Nikolajew

Nikolajew (Mykolajiw), Kriegshafen und Handelsplatz im [ehem.] russischen Gouvernement Cherson, in der ukrainischen Oblast Mykolajiw, liegt auf einer von den Flüssen Bug und Inhul, die sich heir vereinigen, gebildeten Halbinsel, 40 km nördlich von der Mündung des ersteren in das Schwarze Meer, an der Eisenbahn Charkiw–Mykolajiw, und besteht aus vier Bezirken, die mit sechs mehrere Kilometer von der eigentlichen Stadt entfernten Vororten zu einer Stadthauptmannschaft (der Chef des Kriegshafens ist gleichzeitig Stadthauptmann) vereinigt sind. Der Odessaer und Moskauer Bezirk enthalten die öffentlichen Gebäude, Läden, Niederlagen und Kontore und bilden so die eigentliche Stadt, während die anderen Teile, der erste und zweite Admiralitätsbezirk sowie die Vororte vollkommen Dörfern gleichen und deshalb auch »Slobodki« heißen. Die Stadt hat breite, rechtwinklig sich kreuzende Straßen; die schönste Straße und zugleich Promenade ist der Boulevard am Ufer des Inhul. Sehenswert ist das Denkmal des Admirals Greigh, das auf originelle Weise mit Kanonen und Mörsern, Ankern und dergleichen geschmückt ist. Dem Gottesdienst sind gewidmet: 17 orthodoxe, eine katholische, eine lutherische Kirche, zwei jüdische und eine karaitische Synagoge nebst mehreren jüdischen Betsälen und eine tatarische Moschee. Von öffentlichen Gebäuden sind erwähnenswert: die Amtsgebäude der Flotten- und der Stadtverwaltung, das Kommandanturgebäude, das Haus der Flottenkapitäne, das Artilleriearsenal, die ausgedehnte Feuerwerkerei. Nikolajew hat ein großes Marinehospital und fünf andere Krankenhäuser, eine Pferdebahn, eine Sternwarte mit Kompassobservatorium, 86 Schulen, darunter zwei Gymnasien (eins für Mädchen), eine Realschule, eine Navigationsschule, zwei Technische Schulen, ein Zollamt erster Klasse und (1897) 92.060 Einwohner (darunter viele Deutsche, Juden, Karaiten und Tataren). Seit Gründung Nikolajews befinden sich hier ausgedehnte staatliche Werften für den Bau von Kriegsschiffen (mit sehenswertem schwimmenden Dock); neuerdings ist eine große private (belgische) Schiffswerft errichtet. Im ganzen zählt man 56 industrielle Anlagen mit einem Produktionswert von 8–9 Mill. Rubel. Nikolajew besitzt vier Häfen: den Kriegshafen am Inhul nördlich der Stadt, den Hafen der Russischen Dampfschifffahrtsgesellschaft am Bug, seit 1863 den Handelshafen südlich der Stadt an der sogenannten Popowaja Balka und seit 1893 den neuen Hafen für die Küstenschifffahrt. Es betreibt einen lebhaften Ausfuhrhandel, der 1902 einen Wert von 67¼ Mill. Rubel erreichte. Hauptausfuhrartikel sind Getreide, hauptsächlich Weizen, Gerste, Roggen, daneben Mangan- und Eisenerze, Ölkuchen. Die Einfuhr wertete 1902 nur 93.905 (1901 aber 826.928) Rubel. Von kommerziellen Anstalten sind die Städtische Bank, die Filialen der Staatsbank und mehrerer anderer Kredit-, Versicherungs- und Transportanstalten zu nennen. Nikolajew steht in regelmäßiger Dampferverbindung mit Odessa, Cherson, den Häfen des Bug und ist mit Odessa auch telefonisch verbunden. Nikolajew ist Sitz des Hauptkommandierenden der Schwarzmeerflotte, vieler Flottenverwaltungs-, Hafen- und Werftbehörden sowie der Konsuln vieler fremder Staaten (darunter auch eines deutschen Vizekonsuls). Nikolajew wurde 1788 von dem Fürsten Potemkin als Admiralitätsstadt für die Schwarzmeerflotte gegründet und in der Folge stark befestigt. Die jetzigen Befestigungen bestehen aus einer 7 km unterhalb der Mündung des Inhul mitten in dem hier über 2,5 km breiten Bug erbauten Batterie und einer Reihe von Batterien und Redouten an beiden Flussufern.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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