Französische reitende Artillerie der Kaisergarde Napoleons, 1806–1814

Testbericht der 1:72 Figuren von Italeri

Französische reitende Artillerie der Kaisergarde Napoleons, 1806–1814, 1:72 Figuren Italeri 6018.

Die reitende Garde-Artillerie wurde 1806 als Regiment mit vier Batterien und einer Eskadron Veliten aufgestellt. Im Verlauf der napoleonischen Kriege bestand das Regiment zeitweise aus sechs reitenden Batterien, aber nach den verlustreichen Feldzügen von 1812 und 1813 war die ursprüngliche Gliederung mit vier Batterien wieder hergestellt. Jede Batterie bestand aus etwa 100 Artilleristen mit vier mittleren Kanonen (8-Pfünder) und zwei mittleren Haubitzen (6 Zoll). Ab 1807 erhielt die reitende Garde-Artillerie leichtere 6-Pfünder. Die Artilleristen der reitenden Artillerie begleiteten ihre Geschütze auf eigenen Reitpferden oder fuhren auf Protzen und Munitionswagen mit. Auf diese Weise war gewährleistet, dass reitende Artillerie der eigenen Kavallerie im Gefecht relativ problemlos folgen konnte. Die Zugpferde der Protzen, Versorgungs- und Munitionswagen wurden von Trainsoldaten geritten und versorgt.

Inhalt

5 abgesessene Artilleristen in 5 Posen – 24 mm Körpergröße entsprechen 173 cm

6 aufgesessene Figuren in 4 Posen – 24 mm Körpergröße entsprechen 173 cm

  • Kanone im Pferdezug (8-Pfünder)
  • Lafettenkasten mit Bereitschaftsmunition
  • Wagenprotze mit zwei fahrenden Kanonieren
  • Deichsel
  • Deichselverlängerung
  • 12 Zugriemen
  • 2 berittene Trainsoldaten
  • 2 berittene Kanoniere

Pferde

  • 2 Reitpferde – 21 mm Stockmaß entsprechen 151 cm Widerristhöhe
  • 6 Zugpferde in zwei Posen – 21 mm Stockmaß entsprechen 151 cm Widerristhöhe

Bewertung

Gute Themenwahl, die reitende Artillerie fehlte bisher in diesem Maßstab.

Sehr gute Detailfülle bei Figuren und Pferden. Gesichtszüge, Uniformteile, Knöpfe, Litzen, Schnüre, Bandeliere, Schnallen, Sattel- und Zaumzeug sind deutlich zu erkennen.

Brauchbare Posen. Der Batterieoffizier hält sein Fernrohr richtig mit beiden Händen. Leider fehlen zwei der fünf wichtigsten Kanoniere, nämlich № 1 und № 3.

Deutliche Gussnähte an Figuren und Pferden müssen vor dem Bemalen sorgfältig entfernt werden.

Kanonier № 2 ist doppelt dargestellt, dafür fehlt der Richtkanonier (№ 1) und der Mann, der beim Auswischen des Rohres und Ansetzen der Ladung das Zündloch geschlossen hält (№ 3). Wer ein Geschütz in Feuerstellung richtig darstellen möchte, benötigt alle fünf Kanoniere der Kernmannschaft und bis zu zehn weitere Artilleristen oder Infanteristen als Handlanger.

Bevor der Geschützführer den Luntenstock an das Zündloch hält, und dadurch den Schuss auslöst, nehmen die anderen vier Kanoniere die Grundstellung ein. Andernfalls besteht Gefahr, dass einer der Kanoniere von dem zurücklaufenden Geschütz erfasst oder durch das Mündungsfeuer verletzt wird. Die mitgelieferten Figuren bewegen sich noch eifrig, und in dieser Situation dürfte der Geschützführer nicht in der dargestellten Weise mit dem Luntenstock herumfuchteln. Der Geschützführer steht kurz vor der Schussabgabe ebenfalls in Grundstellung neben dem Geschütz und führt von dort aus den langen Luntenstock zum Zündloch. Modelleure und Designer müssen sich gerade bei Artilleriefiguren sehr genau überlegen, wie die Posen der Kanoniere in einem bestimmten Moment des Feuerkampfes auf einander abgestimmt sind. Die von Italeri vorgelegte Figurengruppe ist unvollständig und inkompatibel.

Die drei Riemen der Säbeltasche sind auf der Vorderseite der Verpackung richtig dargestellt, die Modelle besitzen aber nur die beiden äußeren Riemen. Solche offensichtlichen Fehler könnten leicht vermieden werden, wenn die Masterfiguren noch einmal von einem Figurenmaler begutachtet würden.

Drei der fünf abgesessenen Artilleristen tragen weder Säbel noch Säbeltasche. Wenn das Ablegen von Ausrüstungsgegenständen überhaupt befohlen wird, gilt der Befehl für alle Soldaten der betreffenden Einheit. Die verschiedenen zulässigen Trageweisen der Uniform werden innerhalb der Züge und Kompanien einheitlich geregelt, hier entscheidet der einzelne Soldat nicht eigenmächtig. Das gilt besonders bei Elitetruppen wie der reitenden Garde-Artillerie, die großen Wert legen auf ein vorbildliches Äußeres. Reitende Artillerie kämpft in der Regel weit ab von eigener Infanterie, die Kanoniere können sich bei Kavallerieangriffen also nicht einfach in ein nahestehendes Karree zurückziehen. Daher ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass die Säbel im Gefecht abgelegt werden. Reitende Artillerie muss oft und blitzschnell die Feuerstellung wechseln, ein weiterer Grund warum die Ausrüstung nicht ständig an- und abgelegt werden kann.

Bei vier von neun Kanonieren sind die Streifen an der Hosennaht nicht bis zum Bund durchgezogen, sondern sie bilden eine schwalbenförmige Schleife auf dem Hosenboden. Hier hat der Modelleur wieder seiner Kreativität gefrönt, statt die Uniform uniform sein zu lassen.

Kanonenrohre 30 mm, Krick 60695, in der Feldlafette Système Gribeauval, 1:72 Italeri 6031.
Krick Kanonenrohr 30 mm in der Feldlafette der reitenden Garde-Artillerie von Italeri.

Die Geschützrohre sind nicht detailliert genug. Das Zündloch fehlt, die Henkel sind rechteckig und viel zu klein dargestellt, und die Mündung wölbt sich nach außen. Der senkrechte Zapfen unter dem Rohr ist zu dünn, um das Rohr sicher mit der Lafette zu verbinden. Außerdem führt der Zapfen dazu, dass das Rohr stark überhöht in der Lafette liegt. Diese Darstellung ist für Spielzeugkanonen typisch, im Gefecht aber nicht sinnvoll. Stückkugeln wurden relativ flach über dem Boden abgefeuert, um Abpraller mit niedriger Flugbahn zu erzielen, die gegen dichte Ziele viel besser wirken als Geschosse mit steiler Flugbahn. Mörser und Haubitzen warfen Spreng- und Brandgranaten im Steilfeuer, allerdings waren die dafür erforderlichen Zünder während der napoleonischen Epoche noch sehr unzuverlässig.

Die Richtmaschine fehlt. Am Ende des vorderen Lafettenbodens ist eine Zunge zu sehen, die normalerweise den Gewindebolzen der Richtmaschine trägt. An diesem Bolzen befindet sich eine Rändelschraube, mit deren Hilfe der Bolzen nach unten oder oben geschraubt werden kann. Dadurch hebt oder senkt der Richtkanonier das Rohr entsprechend. Die Richtmaschine lässt sich im Modell am besten mit einem Stück einer gedrehten Gitarrensaite und einer Rändelschraube aus Messingdraht darstellen.

Dem Bausatz liegt kein Haubitzrohr bei. Die Batterien der reitenden Artillerie bestanden aus vier Kanonen und zwei Haubitzen. Beide Geschütze verwendeten die gleiche Lafette des Systems Gribeauval, nur die Rohre waren unterschiedlich. Dem beliebten ESCI-Bausatz der französischen Garde-Artillerie zu Fuß lagen Kanonen- und Haubitzrohre bei, die wahlweise verwendet werden konnten. Es ist wirklich unverständlich, dass die großen Hersteller immer wieder die Gelegenheit versäumen, einen interessanten Bausatz durch kleine und billige Wahlteile deutlich im Wert zu steigern.

Beide Lafettenkästen sind falsch ausgeführt, der eine ist zu breit und passt deshalb nicht zwischen die Wangen der Wandlafette, dem anderen fehlen die Transportstangen, die das Gewicht des Kastens tragen. Das System Gribeauval zeichnete sich dadurch aus, dass viele Einzelteile und Baugruppen standardisiert und daher austauschbar waren. Italeri hätte dies im Modell darstellen müssen.

Die mitgelieferte Protze ist viel zu breit, sie weicht deshalb in der Spurweite ganz deutlich von den beiden Geschützen ab. Der Gesamteindruck ist nicht zufriedenstellend. Der Protzkasten müsste von Deichsel und Schlepphaken getrennt, 5 mm gekürzt und wieder zusammengeklebt werden. Wer diese aufwendige Reparatur scheut, kann ein realistischeres Modell aus Zinn verwenden.

Auf der Rückseite der Verpackung fehlt der Farbvorschlag für Geschütz und Protze. Französische Geschütze waren olivgrün bemalt. Die Farbe wurde aus 2500 Gramm Ocker und 30 Gramm Schwarz gemischt, also etwa im Verhältnis 80:1. Metallteile waren schwarz lackiert, die Rohre aus Bronze wurden auf Glanz poliert.

Die Zugpferde sind mit nur 151 cm Widerristhöhe ungewöhnlich klein. Die Zugriemen sind viel zu dick ausgeführt, deshalb passen die Trainsoldaten nicht auf die Zugpferde. Der Fehler lässt sich korrigieren, indem dünne Zugriemen aus Papier oder Aluminiumfolie verwendet werden. Der Mantelsack hinter dem Sattel war bei der reitenen Artillerie rund, nicht rechteckig. Der Fehler kann korrigiert werden, indem man den Artilleristen auf ein Husarenpferd setzt.

Interessante Umbauten

Französische reitende Garde-Artillerie 1815
In Folge der schlechten Versorgungslage war die reitende Garde-Artillerie im Waterloo-Feldzug sind mehr so prächtig ausgerüstet wie in den Jahren davor. Die Soldaten waren nicht mehr einheitlich uniformiert, viele trugen Overalls an Stelle der Husarenhosen, und an den Kolpaks fehlten die sonst üblichen Federstutze. Wer die Figuren für den Waterloo-Feldzug verwenden möchte, wird entsprechende Umbauten vornehmen wollen.

Französische reitende Artillerie 1804–1812
Ab 1804 wird der konische Tschako mit rotem Stutz und roten Behängen getragen. 1812 wir bei der reitenden Artillerie an Stelle der Husarenuniform der Spencer eingeführt.

Der Kanonier № 2, der den Wischer in beiden Händen hält, kann zum Richtkanonier (№ 1) umgebaut werden, indem der Wischer gekürzt und an der Spitze entsprechend zurechtgebogen wird.

Der berittene Artillerist kann zum Trompeter umgebaut werden. Das Instrument wird einem Husaren oder Chasseur à Cheval abgenommen. Diese Figure kann als Elitehusar verwendet werden. In diesem Fall wird hinter dem Sattel eine runder Mantelsack montiert.

Die Figuren der reitenden Garde-Artillerie sind für Sammler und Wargamer interessant. Wer Dioramen baut, wird die Typenvielfalt durch Umbauten erhöhen und die Protze gegen ein realistischeres Modell eintauschen wollen.

Italeri Figuren

Figuren der reitenden Artillerie der französischen Kaisergarde