Kundschafter
Kundschafter, ein als Kombattant auch äußerlich durch seine Uniform erkennbares Mitglied der im Felde stehenden Truppen, das auf offenem Wege sich in den Besitz wichtiger Nachrichten über Stellung, Stärke, Pläne etc. des Feindes zu setzen und dadurch den eigenen Kriegserfolg zu unterstützen sucht. Er ist wie ein Feind zu behandeln.
Im Gegensatz zu ihm steht der Spion, der ohne Kennzeichen seiner Zugehörigkeit zum Feind in harmloser und versteckter Weise das gleiche anstrebt wie der Kundschafter. Er wird nicht als Feind behandelt, gleichviel, ob unedle oder edle Motive ihn zu seinem Tun bestimmten, gleichviel, ob er ein Angehöriger des kriegführenden Landes oder eines anderen Staates ist; seine Strafe ist in der Regel Erschießen oder Erhängen. Die Brüsseler Deklaration von 1894 und ihr sich anschließend die Haager Konferenz von 1899 erklären denjenigen als Spion, der heimlich oder unter falschem Vorwand in dem Operationsgebiet einer Kriegspartei Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht, in der Absicht, sie der Gegenpartei mitzuteilen. Jedoch soll nach der Haager Konvention (Art. 30) auch der auf frischer Tat ergriffene Spion nicht ohne vorausgegangenes Urteil bestraft werden.
Den Kundschafter stellt die Haager Konvention gleich die Träger militärischer Depeschen (Kuriere), gleichviel ob sie Militär- oder Zivilpersonen sind, sofern sie ihren Auftrag offen ausführen, und die Luftschiffer, die Nachrichten überbringen oder die Verbindung zwischen geteilten Heeres- oder Gebietsteilen aufrecht erhalten.
Militärische Kundschafter, in Friedenszeiten kurzweg Spione genannt, wurden früher in der Regel des Landes verwiesen; in der neueren Zeit aber werden sie zumeist, so auch nach dem deutschen Reichsgesetz vom 3. Juli 1893, mit schweren Strafen belegt (vgl. Spionage).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909