Kantonierung

Kantonierung.

Kantonierung und Kantonierungsquartier, s. Ortsunterkunft. Wenn die Truppen im Kriege in Städte und Dörfer verteilt sind, und daselbst sich einige Zeit aufhalten, so liegen sie in Kantonierung, es sei nun ganz nahe vor dem Feind, oder dass der Feind weiter entfernt, oder gar nicht in der Gegend ist; dann geschieht dies zur Erholung der Truppen. Auch wenn sie vor oder nach einem Kriege im fremden Land liegen, und überhaupt, wenn sie sich nicht in ihrer Garnison oder auf dem Marsch befinden, heißen ihre Quartiere Kantonierungsquartiere. In den letzteren Fällen werden nur, in Absicht auf die Bewachung dieser Quartiere, die in der Garnison üblichen Maßregeln genommen; anders ist es aber vor dem Feind.

1) Wenn der Feind 6 oder mehrere Meilen entfernt steht; dann hat man nur eine Hauptwache, und kleinere Wachen an den Ausgängen des Ortes, welche nahe um denselben eine Kette von Posten ziehen. Detachements, welche man außerdem in einiger Entfernung aufstellt, zeigen dann schon die Annäherung des Feindes früh genug an, um andere Maßregeln zu treffen; die Mannschaft liegt ruhig in ihren Quartieren. 2) Wenn der Feind näher steht. Man hat dann entweder einen unmittelbaren Angriff zu erwarten, oder nicht. Im letzteren Falle besetzt man die Ausgänge des Ortes, und umgibt ihn mit Posten; an irgend einem Ort, wo man weit um sich sehen, und das Schießen von den Vorposten, oder die abgeredeten Alarmschüsse oder die brennenden Fanale sehen kann, setzt man eine schwache Wache aus, die sogleich davon Meldung macht, so wie sie etwas sieht oder hört. Das Geschütz und die Bagage werden aufgefahren, wo es am bequemsten ist, und wo sie am leichtesten nach ihrem Bestimmungsort abgefahren werden können; den Truppen wird ein Alarmplatz bestimmt, und es kommt nur darauf an, dass sie so geschwind als möglich zusammen kommen. Die Wege in der Gegend umher werden gut ausgebessert; Brücken und hohle Wege werden gut besetzt, und in die angezeigte Position, welche die Truppen nach der Alarmierung nehmen sollen, werden Feldwachen gelegt. Dies geschieht besonders, wenn man bestimmt ist, den Vorposten zum Repli zu dienen. In der Gegend umher gehen öfters Patrouillen, und ist der Ort sehr weitläufig, so zieht man die Truppen in der Nacht enger zusammen. In allen Quartieren muss Licht brennen, und auf den Straßen stehen Schildwachen, welche sogleich Lärm machen, sobald sie schießen hören; die Kavallerie hat des Nachts gesattelt, die Artillerie die Pferde angeschirrt.

Hat man aber einen unmittelbaren Angriff zu erwarten, so muss die Vorsicht verdoppelt werden, und man setzt dann Feldwachen und Piketts aus. Ist man dazu zu schwach, so umgibt man den Ort mit einer Kette von Vorposten, bei der Infanterie auf 400 Schritt, bei der Kavallerie auf 600; diese Chaine muss aber auch da sein, wenn man wirklich Feldwachen ausgesetzt hat; sie ist das, was bei Lägern die Fahnen-, Standarten- und Brandwachen mit ihren Schildwachen sind; die dazu gehörigen Wachen nennt man dann Dorfwachen; in Städten sind es die Torwachen. Bei solchen Kantonierungen kommt es häuptsächlich darauf an, 1) die Ankunft des Feindes bald zu erfahren, 2) ihm beim Anfall Hindernisse in den Weg zu legen, damit man Zeit gewinnt, die gehörigen Maßregeln zu nehmen. Daher gehen, außer den nach allen Seiten hin ausgestellten Feldwachen, auch beständige Patrouillen zwischen diesen und dem Feind, und des Nachts sind Piketts zur Unterstützung der Feldwachen bereit. Défiléen vor der Front macht man impraktikabel, und setzt Wachen in die Nähe zur Benachrichtigung; Défiléen hinter der Front werden stark besetzt, und müssen dieselbe verteidigen. Sind die vor der Front gelegenen impraktikabel gemachten Défiléen zu weit, um Wachen dahin zu setzen, so müssen wenigstens beständige Patrouillen dahin gehen.

Vor allen Dingen macht man den Leuten einen Alarmplatz bekannt, wo sie sich bei Tage sammeln, der so gelegen ist, dass er von dem zum Rückzug angewiesenen Weg nicht abgeschnitten werden kann. Ist dieser Alarmplatz nicht im Ort, so muss man sich im Ort formieren, und mit den Truppen dahin marschieren. Die Kavallerie hingegen formiert sich nie im Ort, sondern sucht sogleich das Freie, (s. Alarmplatz). Das Geschütz ist immer auf einen Fleck aufgefahren, daher leicht in Bewegung zu setzen; es steht da, wo man das Terrain am besten übersehen kann, und ist gehörig gedeckt. Liegt der Ort an einem Défilé, so muss man das Geschütz so stellen, dass der Feind unter unserem Kartätschenfeuer débouchieren muss. Sind mehrere Orte, wo das Geschütz vorteilhaft stände, so richtet man sich so ein, dass man es mit leichter Mühe daselbst auffahren kann, und bessert die Wege dahin aus. Bei allen diesen Maßregeln muss man jedoch immer die von seinen Oberen erhaltene Instruktion vor Augen haben.

Soll man den Ort behaupten, so muss man alle Verteidigungsmittel, nach den Regeln der Feldbefestigungskunst, anwenden. Man macht Verhacke und Wolfsgruben vor den Ort, umgibt ihn mit Palisaden und Schanzen. Ist der Ort zu groß, so setzt man nur einen Teil in Verteidigungszustand, wenn er sich separieren lässt; geht dies nicht, so erbaut man eine feste Schanze in demselben, in der man sich halten kann und die den Ort dominiert. Wo in mit Mauern umgebenen Städten ein Wasser durch den Ort fließt, setzt man sich hinter denselben, demoliert aber vorher alle in Flintenschussweite von der zu verteidigenden Stellung liegenden Häuser; noch besser ist es, den dem Feind preisgegebenen Teil der Stadt zu verbrennen. Auf den Fall, dass Zeit, Gegend und Umstände alle diese Verfügungen nicht zulassen, und man nicht stark genug ist, den Ort in seinem ganzen Umfang zu besetzen, lässt man denselben ringsum bewachen, sammelt sich im Fall der Annäherung des Feindes auf einem oder zwei Plätzen, und greift dann den Feind da, wo er in den Ort eindringen will, selbst mit dem größten Ungestüm an. Kirchen, Kapellen, herrschaftliche Gebäude etc., die den Ort dominieren, setzt man in Verteidigungsstand, und hält sich in denselben, wenn der Feind auch wirklich den Ort bereits forciert hätte.

Hat man nicht den Befehl, einen Ort zu behaupten, so setzt man bloß den Ort gegen den ersten Anfall in Verteidigungszustand, und zieht sich bei Tage aus demselben, wenn der Feind überlegen ist; in der Nacht aber verlässt man ihn bei einem Angriff in jedem Falle. Steht man sehr nahe vor dem Feind, so wird die Mannschaft in der Nähe des Alarmplatzes in Alarmhäuser gezogen. Die Bagage ist gewöhnlich in solchen Quartieren zurückgeschickt; hat man sie dennoch bei sich, so muss sie während der Nacht auf dem zum Rückzug bestimmten Weg zum Abfahren bereit sein. – S. auch Kordon.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe