Holzbau

Holzbau.

Holzbau (Holzbaukunst), im Gegensatz zum Steinbau und zum Eisenbau (s. d.) die Herstellung ganzer Baulichkeiten oder einzelner Teile von solchen aus Holz, wie sie vor allem vom Zimmermann, im weiteren Sinn aber auch durch den Tischler, Drechsler etc. ausgeübt wird. War der ursprünglichste Holzbau, der Blockbau (s. Blockwand), geschichteter Massenbau, so ist der entwickeltere Holzbau ausgesprochenermaßen Gerüstbau (Ständerbau), d. h. er besteht aus einem aus »Hölzern« hergestellten konstruktiven Gerüst (Gerippe), dessen Öffnungen (Gefache) entweder mit Holz (reiner Holzbau, Bretterbau) oder mit Mauerwerk, Lehmstakung u. dgl. (gemischter Holzbau, Fachwerksbau) geschlossen werden. Bezüglich der Konstruktionen des Holzbaues s. Holzverband und die die Einzelheiten betreffenden Artikel.

In formaler Beziehung sind dem Holzbau engere Grenzen gezogen als dem Steinbau, denn das Holz verhält sich infolge seiner Struktur, d. h. seines masseloseren, im wesentlichen nach einer Abmessung, der Länge, gerichteten, also langfaserigen Wuchses für die Bildung von Kunstformen spröder als der Stein; es steht in dieser Beziehung zwischen diesem und dem Eisen (vgl. Eisenbau). Die Mittel zur formalen Behandlung der Hölzer sind bei gesunder Holztechnik so zu wählen, dass »aus dem vollen Holze« profiliert und verziert wird, d. h. dass angeheftete oder gar angeleimte Zutat (Leistenwerk u. dgl.) ganz oder doch tunlichst vermieden wird. Dabei ist der Kern des Holzes zu schonen, dieses also nur so weit für Schmuckzwecke anzuschneiden, dass es in seinen konstruktiven Funktionen nicht geschädigt wird. Solche Mittel sind: a) die Abkantungen, die beim Zusammentreffen zweier Hölzer gewöhnlich in den vollen Querschnitt übergeführt werden (s. Abbildung); b) die ausgestochenen Flächenverzierungen (Ornamentfüllungen, Falzprofile, Blendenwerk, Schrift etc.); c) Einkerbungen; d) Profilieren der Köpfe; e) Hinzufügen von Verbretterungen (als Säumen, Kämmen, russischen »Handtüchern«, Kopfschilden etc.); k) Bemalung. Die Flächenbildung (der Schluss der Gefache) geschieht im reinen Holzbau entweder durch Verschalen, wodurch steinbauartige Massenwirkung erzielt wird, oder durch »Infüllungsetzen«, wobei sich das Gerüst zeigt, also mehr fachwerkartige Wirkung entsteht. Die Holzfläche selbst wird in beiden Fällen gebildet durch waagrechte, senkrechte oder schräge, auch durch schuppenförmige Anordnung der Schal-, bez. Füllbretter, deren eventuelle Verzierung entweder nach ähnlichen Rücksichten auf die Holztechnik wie bei den Hölzern, oder, namentlich bei Bemalung, nach den vom Material unabhängigen Grundsätzen der Ornamentierung von Flächen erfolgt. – Geschichtlich ist der Holzbau zweifellos die älteste Bauweise, was durch die Hütten und Zelte der Ureinwohner unzivilisierter Länder, die Pfahlbauten, die nordischen Holzbauten etc. bewiesen wird.

Das deutsche Fachwerk ist aus eingegrabenen, durch Flechtwerk verbundenen Pfahlreihen (ursprünglich Schutzwehren) entstanden. Der Blockbau ist noch jetzt die ursprünglichste Konstruktionsweise, und selbst der hochentwickelte antike Steinbalkenbau ist augenscheinlich auf Holzbau zurückzuführen (vgl. die lykischen etc. Felsengrabfassaden auf Tafel »Architektur II«, Fig. 12 u. 13). Im Altertum war die Kunst des Holzbaues mehr bei den orientalischen Völkern, wo sie besonders bei Dächern und Decken Verwendung fand, als bei den den Steinbau bevorzugenden Griechen und Römern üblich. Auch im frühen Mittelalter erstreckte sie sich vorzugsweise auf Decken. Doch kamen auch ganze Holzkirchen in Deutschland (Friedenskirchen in Jauer und Schweidnitz), Dänemark und England, besonders aber in Norwegen (Stabkirchen zu Heddal, Borgund u. a.) vor, wo sich ein eigentümlicher Stil der Holzbaukunst auch in der Profanarchitektur entwickelte (s. Tafel »Nordische Kultur I«, Fig. 2–5). Zur höchsten Ausbildung gelangte die Holzbaukunst seit dem Ende des 12. Jahrhunderts im Norden Europas (Frankreich, Deutschland, England, Niederlande) in dem bürgerlichen und bäuerischen Wohnhaus (Fachwerks- und eigentlicher Holzbau). In Deutschland finden sich hervorragende Beispiele in Halberstadt, Quedlinburg, Wernigerode, Goslar, Duderstadt, Hameln, Herford, Höxter, Osnabrück, Einbeck, Hildesheim, Braunschweig, Hannover etc. (vgl. auch Bauernhaus und Wohnhaus mit Tafeln).

Wie in den Konstruktionsgrundsätzen, bewahrte der Holzbau auch in der Ornamentik seine stilistischen, im Material wie in den Werkzeugen begründeten Eigentümlichkeiten und nahm erst spät dekorative Renaissanceformen auf. Die reine Holzbaukunst blüht noch jetzt in Schweden, Norwegen, Russland, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und in der Schweiz, in welchen Ländern sie auch einen nationalen Charakter behalten hat. Neuerdings hat die Holzbaukunst auch in andern Ländern wieder eine ausgedehnte Verwendung insbes. bei Ausstellungsbauten (s. d.) und Festhallen, auch bei Wohnhäusern (Villen) und ländlichen Bauten aller Art gefunden. Vgl. Issel, Der Holzbau (im »Handbuch des Bautechnikers«, Bd. 8, Leipz. 1900); Bötticher, Die Holzarchitektur des Mittelalters (Berl. 1856); Liebold, Die mittelalterliche Holzarchitektur im ehemaligen Niedersachsen (Halle 1874); Lehfeldt, Die Holzbaukunst (Berl. 1880); Lübke, Geschichte der Renaissance in Deutschland (2. Aufl., Stuttg. 1881, 2 Bde.); Cuno und Schäfer, Holzarchitektur vom 14.–18. Jahrhundert (Berl. 1883–88); Gladbach, Holzarchitektur der Schweiz (2. Aufl., Zürich 1885), Der schweizerische Holzstil (3. Aufl., das. 1897) und Charakteristische Holzbauten der Schweiz (Berl. 1889–93); Lachner, Geschichte der Holzbaukunst in Deutschland (Leipz. 1885 bis 1887, 2 Tle.); Dietrichson und Munthe, Die Holzbaukunst Norwegens (Berl. 1893); Raschdorff, Rheinische Holz- und Fachwerksbauten (das. 1895); Graef, Dekorativer H. (2. Aufl., Leipz. 1901).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Holzbau. Die Verwendung des Holzes zu Bauzwecken, besonders zu Wandbildungen, beruht auf den Vorzügen und Mängeln desselben (s. Holz und Bauholz).

Der Holzbau ist da zu erstellen, wo es sich darum handelt: 1. auf schlechtem Baugrund einen leichteren Bau, 2. bei beschränktem Raum dünnere, 3. im allgemeinen wohlfeilere, auch wärmere Wände zu erstellen als solche aus Steinen; sie sind allerdings auch weniger dauerhaft, hauptsächlich aber von geringer Feuersicherheit. Dies gilt vor allem von dem leichteren Nadelholz, während das Hartholz, besonders das sehr haltbare Eichenholz, sich günstiger erweist. – Am Äußeren des Holzbaues sind Schutzvorkehrungen gegen die schädlichen Einflüsse der Feuchtigkeit zu treffen, und zwar 1. Erhöhung über den Erdboden durch eine Untermauerung; 2. weit ausladende Dachungen; 3. Dachvorsprünge über einzelnen Stockwerken, auch Lauben und Balkone; 4. Schutzbretter über vorstehenden Teilen, wie Balkenköpfe u. dergl.; 5. ganze Wandverschalungen s. Bretterschalung; 6. gut deckende Anstriche (s. d.).

In konstruktiver Hinsicht sind drei Bildungsweisen zu unterscheiden, von welchen jede ihre eigene Entwicklung erfahren hat: 1. Ständerwand (Schrotwand), bei welcher das System des senkrechten Stützens mit Zwischenfüllungen aus Holz (s. Holzwand 1.) zum deutlichsten Ausdruck kommt; 2. Blockwand, gebildet aus horizontal gelagerten Hölzern (s. Holzwand 2.); 3. Fachwerk oder Riegelwand, gebildet aus Hölzern in drei Richtungen (s. Fachwand).

Der Holzbau ist wohl die ursprünglichste und älteste Bauweise für menschliche Wohnungen1, worüber schon Vitruv, Bd. 2, Kap. 1, Andeutungen gibt; er ist bei allen Völkern des Altertums, besonders bei den Ägyptern, nachzuweisen. Bei den germanischen Völkern bildet der Holzbau die nationale Bauweise gegenüber dem durch die Römer hereingetragenen Steinbau. Bei den Völkern des östlichen Asiens, China, Japan, Birma, ist der Holzbau seit Jahrtausenden bevorzugt.

Wohl die ältesten und interessantesten Beispiele finden sich in Norwegen2, wo noch Holzbauten aus romanischer Zeit erhalten sind, so Kirchen, entweder durch horizontal gelegte Balken nach Art der Blockhäuser konstruiert oder aus senkrecht gestellten Bohlen hergestellt (sogenannten Reiswerkbauten), welche im Lande Stavekirker genannt werden. Der Hauptraum ist meist quadratisch gebildet mit einem im Halbkreis geschlossenen Choranbau, außerdem mit einem niedrigen, Bogenstellungen zeigenden, ringsherum laufenden Umgang, dem sogenannten Laufgang, versehen, der wahrscheinlich zum Schutz gegen das Eindringen des Schnees erbaut wurde. Darüber erhebt sich in mehreren Absätzen ein hohes Dachwerk mit Giebeln, welch letztere ein stark vorspringendes eigenartig geformtes Schnitzwerk aufweisen. Im Innern ist die Kirche eng, fast fensterlos und dunkel und durch einen offenen Dachstuhl nach oben abgeschlossen. Ein origineller Glockenturm mit schräg ansteigenden Wänden pflegt getrennt von der Kirche angelegt zu sein. Ebenso eigenartig ist die Ornamentik dieser Bauten, welche wesentlich aus einem Schnitzwerk besteht, das sich aus bandartigen Verschlingungen, Drachen und anderen Tiergestalten zusammensetzt und am häufigsten an Portalen, aber auch sonst an manchen anderen passenden Orten angebracht erscheint. Die interessantesten Bauten dieser Art finden sich namentlich zu Borgund, Heddal (s. die Figur), Torpol und Urnes3. Die Kirche zu Wang in Norwegen, die baufällig geworden war, hat König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1841 abbrechen und im Riesengebirge bei Brückenberg wieder ausstellen lassen.

Auch England hatte einen Kirchenbau aus Holz zu Greenstead aufzuweisen, der im angelsächsischen Stil errichtet wurde. Desgleichen findet man heute noch viele alte Holzkirchen in Russland, z.B. die Dorfkirche zu Zarskoje-Selo. Ähnliche Anlagen finden sich vereinzelt in Schlesien, Böhmen, Mähren, Galizien und Ungarn.

Heute findet der Holzbau in besonders holzreichen Ländern, wie Skandinavien, den Alpengebieten und in weiten Gebieten im Inneren Nordamerikas, Sibiriens, bei einzelnstehenden Behausungen geeignete Anwendung, in enggebauter Anlage ist er tunlichst zu vermeiden. – Weinbrenner

Quelle: Luegers Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften (Stuttg., Leipz. 1914)

Glossar militärischer Begriffe


Semper, G.: Der Stil, Frankfurt 1860, Bd. 2, S. 249 ff.

Dietrichson, L, u. Munthe, H.: Die Holzbaukunst Norwegens, Berlin 1896.

Dahl: Denkmale einer ausgebildeten Holzbaukunst in Norwegen, Dresden 1837.