Ochsengalle
Frische Galle dient zum Reinigen von Geweben und zum Fleckenauswaschen, gereinigte Galle zum Überziehen von Zeichnungen, um das Verwischen zu verhindern, zur Darstellung von Tusche aus Lampenschwarz und zum Anreiben feiner Wasserfarben. Die damit bereiteten Farben haften gut auf dem Papier, breiten sich schön und gleichmäßig aus, trocknen schnell und zeigen keinen störenden Glanz. Reibt man Elfenbein mit Galle ab, so haften die Farben darauf ebensogut wie auf Papier; ebenso benutzt man Galle, um auf geöltes oder gefirnisstes Papier, das zu Transparentbildern benutzt werden soll, malen zu können.
Gallenseife erhält man durch Zusammenschmelzen von 8 Teilen eingetrockneter Ochsengalle, 60 Teilen Seife, 12 Teilen Zucker, 4 Teilen Honig, 4 Teilen venezianischem Terpentin, 2 Teilen Ammoniakflüssigkeit.
Galle ist das Absonderungsprodukt der Leber, aus der sie teils direkt in den Zwölffingerdarm abfließt, teils in die Gallenblase übergeht, um von hier aus in den Darm zu gelangen. Die Bedeutung der Galle für den Verdauungsprozess bezieht sich vorzugsweise auf die Resorption der Fette im Darm.
Für technische Benutzung wird frische Galle mit dem doppelten Gewicht Alkohol gemischt, von dem abgeschiedenen Schleim abfiltriert und auf dem Wasserbad verdampft. Zum Entfärben der Galle löst man den Rückstand in Alkohol, schüttelt mit Tiefkohle, filtriert nach einigen Stunden und verdampft. Der Rückstand ist farblos, haltbar und wie frische Galle verwendbar. Billiger reinigt man Galle wenn man sie (Ochsengalle) 12 bis 14 Stunden ruhig stehen lässt, die klare Flüssigkeit vom Bodensatz abgießt und auf dem Wasserbad abdampft. Aus einer Lösung der mit Alkohol gereinigten Galle fällt Äther glykocholsaures Natron (kristallisierte Galle).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909