Lüneburg
Lüneburg, Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks in der ehemaligen preußischen Provinz Hannover, sowie des ehemaligen Fürstentums Lüneburg, heute große selbständige Stadt und Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises in Niedersachsen, an der schiffbaren Ilmenau, 13 m ü. M., hat im Innern zahlreiche altertümliche Häuser, während die mit schönen Gärten gezierten Vorstädte ein modernes Aussehen zeigen.
Die ehemaligen Festungswerke sind meist verschwunden. Unter den Plätzen sind der Markt und der sogen. Sand die schönsten. Lüneburg hatte (1907) vier Kirchen, darunter eine katholische, außerdem eine Synagoge. Die evangelischen Kirchen, in den letzten Jahrzehnten sämtlich restauriert, sind: die Michaeliskirche (aus dem 15. Jahrh., mit den Begräbnisstätten der lüneburgischen Fürsten), die fünfschiffige Johanniskirche (die älteste, aus dem 14. Jahrh., im reinsten gotischen Stil ausgeführt, mit 113 m hohem Turm) und die Nikolaikirche (aus dem 15. Jahrh., mit großartigem Mittelschiff und 107 m hohem Turm). Sonstige bemerkenswerte Gebäude sind: das am Marktplatz liegende altertümliche Rathaus mit restaurierter Gerichtslaube (die Decken- und Wandgemälde sind von Münchener Künstlern wiederhergestellt), großem Fürstensaal, alten Bildnissen, Glasmalereien und Schnitzwerken etc. (von dem ehemals in demselben aufbewahrten Silbergerät (s. Lüneburger Silberschatz) sind gute galvanoplastische Nachbildungen hier ausgestellt worden); die großen Gebäude des ehemaligen Michaelisklosters (jetzt Seminar u. Landgericht); das alte Kaufhaus etc. Lüneburg hat ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. und ein Kriegerdenkmal.
Der Ort war schon 795 vorhanden, erhielt aber erst Bedeutung, nachdem auf einer natürlichen Feste, dem Kalkberg, 904 das Benediktinerkloster des heil. Michael gegründet wurde. 1655 wurde das Kloster in eine Ritterschule umgewandelt, 1382 in die Stadt verlegt.
Als sich die Stadt, begünstigt durch den Untergang des nahen Bardowiek unter Heinrich dem Löwen (1189), ausdehnte, trat eine Vereinigung mit dem Archidiakonatssitz Modestorpe an der Ilmenau ein. Die älteste Bestätigung des Stadtrechts ist von 1247. Als Mitglied der Hanse hatte Lüneburg als Bindeglied zwischen dem wendischen und sächsischen Städteverein besondere Bedeutung. Das gute Verhältnis der Stadt zu den Landesherren wurde nach dem Aussterben der älteren Linie des Fürstenhauses (1369) gestört. Kaiser Karl IV. belehnte 1370 die Herzöge von Sachsen mit den lüneburgischen Landen; die Stadt, durch den Übermut des Herzogs Magnus von Braunschweig gereizt, schloss sich ihnen 1371 an. Das Welfenschloss auf dem Kalkberg wurde zerstört, die Bürgerschaft schlug einen Überfall des Herzogs Magnus von Braunschweig in der Ursulanacht 1371 blutig zurück und entschied den Erbfolgekrieg zugunsten der Herzoge von Sachsen-Wittenberg.
Als Magnus’ Söhne 1373 ihr Land zurückeroberten, wahrte Lüneburg seine Selbständigkeit und erwarb in den beiden folgenden Jahrhunderten trotz vieler Differenzen mit den Herzogen und trotz einer schweren Krisis im sogen. Prälatenkrieg (1450–57) Macht und Wohlstand. Ohne sonderliche Kämpfe wurde 1530 die Reformation eingeführt. Das letzte Viertel des 16. Jahrhunderts bedeutete für die Stadt den Höhepunkt ihres Ansehens; dann ging es bergab.
Im Dreißigjährigen Krieg 22. Aug. 1636 von den Schweden unter Banér besetzt, wurde Lüneburg durch Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg 13. Sept. 1637 eingenommen, die schwedische Besatzung kapitulierte. Der Kalkberg blieb fortan als Zwingfeste in der Gewalt des Herzogs; Lüneburg war auf die Stufe einer einfachen Landstadt herabgesunken. Der wirtschaftliche Niedergang, gefördert durch eine völlig veraltete Ausnutzung der Salzquelle, wurde immer fühlbarer; nur der Frachttransport behielt noch eine gewisse Bedeutung, da die Waren bis Lüneburg auf der Ilmenau verschifft, von hier aus aber zu Wagen ins Binnenland geführt wurden.
In der französisch-westfälischen Zeit hatte Lüneburg, wie ganz Hannover, unerschwingliche Lasten zu tragen; am 2. April 1813 fand in und vor der Stadt das erste siegreiche Treffen (Gefecht bei Lüneburg) der Verbündeten am linken Elbufer statt.
Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts ist für die Stadt eine neue Blüte angebrochen.
Bibliographie
- Bodemann: Die ältern Zunfturkunden der Stadt Lüneburg (Hannov. 1883)
- Jürgens: Geschichte der Stadt Lüneburg (Lüneb. 1891)
- Reinecke: Lüneburgs ältestes Stadtbuch und Verfestungsregister (Lüneb. 1903)
- Volger: Urkundenbuch der Stadt Lüneburg (Lüneb. 1872–77, 3 Bde.)
- Volger: Lüneburger Blätter (Neudruck, Lüneb. 1902)
- »Des Propstes Jak. Schomaker Lüneburger Chronik« (hrsg. von Th. Meyer, Lüneb. 1904)
- »Jahresberichte des Museumsvereins für das Fürstentum Lüneburg« (Lüneb. 1878 ff.)
- »Lüenburger Museumsblätter« (Lüneb. 1904 ff.)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909