunde 25 bis 30 m2 Flechtung gefertigt haben. Die Verankerung der Pfähle muss jedoch dabei durch andere angestellte Arbeiter besorgt werden.

§ 60. Fertigung der Wieden und Pfähle zur Verankerung des Flechtwerks

Um das Flechtwerk fester mit der Erde zu verbinden, bedient man sich der, § 59 schon erwähnten, Verankerung. Es sind hierzu die § 40 gedrehten Wieden nötig, an deren starken Enden aber eben eine solche Schlinge, wie an der Spitze der Wieden, gemacht wird. Diese Art Wieden heißt Ankerwieden (harts de retraite). Man hängt sie Fig. 47 Tab. II mit der vorderen Schlinge an die Pfähle des Flechtwerks, zieht sie hierauf nach der Brustwehr zu an und schlägt durch die hintere Schlinge ein 3″ starkes und 2 bis 3’ langes Ankerpikett (piquet à mentonnet) a Fig. 47. Die hintere Schlinge kann man aber erübrigen, wenn man das starke Rutenende under die sogenannte Nase des Ankerpfahls fest herumschlingt, durchzieht und diesen sodann in die Erde völlig festschlägt, wo sie das starke Ende der Rute nicht leicht wieder ausspringen und locker werden lässt. Die Ankerpfähle müssen, wenn sie von gespaltenem Scheitholz gemacht werden, ein Stück unter dem Kopf einen Einschnitt erhalten; oder es muss, wenn man sie aus Waldlatten macht, ein Ast stehen bleiben, damit sich ein Haken bildet, der die hintere Schlinge um so fester hält und sie nicht über den Kopf des Piketts gleiten lässt. Sowohl die Ankerwieden als die Ankerpfähle müssen, noch vor dem Anfang der Arbeit, in Vorrat gemacht werden. Man trägt dieses Geschäft besondern Arbeitern auf, welche in der Nähe des angefahrenen Reisigs ihre Wiedenstöcke aufschlagen, und die Wieden aussuchen, entsäften und drehen.

§ 61. Verankerung des Flechtwerks

Soll die Verankerung bei dem Flechtwerk angewendet werden, so wird, nachdem die Flechtung 3’ Höhe erlangt hat, eine Ankerwiede an den 1., 4., 8., 12. etc, oder an den 1., 5., 10., 15. etc. Pfahl geschlungen, und wenn die Pfähle nach dieser Ordnung in der ganzen Linie verankert sind, das Reisig 1’ hoch weiter geflochten, und dann der 2., 6., 10., 14., oder der 2., 7., 11., 16., u. s. f. Pfahl auf eben diese Weise verankert. Mit dieser Arbeit fährt man wechselweise so lange fort, bis die Brustwehr die ihr zukommende Höhe hat. Die geflochtene Wand wird nach ihrer völligen Verflechtung, eben so, wie die Horden, verputzt.

Eine zwar schnellere, aber wenig dauerhafte, Verankerung gewähren lange Zweige, an welchen ein Haken angeschnitten ist, der entweder um den zu verankernden Pfahl oder in die Flechtung eingehängt ist. Der Zweig wird sodann rückwärts mit Erde beschüttet und in dieselbe festgerammt.

Bei lockerem Boden ist diese Art Verankerung gar nicht anzuraten.

Alle, mit Flechtwerk zu verkleidende Ecken, sie mögen aus- oder eingehend, scharfkantig oder abgerundet sein, werden wie die geraden Flächen, mir Ruten beflochten, weil man die Pfähle sogleich in die Tracen mit den, für sie angenommenen, Abständen einschlagen kann.

§ 62. Zeit, in welcher ein bestimmtes Stück Flechtwerk zu vollenden ist

Ist eine mit Flechtwerk zu verkleidende Linie lang, so lassen sich mehrere Arbeiterabteilungen anstellen, weil hierbei keine die andere in ihrer Arbeit aufhält; nur müssen sie immer in gleicher Höhe fortarbeiten, damit an dem Berührungspunkt zweier Flechtbrigaden nicht alle Enden der Reiser über einander zu liegen kommen, sondern dieselben stets in einander greifen.

Quelle: Aster, Carl Heinrich: Die Lehre vom Festungskriege (Dresden 1835)

Glossar militärischer Begriffe