Infanterist und Offizier, 1720–1820
Testbericht der 45 mm Zinngießform von Nürnberger Meisterzinn
Die Vielfachform von Nürnberger Meisterzinn enthält zwei Figuren, drei Köpfe mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen, und zwei Waffen. Die fertig gegossenen Teile lassen sich vielfältig kombinieren und mit Sekundenkleber fixieren. Auf diese Weise entstehen marschierende oder avancierende Infanteristen und Offiziere. Die austauschbaren Köpfe werden mittels konischer Stifte in den Torso der Figur gesteckt. Die Steckverbindung ist ohne Klebstoff stabil genug, weshalb man die Köpfe auch nach dem Bemalen jederzeit auswechseln könnte. Ein preußischer Soldat des Siebenjährigen Krieges ließe sich dann mit einem Handgriff in einen französischen oder württembergischen Infanteristen der Napoleonischen Kriege verwandeln. Wer mit den Figuren von Nürnberger Meisterzinn Simulationsspiele verschiedener Epochen durchführen möchte, wird diese Flexibilität vielleicht besonders schätzen.
Inhalt
- Offizier mit Ringkragen, erhobener Arm
- Soldat mit einreihigem Rock, angewinkelter Arm
- Steinschlossgewehr ohne aufgepflanztes Bajonett
- Sponton
- Dreispitz mit Cordon
- Zweispitz mit Federbusch
- Raupenhelm mit Bügel
- Gießkeil (2)
- Malvorlage
Bewertung
Exzellente Themenwahl, die Meisterzinn Vielfachform bietet mehrere kompatible Bauteile für Figuren verschiedener Epochen. Der Infanterist kann mit dem Gewehr auf der Schulter dargestellt werden, oder aber bei einem der Ladegriffe, während er mit seiner rechten Hand nach der Patronentasche greift. Sein Offizier eignet sich auch als Fähnrich, dem eine Fahnenstange aus Holz oder Messing in die Hand gegeben wird. Das Füllen der Gießform gelang mit bleifreiem Lötzinn Bi58Sn42 perfekt. Lediglich bei Zinn 98 % traten Fehlgüsse auf, da der Sponton über einen sehr kleinen Eingusstrichter befüllt wird.
Die Infanterist trägt eine Uniform mit Aufschlägen in Bundform, die in der französischen Armee beispielsweise erst 1736 eingeführt wurden. Anhand der Größe der Aufschläge und Schoßumschläge lässt sich die Uniform des Soldaten etwa auf den Zeitraum vom Österreichischen Erbfolgekrieg bis zum Bayerischen Erbfolgekrieg datieren. Wer die Figuren für spätere Epochen verwenden möchte, könnte die Aufschläge mit der Feile reduzieren.
Das Steinschlossgewehr entspricht mit 37 mm Länge ungefähr der britischen Brown Bess oder dem französischen Mousquet Charleville Modèle 1777. Die Waffe wäre mit aufgeplanztem Bajonett noch interessanter gewesen. Der Soldat ist daneben mit einem Infanteriesäbel bewaffnet, der in vielen Armeen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts den Grenadieren vorbehalten war. Französische Grenadiere des 18. Jahrhunderts trugen den Dreispitz, der hier ebenfalls vorhanden ist. Für die Grenadiere der meisten anderen Kriegsparteien benötigt man hingegen Köpfe mit Grenadiermützen britischen, preußischen, oder österreichischen Musters, die in dieser Gießform fehlen. Die preußische Grenadiermütze findet sich immerhin in der Meistzinn Mehrfachform Nr. 1324.
Der in der Gießform enthaltene Zweispitz wird quer getragen, wie es bei der französischen Generalität und der Infanterie der Revolutionskriege üblich war. Russische, sächsische, und portugiesische Offiziere trugen den Zweispitz auf die selbe Weise, allerdings nur mit Kokarde, ohne Federbusch oder Pompon. Bei den Briten und Bayern zeigte die Spitze nach vorne. Entsprechende Umbauten lassen sich schnell und einfach aus Papier herstellen, sobald die alte Kopfbedeckung mit der Feile entfernt worden ist.
Der Raupenhelm mit Bügel erinnert an den Helm der württembergischen Armee der Napoleonischen Kriege. Britische Life Guards und Dragoon Guards, holländische Carabiniers, französische Carabiniers und die Pioniere der Kaisergarde trugen ähnliche Helme. Leider fehlt der Raupenhelm der österreichischen und badischen Infanterie von 1805, dessen Helmraupe deutlich schmäler ausfällt. In der Meisterzinn Vielfachform Nr. 1329 findet sich ein passender bayerischer Raupenhelm der Napoleonischen Kriege.
Die in der kleinen Malanleitung dargestellten Soldaten sind schwer oder gar nicht zu identifizieren. Hier wäre eine entsprechende Beschriftung und Datierung wirklich hilfreich gewesen, wenn es sich denn um historische Uniformen handelt.
Historische Verwendung
- Infanterie des Österreichischen Erbfolgekrieges, 1741–1748
- Infanterie des Siebenjährigen Krieges, 1756–1763
Mögliche Umbauten
- Infanterie des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, 1775–1783
- Infanterie des Bayerischen Erbfolgekrieges, 1778–1779
- Französische Infanterie der Revolutionskriege, 1792–1802
- Württembergische Infanterie der Napoleonischen Kriege, 1803–1815
Nürnberger Meisterzinn bietet mit dieser Vielfachform interessante Gestaltungsmöglichkeiten für Zinnsoldaten des 18. Jahrhunderts. Die Bauteile sind kompatibel mit Figuren, Waffen und Ausrüstung aus anderen Meisterzinn Vielfachformen.