Frei-Regiment von Gerlach im Siebenjährigen Krieg

Landgrafschaft Hessen-Kassel

Frei-Regiment von Gerlach, Hessen-Kassel, Siebenjähriger Krieg, 40 mm Zinnfigur Prince August.

Das Frei-Regiment von Gerlach gehört zu den schwer fassbaren Freitruppen des Siebenjährigen Krieges. Herbert Knötel d. J. und Martin Lezius zeigen in ihrem 1932 erschienenen Sturm-Zigarettenbilder-Album „Deutsche Uniformen, Band 1: Das Zeitalter Friedrichs des Großen“ einen Musketier vom Frei-Regiment v. Gerlach in hellblauer Uniform mit grünen Abzeichen und weißen Knöpfen. Eine Beschreibung eben dieses Zigarettenbildchens findet sich in der 1979 von R. D. Pengel herausgegebenen Uniformkunde „Seven Years’ War. Uniforms of Swedish and German states, line and cannon“. Pengel nennt den Brauer-Bogen Nr. 91 von „Heer und Tradition“ als weitere Quelle, jedoch mit dem Unterschied, dass Brauer und Knötel grüne Aufschläge ohne Knöpfe zeigen. Ohne Knöpfe an den Aufschlägen findet sich der Musketier bereits 1976 in Funcken’s Historische Uniformen 18. Jahrhundert (Band 2, Seite 90). Pengel wiederholt seine unveränderte Beschreibung der Uniform in dem 1984 erschienenen „Seven Years’ War. Hessen Cassel Supplement“, und liefert in Tafel 4 eine Zeichnung dazu. Über die reine Uniformbeschreibungen hinaus gibt es wenigstens im Sturm-Zigarettenbilder-Album den Hinweis, die Truppe sei nach dem Siebenjährigen Krieg aufgelöst worden.

Stuart Reid schreibt in seinem 2010 erschienen Osprey Men-at-Arms Taschenbuch № 460 „Frederick the Great’s Allies 1756–63“, das Frei-Regiment von Gerlach sei aus dem Bataillon Rall der Chasseurs von der Armee hervorgegangen: „The light infantry unit raised for Cavendish’s light brigade in 1762 was initially designated the Chasseur Battalion von Rall, before becoming the Frei-Regiment von Gerlach“. Reid erklärt weiter, diese Chasseurs seien ’Freiwillige’ der regulären Infanterie gewesen, die, preußischer Praxis entsprechend, bald ihre alten Röcke abgelegt und die hellblaue Uniform der als zweitklassige geltenden Freitruppen angenommen hätten. Diese Darstellung widerspricht allerdings den Angaben über die Chasseurs v. d. Armee in Rudolf Witzel’s Buch „Hessen Kassels Regimenter in der Alliierten Armee 1762“. Hier heißt es, das Ende Mai 1762 aufgestellte Bataillon Rall der Chasseurs von der Armee habe je 50 Mann von den hessischen Regimentern 2. Garde, 3. Garde, Mansbach, Wutginau, Anhalt, Gilsa, Bischhausen und Malsburg erhalten. Hinzu kam die erforderliche Anzahl Unteroffiziere und Offiziere, die zusätzlich von ihren Regimentern abkommandiert wurden. Einer der Kommandierten war Johann Gottlieb Rall; seit dem 7. Mai 1760 Major und Chef der 4. Kompanie des Infanterie-Regiments von Bischhausen, wurde er nun Kommandeur der hessen-kasselschen Chasseurs von der Armee. Herzog Ferdinand soll mit den Chasseurs so zufrieden gewesen sein, dass er ihnen schon im Juni 1762 die Auszeichnung gewährte, den Grenadiermarsch ihrer jeweiligen Nation zu schlagen. Für den Dienst bei den Chasseurs sollten nur „sicher und gute Leute choisiert“ werden, die für den Patrouillendienst und das Legen von Hinterhalten speziell ausgebildet wurden. Grenadiere ersetzten ihre auffälligen Grenadiermützen durch den Dreispitz, die Mannschaften nahmen die Tressen von den Hüten ab und legten grüne Bandkokarden an. Viele Offiziere folgten diesem Beispiel, der besseren Tarnung wegen. Die Chasseurs bildeten eine Elite, die sich deutlich von Freitruppen abhob, und ihren Ersatz unverzüglich von der Armee erhielt.

Die hessischen Chasseurs von der Armee standen zuletzt am 28. August 1762 im Corps Luckner bei Bingenheim, und besetzten die Posten an der Nidder, zu Staten, Mockstadt, Ober- und Niederdauerheim, nachdem sie den Feind von denselben vertrieben hatten. Am 15. November 1762 wurde an der Brücker Mühle vor Amöneburg der Waffenstillstand geschlossen. Im Januar 1763, kurz vor Kriegsende, wurde Major Rall in das Garnisonregiment des Generalmajors J. L. F. v. Stein versetzt, in welchem er zum Oberstlieutenant aufrückte. Wenn Major Rall sein Bataillon von Mai 1762 bis zum Kriegsende selbst geführt hat, kommen die Chasseurs von der Armee wohl nicht als Vorgänger des Frei-Regiments von Gerlach in Frage.

Uniform

Die Anordnung der Knöpfe im Sturm-Zigarettenbild lässt auf hellblaue Klappen (Rabatten) schließen. Funcken zeigt den Rock von der rechten Seite, und auch hier scheinen die Knöpfe auf rockfarbenen Klappen platziert zu sein. Stuart Reid weicht von den älteren Darstellungen ab und gibt dem Frei-Regiment von Gerlach nun grüne Rabatten. Angaben über Spielleute, Unteroffiziere und Offiziere fehlen. Gemäß dem „Reglement vor die hessische Infanterie“ von 1767 waren die Schabracken und Schabrunken der berittenen Offiziere in der Regimentsfarbe, hier grün, mit Gallaunen in der Farbe der Knöpfe. Da es sich um ein Frei-Regiment handelt, haben wir in unserem Beispiel eine billigere weiße Bordüre gewählt. Der Kommandeur des Frei-Regiments von Gerlach reitet einen Lichtfuchs.

Feldzugsgeschichte

Über die Feldzugsgeschichte des Frei-Regiments von Gerlach ist uns nichts bekannt. Wenn es ein Regiment war, dürfte es zwei Bataillone mit vielleicht acht Kompanien gehabt haben. Dem Sturm-Zigarettenbilder-Album zufolge, soll das Frei-Regiment von Gerlach nach Kriegsende aufgelöst worden sein, wie das bei Kriegsformationen und leichten Truppen dieser Zeit üblich war.

Bibliographie

  • Funcken: Historische Uniformen 18. Jahrhundert, Band 2, Seite 90
  • Knötel, Herbert d.J.; Brauer, Hans M.: Uniformbogen № 91 Die Kurhessischen Infanterie Regimenter im Siebenjährigen- und Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1756–1783 (Berl. 1926–1962)
  • Knötel, Herbert d.J.; Lezius, Martin: Deutsche Uniformen im Zeitalter Friedrichs des Großen (Dresd. 1932)
  • Pengel, R. D.: Seven Years’ War. Uniforms of Swedish and German states, line and cannon (Birmingham 1976)
  • Pengel, R. D.: Seven Years’ War. Hessen Cassel Supplement (Birmingham 1985)
  • Reid, Stuart: Frederick the Great’s Allies 1756–63 (Botley 2010)
  • Witzel, Rudolf: Hessen Kassels Regimenter in der Alliierten Armee 1762 (Norderstedt 2007)

Hessen-Kasselsche Armee im Siebenjährigen Krieg