Kaserne

Kaserne III in Ludwigslust.

Kaserne (ital. caserma, vielleicht entstanden aus casa d’arme, »Waffenhaus«, daher im älteren Deutsch Kasarme), Gebäude zur dauernden Unterbringung von Truppen. Alle größeren Staaten streben aus militärischen Gründen die Durchführung der Kasernierung an. Bereits die römischen Kaiser erbauten Kasernen, der moderne Kasernenbau aber beginnt erst mit der Errichtung stehender Heere: Vauban entwarf 1680 das erste bis ins 18. Jahrhundert gültige System für seine Kompaniekaserne. Bei der Anlage ist Zentralisations- und Dezentralisationssystem zu unterscheiden: ersteres sucht möglichst viel Truppen mit allen für Dienst und Verwaltung nötigen Nebenräumen unter einem Dach unterzubringen, letzteres, dem die moderne Gesundheitslehre immer mehr zum Sieg verhilft, verteilt Mannschaften, wie Verwaltungs- etc. Räume auf mehrere kleinere Gebäude. Zum Zentralisationssystem gehören: System Vauban: hohe Gebäude, geschlossene Höfe, viel Treppen, um die herum die Räume liegen, bis 1874 in Frankreich gebräuchlich; System Belmas: Mittelkorridor; spanisches System: Seitenkorridor nach dem geschlossenen Hof hin; Linearsystem: das Gebäude, in der Längsrichtung mit nur kurzen Flügeln sich erstreckend, hat nach dem offenen Hof hin einen breiten, hellen, luftigen Korridor; dieses System ist das beste unter den zentralisierten Kasernen, und hat z. B. in Dresden Vortreffliches geleistet. Doch steht es den nachstehend genannten Arten des Dezentralisations- oder Blocksystems noch wesentlich nach, besonders vom Standpunkt der Gesundheitslehre.

Das 1861 in England eingeführte Pavillonsystem, mit einzelnen, höchstens zweistöckigen, von beiden Seiten zu lüftenden Gebäuden für je rund 100 Mann, ließ die 1826–46 auf 17,8 vom Tausend ermittelte Sterblichkeit auf 8,43, die Sterblichkeit an der Schwindsucht von 7,8 auf 2,5 sinken. Noch weitere Dezentralisation fordert das 1875 von Tollet aufgestellte System, bei dem den Anforderungen der Gesundheitslehre auch durch Verminderung des Baumaterials, Vermeidung von infektionsfähigen Stoffen (Verwendung von Eisen) und Vermeidung von Winkeln und Ecken Rechnung getragen wird. Tollet forderte 3,5 m² Grundfläche und 22 m³ Luftraum für den Infanteristen, bez. 4,2 m² und 25 m³ für den Kavalleristen. Das durch seine leichte Bauart zunächst für milde Klimate geeignete Tolletsche System ist durch die österreichischen Ingenieure Gruber und Völkner vermittelst Umwandlung der Spitzbogen in Rundbogen und Einfügung ruhender Luftschichten in Wände und Decken auch für kalte Klimate geeignet gemacht worden und hat sich durch ganz bedeutende Besserung des Gesundheitszustandes der Truppen trefflich bewährt.

In Deutschland wird die Garnison-Gebäudeordnung vom 6. Jan. 1899 den Grundsätzen des Dezentralisationssystems in weitgehender, aber jede Übertreibung vermeidender Weise gerecht. Es wird für den Mann 4,5 m² Flächenraum, 15–16 m³ Luftraum, für die Höhe der Zimmer 3,8 m gefordert; nach Bedürfnis sind als gesonderte Gebäude zu errichten: Mannschaftsgebäude (für ein Bataillon, Kavallerieregiment oder Artillerieabteilung ein Gebäude oder mehrere kleine für 1 bis 2 Kompanien etc.), Wirtschaftsgebäude (Küchen etc.), Offizierspeiseanstalt, Familiengebäude (für verheiratete Unteroffiziere), Stabsgebäude, Exerzierhaus, Stall, Krankenstall, Reitbahn, Beschlagschmiede, Patronenhaus, Kammergebäude, Feldgerätschuppen, Friedensgerätschuppen, Bedürfnisanstalten. Ein großartiges Beispiel moderner dezentralisierter Anlage ist die Kaserne des 4. Garderegiments zu Fuß in Berlin Nordwest. Auch bei älteren, zentralisierten Kasernen, so besonders vorteilhaft in einigen sächsischen, ist den Grundsätzen der Dezentralisation dadurch Rechnung getragen, dass für die verschiedenartigen Bedürfnisse gesonderte Räume geschaffen sind: Wohnräume, Schlafsäle, Speisesäle, Putzräume, Wachstuben etc. Sofern sich der Grund und Boden nicht zu teuer stellt, verursachen übrigens dezentralisierte Bauten nicht wesentlich mehr Kosten als zentralisierte. Die militärische Zucht und Ordnung in der Kaserne überwacht ein Offizier als militärischer Kasernenvorsteher mit Hilfe eines Offiziers und der Unteroffiziere vom Kasernendienst. Die hierfür geltenden Vorschriften sind in der Kasernenordnung zusammengefasst.

Bibliographie

  • Richter, Fr.: Gebäude für militärische Zwecke, im »Handbuch der Architektur«, 2. Aufl., Bd. 7 (Darmst. 1900)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe