Henri de La Tour d’Auvergne, Vicomte de Turenne, maréchal général des camps et armées du roi
Turenne (spr. türenn’), Henri de La Tour d’Auvergne, Vicomte de Turenne, Marschall von Frankreich, geb. 11. Sept. 1611 in Sedan, gest. 27. Juli 1675, zweiter Sohn des Herzogs Heinrich von Bouillon und der Prinzessin Elisabeth von Nassau-Oranien, tritt 1625 in holländische Kriegsdienste und lernt unter Prinz Friedrich Heinrich die Kriegskunst. 1630 tritt Turenne als Oberst in die französische Armee und macht Feldzüge nach Lothringen und an den Rhein mit. Zum Generalleutnant ernannt, stößt er 1638 mit einem Hilfskorps zum Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, dient 1639–43 in Piemont, siegt namentlich 1640 bei Casale und Turin und säubert Piemont vom Feind.
Zum Marschall ernannt und mit dem Oberbefehl über die französischen Truppen in Deutschland betraut, reorganisiert er rasch die Truppen im Elsass, überschreitet im Mai 1644 den Rhein, entsetzt mit dem Herzog von Enghien (Condé) Freiburg im Breisgau, das General Mercy belagert, und befreit das ganze Rheingebiet von den Kaiserlichen. 1645 wird er jedoch von Mercy 5. Mai bei Mergentheim geschlagen und zum Rückzug hinter den Rhein genötigt. Hier vereinigt er sich wieder mit dem Herzog, und beide erfechten 3. Aug. bei Nördlingen einen Sieg, worauf Turenne 18. Nov. noch Trier erobert.
Durch seine Leidenschaft für die Herzogin von Longueville bestimmt, tritt er 1650 zur Fronde über, vereinigt seine Truppen mit den spanischen, kämpft mit wechselndem Erfolge gegen die Königlichen und söhnt sich 1651 mit der Königin Anna aus, worauf er den großen Condé 1652 bis an die Grenze von Flandern zurückdrängt. In den folgenden belgischen Feldzügen erobert Turenne zahlreiche Festungen und bis zum Pyrenäischen Frieden (1659) fast ganz Flandern.
Zum Generalmarschall ernannt, erhält er im Devolutionskrieg 1667 unter des Königs Oberbefehl das Kommando über die Armee, die in die spanischen Niederlande einrückt. Auf Ludwigs XIV. Wunsch tritt er 1668 zum katholischen Glauben über. In dem Krieg gegen Holland 1672 befehligt er die Armee am Niederrhein gegen die Kaiserlichen und Brandenburger, zwingt den Großen Kurfürsten 16. Juni 1673 zum Frieden von Vossem, wird aber dann von Montecuccoli zurückgedrängt. Am 16. Juni 1674 schlägt er den Herzog von Lothringen bei Sinzheim und erobert die ganze Pfalz, die er auf das entsetzlichste verwüstet. Er besiegt darauf Bournonville bei Enzheim (4. Okt.) und trifft im Juli 1675 bei Sasbach auf die Kaiserlichen unter Montecuccoli; hier wird Turenne von einer Kanonenkugel getötet.
Sein Leichnam wird auf Ludwigs Befehl in der königlichen Gruft zu St.-Denis beigesetzt und auf Napoleons I. Befehl im Dom der Invaliden, Vaubans Grabmal gegenüber, bestattet. Bei Sasbach wird Turenne 1781 ein Denkstein gesetzt. In Sedan wird ihm eine Statue errichtet. Turenne war ein methodisch gebildeter und vorsichtiger Feldherr, ein ausgezeichneter Taktiker, für seine Truppen väterlich besorgt. Gewinnende Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit zeichneten ihn aus. Turenne hat selbst Memoiren hinterlassen, die von 1643–58 reichen und unter dem Titel: »Collection des mémoires du maréchal de Turenne« (Par. 1782, 2 Bde.) veröffentlicht wurden. Eine Ergänzung dazu sind die »Mémoires« von Deschamps (Par. 1687, neue Aufl. 1756; das. 1901). Seine Briefe gaben Grimoard (1782, 2 Bde.) und Barthélemy (Par. 1874) heraus. Das Leben Turennes beschrieben unter anderen Ramsay (Par. 1733, 4 Bde.), Raguenet (1741, 2 Bde.; neue Ausg. 1877), Duruy (5. Aufl. 1889), Hozier (Lond. 1885).
Bibliographie
- »Précis des campagnes de Turenne« (Brüssel 1888)
- Choppin: La campagne de Turenne en Alsace (Par. 1875)
- Des Robert, Ferdinand: Les campagnes de Turenne en Allemagne (Nancy 1903)
- Lümkemann: Turennes letzter Feldzug 1675 (Halle 1883)
- Neuber: Turenne als Kriegstheoretiker und Feldherr (Wien 1869)
- Perini, Hardy de: Turenne et Condé (Par. 1907)
- Roy: Turenne, sa vie et les institutions militaires de son temps (2. Aufl., Par. 1898)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909