Markt
Markt (franz. Marché, engl. Market) bedeutet im weiteren Sinne das Absatzgebiet einer Ware. So spricht man vom Geldmarkt als dem Gebiet, auf dem Wertpapiere und edle Metalle gehandelt werden, vom Kapital-, Kredit-, Arbeitsmarkt, heimischen Markt u. dgl. Im engeren Sinn ist Markt der Ort, an dem zu bestimmten Zeiten Käufer und Verkäufer einander treffen. Das Bedürfnis nach Abhaltung solcher Märkte machte sich besonders in verkehrsarmen, unsicheren Zeiten geltend. Sie entstehen von selbst da, wo regelmäßige Zusammenkünfte von Menschen stattfinden, namentlich im Anschluss an religiöse Festlichkeiten. Die wesentliche Grundlage für die Entwicklung des Marktverkehrs ist überall ein besonderer Friede und Rechtsschutz, der dem Markt und seinen Besuchern zuteil wird. Die öffentliche Gewalt, die anfangs an den Märkten nur ein fiskalisches Interesse hat, indem sie den Marktverkehr mit Abgaben belegt, erkennt bald ihre verkehrswirtschaftliche Bedeutung an durch Erlass öffentlicher Anordnungen für Sicherheit, Regelmäßigkeit etc. (Marktordnungen, deren Aufrechthaltung der Marktpolizei obliegt), sodann durch Gewährung von Marktrechten und Privilegien. Die Hauptarten der Märkte sind die folgenden:
1) Die auf hervorragenden Plätzen der Stadt (Marktplätzen) abgehaltenen Wochenmärkte (nundinae). Sie sind in der Hauptsache Lebensmittelmärkte (Butter, Käse, Grünkram, Geflügel) und als solche noch heute unentbehrlich. Die Zusammendrängung dieses Verkehrs auf Märkten liegt im Interesse der Konsumenten, der raschen und billigen Lebensmittelversorgung der Städte. Freilich hat daneben ein Zwischenhandel (Hökerei) zu jeder Zeit stattgefunden und ist um so stärker geworden, je mehr die wachsende Ausdehnung der Städte dazu zwang, das flache Land auf immer weitere Entfernungen in Anspruch zu nehmen, so dass der Marktbesuch durch die kleinen Produzenten immer mehr erschwert, ja unmöglich wurde. Früher versuchte man, diesen Zwischenhandel in möglichst enge Schranken zu bannen, indem der Vorkauf vor den Toren der Stadt verboten und der Höker zum Kauf erst nach Verfluss einer bestimmten Zeit zugelassen wurde. Als in neuerer Zeit diese alten Vorkaufsverbote aufgegeben wurden und werden mussten, da auch die Landleute die Märkte in den großen Städten wegen des damit verbundenen Zeitverlustes immer weniger aufsuchten, musste sich naturgemäß der Stand der Verkäufer verändern. Auf den einmal oder zweimal wöchentlich abgehaltenen Märkten der kleineren Städte verkauft noch überwiegend der ländliche Produzent selbst. In den größeren Städten wird er mehr und mehr ersetzt durch den kleinen und größeren Zwischenhändler, der von Dorf zu Dorf zieht und die Waren für den Markt zusammenkauft. Für den Verkauf von Handwerkerwaren auf dem Wochenmarkt besteht in der Regel auch in kleineren Städten kein Bedürfnis mehr.
Die Erwägung, dass Wochenmärkte unter freiem Himmel die Gesundheit von Käufern und Verkäufern gefährden, der guten Erhaltung der Ware schaden, den freien Verkehr beeinträchtigen und die Gesundheit bedrohende Unreinlichkeiten hinterlassen, hat zur Einrichtung gedeckter Markthallen (franz. halles, Zentralmarkthallen) geführt, wie solche Ende des 19. Jahrhunderts in mehreren großen Städten errichtet worden sind (vgl. Markthallen). An großen Orten, wie insbes. in den Hallen von Paris, hat sich aus dem alten Wochenmarkt ein großartiges zentralisiertes Geschäft mit örtlicher Scheidung der einzelnen Artikel sowie eine Trennung zwischen Verproviantierungs- oder Zentralmarkt für den Großhandel und Detailmarkt herausgebildet. In den Hallen des ersteren erscheinen als Käufer die Zwischenhändler, welche die Produkte an die Detailhändler absetzen oder dieselben unmittelbar an die Konsumenten im Laden oder auf dem Detailmarkt verkaufen. Beide Märkte sind in Paris räumlich voneinander getrennt, während in London auf den meisten Marktplätzen der Detailverkauf dem Großverkauf zeitlich folgt. Während die Wochenmärkte allwöchentlich einmal oder mehreremal abgehalten werden, kehrt
2) der Jahrmarkt nur einmal oder mehrmals im Jahre wieder. Er unterscheidet sich von jenen außerdem durch den größeren Umfang des zulässigen Verkehrs, indem auf Jahrmärkten außer den in § 66 der Gewerbeordnung genannten Gegenständen des Wochenmarktverkehrs Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten werden dürfen. Zu den Jahrmärkten werden gesetzlich auch die Messen (s. d.) zu rechnen sein, die von jenen sich im wesentlichen nur durch den Umfang unterscheiden. Ursprünglich waren die Jahrmärkte an kirchliche Feste angeknüpft, die viele Kauflustige zusammenführten. Sie gaben Gelegenheit, sich mit Waren zu versorgen, die am Orte nicht zu haben waren, und bildeten auch wohl ein Mittel, zeitweilig die Schranken der Bann- und Zunftprivilegien zu durchbrechen. Man nannte deshalb den Jahrmarkt hier und da auch Freimarkt oder Dult (von indulgere, erlauben). Die moderne Entwicklung des Verkehrs, Gewerbefreiheit und Freizügigkeit haben den Jahrmarkt meist überflüssig gemacht. Doch behauptet er an kleineren, dem Verkehr entrückten Orten seine Bedeutung. Im übrigen wird er nur noch durch die mit ihm verbundenen Volksbelustigungen oder durch die Einnahme, die er der Gemeindekasse abwirft, erhalten. Für das Deutsche Reich war der Marktverkehr gesetzlich geordnet durch § 64–71 der Gewerbeordnung. Mehr und mehr an Bedeutung gewannen im 20. Jahrhundert
3) die Spezialmärkte für einzelne Gattungen von Gegenständen, insbes. Rohstoffe (Vieh, Wolle, Garn, Hopfen etc.), namentlich solche, die von vielen kleinen Produzenten hervorgebracht werden, und deren Erzeugung an bestimmte Jahreszeiten gebunden ist. Dieselben sichern dem zerstreuten Kleinbetrieb die Vorteile des Großbetriebes und eines konzentrierten Marktes mit regelmäßigerer, von individuellen Zufälligkeiten und wucherischer Ausbeutung freierer Preisbildung. Vgl. die Werke über deutsche Wirtschaftsgeschichte von Karl Lamprecht (s. d.) und v. Inama-Sternegg (s. d.); das von Blenck jährlich herausgegebene »Verzeichnis der Märkte u. Messen« (Statistisches Landesamt in Berlin).
Bibliographie
- Huvelin, Essai historique sur le droit des marchés et des foires (Par. 1897)
- Kainz, Marktordnung in Österreich (in dem Sammelwerk »Soziale Verwaltung in Österreich am Ende des 19. Jahrhunderts«, Wien 1900)
- Rathgen, Märkte u. Messen (im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, 2. Aufl., Jena 1900; Bd. 5, S. 691 ff.)
- Rietschel, Markt und Stadt in ihrem rechtlichen Verhältnis (Leipz. 1897)
- Syrovatka-Pán, Das österreichische Marktrecht (aus der »Österreichischen Zeitschrift für Verwaltung«, Wien 1902)