Maximilian Graf Baillet von Latour
k.k. General-Feldzeugmeister
Maximilian Graf Baillet von Latour, k.k. wirklicher geheimer Rat und Kämmerer, Großkreuz des militärischen Maria-Theresien-Ordens, General-Feldzeugmeister, Inhaber eines Dragoner-Regiments, und Hofkriegsrats-Präsident, dann Landmarschall der Landstände der Provinz Luxemburg in den ehemals k.k. Niederlanden, ward im Jahre 1737 auf dem Stammschloss Latour, Grafschaft gleichen Namens, in der Provinz Luxemburg geboren. Derselbe stammte aus einem uraltadelichen Geschlecht. Seine Ahnen dienten schon im fünfzehnten Jahrhundert den Herzogen von Burgund, späterhin aber der österreichisch-spanischen Monarchie von der Regierung Kaiser Maximilians des I. und Kaiser Karl des V. an, in angesehenen Militär- und Zivil-Würden drei Jahrhunderte hindurch.
Kaiser Karl der VI., welcher den Urgroßahnherrn desselben, Christoph Ernst, wegen der von demselben geleisteten wichtigen Dienste zum Chef-Präsidenten des geheimen Rats in Brüssel erhoben hatte, kreierte für ihn und seine Nachkommen im Jahre 1719 die Herrschaft Latour zur Grafschaft und zum Familien-Majorat; dieses Majorat ist durch die Ereignisse des französischen Revolutionskrieges verloren gegangen, indem F. Z. M. Graf Latour sich beim Frieden von Campo-Formio erklärte, mit seinen beiden Söhnen in k.k. Feldkriegsdiensten bleiben zu wollen. Er begann seine militärische Laufbahn im Jahre 1755 als Fähnrich bei Salm-Salm, rückte dort bis zum Hauptmann vor, und wohnte als solcher dem ganzen Siebenjährigen Krieg bei, in welchem er zur Belohnung seines ausgezeichneten Benehmens bei der Schlacht von Kolin zum Grenadier-Hauptmann ernannt wurde. Zum Lohn seiner erworbenen Verdienste ward ihm im Jahre 1767 die Majors-, 1769 die Oberstlieutenants-, und 1772 die Oberstenstelle bei demselben Regiment Salm (nachher Tillier und Klebeck, gegenwärtig E. H. Rudolph Nr. 14) zu Teil. Im Jahre 1777 ward ihm das Kommando eines Korps bei Wieliczka an der preußisch-schlesischen Grenze anvertraut, welches er zur vollkommenen Zufriedenheit seines Monarchen führte, wie es ihm weiland Kaiser Joseph schriftlich bezeugte.
Im Jahre 1782 zum General-Major befördert, wurde er gleich bei Anfang der in den Niederlanden ausgebrochenen Unruhen im Jahr 1787 aus Kärnten dahin versetzt, wo ihm im Jahr 1788 als ein Beweis des besonderen Zutrauens des Monarchen, und in Rücksicht auf seine durch viele Proben bewährte Treue und Anhänglichkeit die Würde des Landmarschalls der Luxemburgischen Landstände verliehen wurde. Als im Jahr 1789 die k.k. Truppen die empörten niederländischen Provinzen, mit Ausnahme der treu gebliebenen Provinz Luxemburg, räumten, ward ihm das Kommando über die zerstreuten Truppen erteilt, welche die Provinz und die wichtige Festung Luxemburg decken sollten, bis Verstärkung aus den k.k. Erbstaaten zur Unterwerfung der empörten Provinzen eingetroffen sein würden. Er ordnete unverzüglich als Landmarschall der Provinz Luxemburg die Bewaffnung der allein treu gebliebenen Luxemburger an, und vereint mit diesen und den wenigen Truppen, die er unter seinem Kommando hatte, war er so glücklich, durch seinen Eifer und seine guten Anordnungen, die ihm anvertraute Provinz zu retten, alle Anfälle dr zahlreichen Niederländer Rebellen in diesem Feldzug zurückzuschlagen und die Grenzen der Provinz Luxemburg gegen dieselben zu verteidigen.
Im Jahr 1790 ward dem Grafen Latour von weiland Kaiser Joseph dem II. als Anerkennung der zur Rettung der Provinz Luxemburg als Zivil- und Militär-Chef geleisteten wichtigen Dienste die Feldmarschall-Lieutenants-Würde und das tapfere Dragoner-Regiment d’Ursel (gegenwärtig Vincent Ch. L. Nr. 4), welches sich durch seine Bravour und bewährte Treue so sehr hervorgetan hatte, verliehen; zugleich wurde ihm von dem Monarchen die Beibehaltung des Kommandos über sämtliche in den Niederlanden befindliche k.k. Truppen für den kommenden Feldzug aufgetragen. Er hatte das Glück, auch in diesem zweiten Feldzug der Erwartung seines Herrn zu entsprechen, indem er die an Zahl viermal überlegenen Rebellen den 18. und 23. Mai bei Ichypes und Hagne schlug, ihnen 11 Kanonen und viele Gefangene abnahm, sie bis Affeze in der Provinz Namur verfolgte, und ihnen nachher während vier Monaten in mehr als dreißig Gefechten nicht allein den Einfall in die Provinz Luxemburg standhaft verwehrte, sondern auch die in der Provinz Namur genommene Position an der Maas, von Givet bis Namur, glücklich behauptete. Die Rebellen, welche mit dem Anrücken der Armee aus den Erbstaaten das Ende ihrer verbrecherischen Empörung herannahen sahen, beschlossen aus Verzweiflung einen allgemeinen Angriff auf die ganze Position der k.k. Truppen, die Croisade von ihnen genannt; sie versammelten daher eine Armee von 25.000 Mann, wozu eben so viele Bauern stoßen mussten, und unter Anführungs der Generale Schönfeld, Van der Mersch und des berüchtigten Van der Root, dann eine Menge fanatischer Priester, unternahmen sie am 22. September einen allgemeinen Angriff sowohl auf den linken Flügel bei Falmagne, als auf den rechten bei Maffe, und im Zentrum bei Florée, Wagnée, Sorinne und bei Asseze (Assesse). Sie wurden in dieser Hauptschlacht durch den F. M. L. Latour, ungeachtet ihrer großen Überlegenheit, gänzlich geschlagen, und verloren ihre Fahnen, 26 Kanonen und mehrere Tausend Gefangene nebst ihrem ganzen Gepäck. Durch diesen großen Schlag ward die Macht der Rebellen physisch und moralisch gebrochen, und der Weg zur Unterwerfung der empörten Provinzen gebahnt; Graf Latour ließ dieselben von allen Seiten verfolgen, zwang sie die von ihnen besetzte Provinz Limburg zu räumen, wodurch die Operationen der aus den Erbstaaten anrückenden Truppen sehr erleichtert wurden, rückte nach Namur vor, nahm diese Festung mit Hilfe der ersten angekommenen frischen Truppen, und vertrieb den Feind aus Mons. Während Feldzeugmeister Braun mit den neu angekommenen Truppen nach Brabant rückte, und Brüssel besetzte, rückte Graf Latour nach Flandern vor, und unterwarf die Städte Gent, Bruges, Ostende, in welchem Seehafen er sich aller Magazine der Rebellen bemeisterte, und somit der ganzen Rebellion ein Ende machte; die Häupter derselben flüchteten nach Holland und Frankreich. Es wurde ihm hierauf das Kommando der ganzen Provinz Flandern anvertraut, welches er bis zum Ausbruch des französischen Revolutionskrieges behielt.
Als Würdigung der in dem Krieg gegen die Niederländer Rebellen, in welchem er sich mit einigen Tausend Mann gegen eine Armee von 30.000 Mann wohlbewaffneter Truppen während zwei Feldzügen behauptete und die Festung und Provinz Luxemburg rettete, geleisteten Dienste, verlieh Kaiser Leopold dem F. M. L. Grafen Latour das Kleinkreuz des Maria-Theresien-Ordens, das seine Namen führende tapfere Dragoner-Regiment aber, welches in diesem Krieg durch seinen Mut und Treue so wesentliche Dienste geleistet hatte, erhielt die außerordentliche Auszeichnung einer großen goldenen Ehren-Medaille an der Obersten-Standarte mit dem Brustbild Kaiser Leopold des II. und der Aufschrift: A la fidelité et valeur signalée du Régiment de La Tour Dragons, reconnue par l’Empereur et Roy.
Als im Jahre 1792 der französische Revolutionskrieg ausgebrochen war, wurde dem Grafen Latour das Kommando des rechten Flügels der k.k. Armee unter dem Oberbefehl des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, und die Verteidigung der Provinzen Flandern und Tournaisis anvertraut. Er hatte das Glück, diese Provinzen vor den beinahe täglich wiederholten Angriffen der Franzosen zu bewahren, und seine ganze ausgedehnte Position, welche sich von Tournai über Courtray, Menin, Ypres, Dixmende bis Nieuport an der Seeküste erstreckte, zu behaupten, eroberte die französischen Städte Lannay, Orchies, St. Amand, und machte die Besatzungen derselben zu Gefangenen, hielt das feindliche Lager bei Maulde unter General Dumouriez durch drei Monate im Zaum, verfolgte diesen General, als er solches verlassen musste, und vertrieb ihn aus Mortagne und Château l’Abbaye, wo er ihm seine Magazine abnahm, und die damit beladenen Schiffe auf der Scarpe und Schelde nach Tournai bringen ließ. Als der Herzog das Bombardement der Festung Lille beschlossen hatte, wohnte er demselben mit seinem Korps bei, und nach dessen Aufhebung erhielt er abermals das Kommando in Flandern, und schlug daselbst alle feindlichen Angriffe auf Menin, Warwiek (Wervik) und Warneton glücklich zurück. Als er eben in der Verfolgung desselben begriffen war, erhielt er am 7. November mit der Nachricht von der unglücklichen Schlacht bei Mons den Befehl, Flandern zu räumen, worauf er die Besatzungen der festen Plätze und auch die der Festung Ypres nach Gent zog, und von da bei Brüssel sich an die Hauptarmee anschloss, ohne weder einen Mann noch eine Kanone zurück zu lassen, und sogar alle Magazine und Spitäler rettete, indem solche auf der Schelde eingeschifft und glücklich bis in die Zitadelle von Antwerpen geschafft wurden. Da die Kriegsereignisse die k.k. Armee bemüßigten, sich aus Niederland bis an die Roer zurückzuziehen, führte er den seinem Kommando anvertrauten linken Flügel der Armee glücklich in diese Position, wo die Winterquartiere bezogen wurden.
Im Jahre 1793 hatte Feldmarschall Prinz Coburg das Kommando der k.k. alliierten Armee übernommen; als derselbe am 1. März die Roer passierte, um die zwischen Aldenhoven und Aachen postierte französische Armee anzugreifen, erteilte er dem Grafen Latour das Kommando eines detachierten Korps, um seine rechte Flanke zu decken; mit diesem Korps rückte Latour über Sittard, nahm Steevensweert mit seiner Garnison, rückte auf Ruremonde (Roermond), schlug den daselbst mit 6000 Mann aufgestellten General Lamartiere, eroberte die Stadt nebst allen darin befindlichen beträchtlichen Magazinen und Artillerie-Vorräten der französischen Armee, welche aus Holland dahin zusammengehäuft worden waren, passierte am folgenden Tag die Maas, ungeachtet der Feind alle Schiffe versenkt hatte, und marschierte bis Rakem. Dort erhielt er vom Prinzen Coburg den Befehl, das Kommando des bei Lüttich versammelten Armeekorps zu übernehmen, und die linke Flanke der von Mastricht und Tangres vorrückenden Hauptarmee zu decken, und den Feind aus Namur zu vertreiben. Er vertrieb den Feind aus Huy, rückte gegen Namur, warf aller Orten den Feind, schlug ihn am 16. März bis unter die Kanonen der Festung zurück, schnitt demselben die Kommunikation mit der Armee des Generals Dumouriez ab, sendete Parteigänger bis Temploux und gegen Brüssel im Rücken der französischen Armee, welche viele Gefangene machten, und nötigte die Stadt Namur zur Übergabe am 26. März, wo wieder beträchtliche Magazine, Artillerie- und Munitionsvorräte erobert wurden. Er rückte sodann dem fliehenden Feind über Charleroi nach, und nachdem er ihn von der Maas und Sambre gänzlich zurückgeworfen hatte, drang er am 6. April in das französische Hennegau ein, rückte vor die Grenzfestung Maubeuge und fasste Position unter ihren Kanonen. Es lag viel daran, dass die linke Flanke der Hauptarmee, welche die Belagerung der Festungen Condé und Valenciennes unternahm, vollkommen gedeckt und sichergestellt blieb. Diese schwere Aufgabe hatte Graf Latour das Glück auszuführen, indem er nicht nur die Festung Maubeuge, welche eine starke Besatzung hatte, streng blockierte und alle Ausfälle der Garnison abschlug, sondern auch die während des ganzen Sommers unternommenen feindlichen Angriffe gegen sein Armeekorps, um diese Festung zu entsetzen, zurückwies.
Als sich im Jahr 1794 der Kaiser selbst zu der k.k. Hauptarmee in den Niederlanden verfügt hatte, wurde dem F. M. L. Latour das Kommando der k.k. Truppen anvertraut, welche zur kombinierten k.k. und holländischen Armee unter Kommando des Prinzen von Oranien, dermaligen Königs der Niederlande, gestoßen waren. Er erhielt den Auftrag, am 17. April eine große Rekognoszierung bis unter das Glacis der Festung Cambrai vorzunehmen, welche er zur Zufriedenheit des Monarchen ausführte. Am 18. April empfing er den Befehl zum Vorrücken gegen Landrecies; er traf alle Anstalten dazu, und schon am 20. April führte er den Angriff auf das stark verschanzte Lager vor Landrecies aus, überwand alle durch Natur, Kunst und durch die hartnäckige Verteidigung des Feindes ihm entgegengesetzten Hindernisse, eroberte dasselbe mit Sturm unter den Augen des Kaisers, berannte sogleich die Festung Landrecies, und ließ noch am nämlichen Tage die Tranchée vor derselben eröffnen. Er leitete die Belagerung mit solchem rastlosen Eifer und Tätigkeit durch seine beständige Gegenwart in den Laufgräben, und indem er die unterhabenden Truppen durch sein eigenes Beispiel aufmunterte, wie es ihm der Prinz von Oranien und der Feldmarschall Prinz Coburg öffentlich bezeugten, dass er diese wichtige Festung schon am zehnten Tage nach Eröffnung der Tranchée, nämlich am 30. April zur Übergabe zwang, die aus 7000 Mann bestehende Garnison kriegsgefangen machte und daselbst 78 Kanonen und beträchtliche Vorräte eroberte.
Noch vor Anfang der Belagerung von Landrecies hatte der französische General en Chef Jourdan, welcher die Armee an der Sambre kommandierte, dem F. M. L. drohen lassen, die erste nach Landrecies geworfene Bombe würde das Signal zur Zerstörung seines an der Grenze gelegenen Stammschlosses Latour sein, welcher unwürdigen Drohung erwidert wurde: „der kaiserliche General werde seine Pflicht erfüllen, es möge mit den Besitzungen des Grafen Latour auch was immer geschehen;“ Der Feind erfüllte seine Drohung, und rächte sich für Landrecies’ Eroberung an dessen in der Provinz Luxemburg gelegenen Besitzungen, brandschatzte und verheerte dieselben, steckte das Schloss Latour in Brand und zerstörte es von Grund aus auf eine wahrhaft vandalische Art. Der französische General Lamarque war zur Vollbringung dieser republikanischen Vergeltung eigens dahin detachiert worden. Die feindliche Armee hatte sich mittlerweile gegen die Sambre und gegen Charleroi gewendet, der F. Z. M. Graf Kaunitz war vor Thuin und Merbes-le-Château zurückgedrückt worden, und hatte sich bis Rouvroy zurückgezogen. F. M. L. Latour, welcher das Kommando bei Bettignies und vor Maubeuge übernommen hatte, begab sich aus bloßem Diensteifer nach Rouvroy zu dem F. Z. M. Grafen Kaunitz, und übernahm aus eigenem Antrieb für das Beste des Dienstes die Anordnung zum Angriff des Feindes. Er leitete diese am 24. Mai unternommene Operation selbst, wodurch die feindliche Armee bei Erquelinnes gänzlich geschlagen und mit einem Verlust von 3000 Gefangenen und 30 eroberten Kanonen über die Sambre zurückgeworfen wurde, welcher Sieg um so wichtiger war, als im entgegengesetzten Fall der Feind sich nach Mons geworfen und die Armee getrennt haben würde. Die wichtigen Dienste, welche Graf Latour an diesem Tage ohne alle Aufforderung bloß aus Eifer für den Ruhm der österreichischen Waffen geleistet, erkannten Feldmarschall Prinz Coburg und F. Z. M. Graf Kaunitz in einem demselben ausgestellten äußerst ehrenvollen Zeugnis. Als bald danach der Erbprinz von Oranien das Kommando der Armee an der Sambre von F. Z. M. Grafen Kaunitz übernommen, und der Feind die Festung Charleroi angegriffen hatte, wurde beschlossen, eine Schlacht zu liefern, um diese Festung zu entsetzen. Am 2. Juni führte F. M. L. Latour diejenige Kolonne der Armee, welche den Feind bei Forchies, Lamarche und Fontaine-l’Évêque angriff; er warf denselben aller Orten über den Haufen, und vereinigte sich verabredetermaßen mit den übrigen Kolonnen der Armee bei Marchiennes-au-Pont, wodurch die Belagerung der Festung Charleroi aufgehoben wurde. Bald nachher rückte die feindliche Armee mit neuen Verstärkungen vor, und belagerte Charleroi zum zweitenmal; es wurde beschlossen, diese Festung nochmals zu entsetzen; F. M. L. Latour führte am 16. Juni die Kolonne, welche die Dörfer Wagnie und Heppignies forcieren sollte; er warf den Feind nach einem dreistündigen hartnäckigen Gefecht aus seinen Verschanzungen und besetzte diese zwei Dörfer; da aber die zwei Nebenkolonnen, welche um die nämliche Zeit den Angriff auf Fleurus und Mellet zu machen hatten, diese Posten erst gegen Mittag einnahmen, blieben seine beiden Flanken durch fünf Stunden den feindlichen Angriffen ausgesetzt; er ermunterte jedoch seine Truppen auf das äußerste, wich keinen Schritt zurück, behauptete die eroberte Position unter der fürchterlichsten Kanonade, bis endlich die zwei Nebenkolonnen den Feind zum Weichen brachten, wonach er über Gosselies bis Montigny-sur-Sambre vorrückte, und die Festung Charleroi zum zweitenmal entsetzt wurde. Der Feind rückte zum drittenmal gegen Charleroi vor, und belagerte es abermals. Es wurde beschlossen, ihm mit der vereinigten Armee eine dritte Schlacht zu liefern, und der 26. Juni dazu bestimmt. F. M. L. Latour erhielt den Auftrag, mit der mittleren Kolonne, der kombinierten holländischen Armee, den Hauptangriff auf Trazegnies zur richten, wo der Feind sehr stark verschanzt war; er leitete diesen Angriff mit seinem gewohnten Mut und Unerschrockenheit, war allenthalben an der Spitze der Bataillone, platzierte selbst die Batterien, und rückten mit solcher Entschlossenheit auf den Feind an, dass er gleich seine Verschanzungen erstieg, ihn gänzlich über den Haufen warf, und so schnell verfolgte, dass er eine Kolonne desselben, welche bei Marchiennes-au-Pont über die Sambre setzen wollte, im Angesicht des schon übersetzenden Feindes abschnitt, und sie zwang, sich zum Teil in das bereits übergegangen Charleroi zu flüchten. An der Sambre vereinigte sich der Erbprinz von Oranien mit ihm zwischen Monceau und Marchiennes-au-Pont, und erwartete in dieser Position die ferneren Fortschritte der k.k. Hauptarmee, welche den Feind in drei Kolonnen bei Gosselies, Fleurus und Lambusart angegriffen hatte. Allein diese drei Kolonnen hatten sich zurückgezogen; dies versetzte die k.k. vereinigte holländische Armee in eine sehr kritische Lage, da der Feind bereits mit großer Macht gegen sie anrückte, und von Gosselies aus sie in der Flanke und im Rücken angriff. Der Erbprinz von Oranien, welcher mittlerweile beordert worden war, sich nach Fay zurückzuziehen, übertrug dem Grafen Latour die Führung der Arrieregarde; dieser Auftrag war äußerst schwer und gefährlich, und musste durch die vom Feind bereits besetzten Wälder geschehen, nicht destoweniger führte er ihn in der größten Ordnung unter dem heftigsten feindlichen Feuer aus, ließ keinen Mann, keine Kanone zurück, und langte mit der ganzen Arrieregarde glücklich in der Position zwischen Courcelles und Trazegnies an, von wo aus die kombinierte Armee der rückgängigen Bewegung der Hauptarmee folgte.
Als Anerkennung der sowohl bei der Einnahme der Festung Landrecies als in der Schlacht bei Erquelines, dann in den drei blutigen Schlachten zum Entsatz von Charleroi geleisteten wichtigen Dienste, verliehen im Se. Majestät, ohne vorhergegangene Ordenskapitel, das Kommandeurkreuz des Maria-Theresien-Ordens. Da die k.k. kombinierte holländische Armee am 6. Juli, der Hauptarmee folgend, von Tubize in Waterloo anlangte, griff der Feind die Arrieregarde mit Übermacht an; Graf Latour warf aber denselben nach einem sechstündigen Gefecht zurück. Am 7. Juli musste der weitere Marsch im Angesicht des Feindes nach Chaumont fortgesetzt werden. Latour erhielt den Auftrag, denselben zu decken, welchen er mit solcher Festigkeit ausführte, dass die ganze Armee die Dyle ruhig passierte, ohne von dem verfolgenden Feind einigen Verlust zu erleiden.
Nach dem Übergang über die Dyle wurde der Graf von der kombinierten holländischen Armee abberufen, und erhielt das Kommando eines abgesonderten Korps bei Lüttich. Er fasste mit demselben bei der Karthause Posto, wo er die wiederholten Angriffe des Feindes zurückschlug, und sowohl diese Position als auch die Vorstadt Amercoeur im Angesicht des Feindes behauptete. Von diesem Punkt aus leitete und veranstaltete er die sichere Beförderung der Approvisionierungstransporte nach der bedrohten Festung Luxemburg, so dass diese aus mehr als 4000 Wagen bestehenden Transporte beinahe mitten durch die feindlichen Posten ungehindert und unverletzt in diese wichtige Festung gebracht wurden. Er verteidigte die Stellung an der Maas und an der Ourte gegen alle Anfälle, ungeachtet der feindlichen Überlegenheit, bis zu dem Zeitpunkt, wo die k.k. Hauptarmee den Rückzug auf das rechte Rheinufer antrat.
Im Jahr 1795 kommandierte er Anfangs das zwischen dem Main und Neckar aufgestellte Armeekorps, später wurde ihm das Kommando des am Oberrhein bei Rastatt aufgestellten übertragen. Als im Monat September die von den pfälzischen Truppen besetzte Festung Mannheim überliefert worden, und der Feind bereits bis Heidelberg vorgedrungen war, erhielt er den Auftrag, mit seinem Korps über Bruchsal nach Heidelberg zu marschieren, wo er am 26. September anlangte. Nachdem die Feldmarschälle Graf Clerfayt und Wurmser ihre Truppen versammelt hatten, wurde der Angriff auf die feindliche Position bei Neckarau beschlossen und am 18. Oktober glücklich ausgeführt, die Neckarschanze genommen, viele Gefangene gemacht, und sodann gleich das verschanzte Lager bei Mannheim eingenommen und diese Festung berannt, bei welcher Unternehmung F. M. L. Latour wesentliche Dienste leistete. In Folge dessen wurde er von dem F. M. Wurmser mit einem Armeekorps von 14 Bataillons und 40 Eskadrons auf das linke Rheinufer detachiert, um die Vereinigung mit der Armee des Feldmarschalls Clerfayt zu erzwecken. Am 8. November ging er daher bei Germersheim über den Rhein und setzte sich sogleich in Verbindung mit der niederrheinischen Armee, welche sonach am 10. bis an die Pfrimm vorrückte. Bei diesem Vorrücken, wo er die dritte Kolonne kommandierte, begnügte er sich nicht damit, den feindlichen rechten Flügel bis an diesen Bach zurückzuwerfen, sondern er ließ ihn auch von einer vorteilhaft gelegenen Anhöhe durch seine Artillerie so wirksam beschießen, dass der Feind noch in der Nacht seine Position und die Stadt Worms verließ, um sich hinter den Frankenthaler Bach zurückzuziehen. Graf Latour ließ ihn noch in der Nacht verfolgen und besetzte Worms mit Tagesanbruch.
Am 11. November entschloss sich F. M. Graf Clerfayt, über die Pfrimm zu setzen und bis an den Eisbach vorzurücken. Graf Latour erhielt Befehl, mit seinem linken Flügel, aus 11 Bataillons und 22 Eskadrons bestehend, bis an den Karlsbach vorzurücken, welches er sogleich bewerkstelligte. An diesem Tag bewährte er ganz vorzüglich seine ritterliche Entschlossenheit, seinen glühenden Eifer für den Dienst des Monarchen und seinen kühnen Unternehmungsgeist. Ihn fesselte nie die Besorgnis vor Verantwortlichkeit, wenn er sich überzeugt fühlte, die Umstände erheischen ein Wagstück. Schon im Vorrücken begriffen, erhält er in Worms um 1 Uhr nachmittags einen eigenhändigen Zettel des F. M. Clerfayt, der ihn benachrichtigt, Jourdan habe Kreuznach besetzt, und ihn warnt, nicht weiter als an den Karlsbach vorzudringen, da er, wenn Jourdan Vorteile erringen sollte, nicht im Stande sein würde, ihn zu unterstützen. Allein Latour urteilt, es sei von höchster Wichtigkeit, dem Feind nicht Zeit zu lassen, sich in seiner vorteilhaften Position hinter dem Frankenthaler Bach zu befestigen, aus welcher er 24 Stunden später nur mit weit größeren Opfern verdrängt werden würde; die Wegnahme von Frankenthal ist in seiner Überzeugung wesentlich, um das wichtige Objekt der Eroberung der Rheinschanze und der gänzlichen Einschließung von Mannheim baldmöglichst zu erreichen; er verschweigt daher den ihm zugekommenen Befehl, beschleunigt im Gegenteil den schon vorher beschlossenen Angriff auf die vom Feind mit allen Waffengattungen stark besetzte Stadt Frankenthal, und ist so glücklich, denselben zu schlagen, diese Stadt zu erobern und dem Feind drei Kanonen abzunehmen. Den 12. früh verfügte sich F. M. Clerfayt nach Frankenthal, bezeigte dem F. M. L. Latour seine volle Zufriedenheit über das glücklich vollbrachte Unternehmen, entschloss sich aber dennoch nicht über den Eisbach zu gehen, weil Jourdan ihm noch Besorgnisse erregte. Graf Latour blieb daher mit seinen 11 Bataillons und 22 Eskadrons bei Frankenthal gelagert, ohne dass die übrige Armee sich mit ihm in Verbindung setzte. Pichegru dieses bemerkend, und die Wichtigkeit von Frankenthal erkennend, beschloss alles anzuwenden, um wieder in dessen Besitz zu gelangen. Um halb 4 Uhr nachmittags rückte er mit zwei Divisionen, die mehr als 10.000 Mann betrugen, und 30 Kanonen und vieler Kavallerie gegen Frankenthal vor, und griff die ganze Stellung von Einmündung des Frankenthaler Baches bis Heßheim und vorzüglich die Stadt mit Mut an; auch war er schon in dieselbe eingedrungen. Allein Graf Latour schlug alle seine wiederholten Angriffe ab, und zwang ihn, sein Vorhaben mit einem Verlust von 1000 Mann, worunter 300 Gefangene, aufzugeben. Feldmarschall Graf Clerfayt ging auch den 13. noch nicht über den Eisbach; erst nachdem er an diesem Tag die Meldung erhalten hatte, dass Jourdan Kreuznach geräumt habe, rückte er den 14. mit der Hauptarmee vor, und warf den Feind aus Lambsheim und über den Frankenthaler Bach; der F. M. L. Latour rückte, sobald dieser Ort von der Hauptarmee besetzt worden war, in drei Kolonnen gegen den Feind, warf ihn ungeachtet des heftigsten Widerstandes überall zurück, eroberte sechs Kanonen, und vereinigte glücklich seine Kolonne zwischen Epstein und Lautersheim. Da die Hauptarmee den Frankenthaler Bach nicht passierte, hätte er sich mit diesen errungenen Vorteilen begnügen können; allein auch hier genügte ihm erfüllte Pflicht nicht. Er fühlte, dass die Wegnahme des vom Feind sehr stark besetzten Posten Oggersheim zur Einschließung der Rheinschanze und zur Unterbrechung jeder Kommunikation der Besatzung von Mannheim mit Pichegru unumgänglich nötig sei, und wankte nicht, diesen mit einer zahlreichen Artillerie versehenen Ort noch an diesem Tag anzugreifen. Er hatte das Glück, ihn ungeachtet des heftigsten Widerstandes zu erobern, bemächtigte sich daselbst bedeutender Artillerievorräte und vieler Munition und Bomben, welche nach Mannheim für die dortige französische Garnison bestimmt waren, rückte unaufgehalten dem Feind nach, vertrieb ihn aus der Rheinschanze, nahm die ganze Pontonbrücke, über welche die feindliche Kommunikation mit Mannheim ging, und bewerkstelligte durch diese eben so kühn als schnell ausgeführte Unternehmung die gänzliche Sperrung der Festung Mannheim vom linken Rheinufer aus. Am 15. November nahm er dem Feind noch 3000 Bomben, viele Munitionskarren und mehrere 16-pfündige Kanonen in Mutterstadt ab. Am 16. bezog er eine Position an dem Rehbach, besetzte die Stadt Speyer und ließ den fliehenden Feind bis an die Queich verfolgen. Diese glücklich ausgeführten wichtigen Operationen und der gänzliche Rückzug des Generals Pichegru beschleunigten die Übergabe der Festung Mannheim, welche am 22. November kapitulierte. Die 10.000 Mann starke Garnison unter dem Divisionsgeneral Montaigne legte die Waffen nieder, und wurde als kriegsgefangen nach Schwaben transportiert, die zurückgebliebenen Pfälzer aber desarmiert. Graf Latour behielt das Kommando auf dem linken Rheinufer; der Feind machte, um dessen Truppen zu ermüden, tägliche Angriffe auf der ganzen Linie von Speyer bis Kaiserslautern, welche alle zurückgeschlagen wurden, so dass er in diesem Jahr nichts Ernstliches mehr unternehmen konnte, worauf im Monat Januar 1796 ein Waffenstillstand zwischen den Armee abgeschlossen wurde.
Der Monarch, in Würdigung der wichtigen Dienste, welche F. M. L. Graf Latour in diesem Feldzug, insbesondere durch die zwei gewonnenen Schlachten bei Frankenthal und Oggersheim abermals geleistet hatte, der Einnahme der Rheinschanze und der hierauf erfolgten Übergabe von Mannheim, dann des bewirkten Rückzuges der französischen Armee nach Elsass, lohnte im dafür mit dem Großkreuz des Maria-Theresien-Ordens und mit der Feldzeugmeisters-Würde.
Im Jahr 1796 ward der Waffenstillstand am 21. Mai aufgekündigt, und kurz darauf langte der Befehl an, von der Armee am Oberrhein 24 Bataillons und 18 Eskadrons nach Italien zu detachieren; auch wurde Feldmarschall Graf Wurmser selbst dahin beordert; er übergab demnach das Kommando der Armee am Oberrhein, welche durch diese große Detachierung sehr vermindert worden war, am 18. Juni dem F. Z. M. Latour. Von der Detachierung der Truppen nach Italien benachrichtigt, setzte der feindliche General en Chef Moreau mit der französischen Rheinarmee bereits am 23. Juni über den Rhein, bewältigte die Verschanzung bei Kehl und drückte die schwäbischen Kreistruppen unter General Stein zurück. Dies bewog den Feldzeugmeister mit sechs Grenadier-Bataillons und einigen Kavallerieregimentern, den einzigen verwendbaren k.k. Truppen, welche ihm übrig blieben, nach Rastatt zu marschieren, um mit Hilfe einiger vom Niederrhein angelangter Truppen, die französische Armee in so lange aufzuhalten, bis der Erzherzog Karl, welchem das Oberkommando der Armee übertragen war, eingetroffen sein würde. Da die schwäbischen Kreistruppen indessen von Offenburg bis in das Kinziger Tal zurückgeworfen worden waren, die Avantgarde des F. M. L. Staray bis nach Reinbach zurück weichen musste, und der Feind Rastatt und das Ufer der Murg besetzt hatte, wurde beschlossen, ihn anzugreifen. Graf Latour warf ihn bei Billigheim bis gegen Rastatt zurück, der Erzherzog schlug ihn bei Malsch. Da aber die Kolonne des linken Flügels und das sächsische Korps bei Frauenthal zurück gedrückt worden waren, musste sich die Armee nach Pforzheim zurückziehen. Sie setzte ihren Rückzug unter beständigen Gefechten bis Donauwörth fort, wo dieselbe über die Donau ging, Graf Latour aber beordert wurde, mit einem Korps von 20 Bataillons und 36 Eskadrons den Lech und Tirol zu decken, wozu ihm auch die kleine Armee des Prinzen Condé angewiesen wurde. Hier befand sich der F. Z. M. in einer der schwierigsten Lagen. Einem sehr überlegenen Gegner mit geringen Streitkräften gegenüber, die nicht alle seinen Befehlen untergeordnet waren, hatte er die ungeheure Strecke von den Grenzen Tirols bis an die Donau zu besetzen, und die zweifache, kaum zu vereinigende Aufgabe zu lösen, im Einklang mit der Hauptarmee auf dem linken Donauufer zu handeln, und doch die ganz entblößte Grenze Österreichs zu decken. An kühne Unternehmungen gewöhnt, war die Rolle bei seinem feurigen Gemüt nur noch schwerer; sein Bestreben, die Gefahr von den Grenzen Österreichs möglichst abzuwenden, so lange Moreau im Vorrücken war, und seine eifrigen Bemühungen, seinen Gegner so viel als möglich Abbruch zu tun, als Jourdans Niederlagen bei Amberg und Würzburg auch Moreau zum Rückzug nötigten, führten notwendige Gefechte herbei, die bei der unverhältnismäßigen Überzahl seines Gegners keine glänzenden Resultate haben konnten; er verteidigte die Position am Lech so lange, bis ihn die feindliche Übermacht nötigte, sich nach dem bei Friedberg dem General Moreau gelieferten Treffen samt dem Prinz Condéschen Korps über die Iser zurückzuziehen, um die von mehreren Seiten bedrohten Grenzen der Monarchie zu decken. Als die ersten Nachrichten von den Siegen des Erzherzogs Karl bei Amberg und Würzburg eintrafen, zog er seine wenigen Truppen zusammen, und griff den Feind bei Geisenfeld an, um denselben von der Iser abzulenken; es wurde dadurch der Zweck erreicht, dass der Feind sich in der Nacht vom 10. September von der Iser zurück zog, und München und Masburg verließ. Der Feldzeugmeister setzte ihm gleich über Pfaffenhofen und Neuburg nach, eroberte daselbst seine Magazine, marschierte über den Lech und verfolgte ihn nach Ulm. Da nun der Armee des Generals Moreau durch diese schnelle Verfolgung bereits der größte Teil ihrer Magazine abgenommen worden war, und sie Gefahr lief, in den Défiléen des Schwarzwaldes ihr ganze Artillerie und Gepäck zu verlieren, beschloss der feindliche Feldherr am 2. Oktober das Korps des Feldzeugmeisters bei Biberach anzugreifen. Es erfolgte daselbst ein sehr blutiges Treffen, in welchem der Feldzeugmeister der Übermacht des Gegners zu weichen genötigt wurde. Die mittlerweile eingetroffenen Nachrichten von den ferneren Siegen des Erzherzogs Karl über den General Jourdan und seinem Vorrücken bis an die Lahn, zwangen jedoch den General Moreau, ungeachtet seiner großen Überlegenheit, da er noch mehr als 50.000 Mann stark war, während der Feldzeugmeister ihm nur ein schwaches Korps entgegensetzen konnte, seinen Rückzug unaufgehalten gegen den Schwarzwald fortzusetzen. Graf Latour folgte ihm auf dem Fuße über Buchau, Ostrach, Meßkirch, Tuttlingen, Emmendingen nach Donaueschingen, und von da nach Dillingen, um in Folge des ihm zugekommenen Befehls durch das Kenzinger Tal herauszubrechen. Er vereinigte sich am 17. Oktober bei Ettenheim mit der Hauptarmee.
In den Schlachten am 19. und 20. Oktober an der Elz, in welchen der Erzherzog den General Moreau über diesen Fluss und aus der hinter demselben gewählten Position warf, kommandierte der Feldzeugmeister die dritte Kolonne der Hauptarmee; den 19. nahm er Malterdingen und Kindringen, welches der Feind mit äußerster Hartnäckigkeit verteidigt hatte, bemeisterte sich der Brücke über die Elz und des Dorfes Denningen. Auch am 20. fand seine Kolonne den heftigsten Widerstand; doch gelang es ihm, eine Brücke über den Bach vor der Front der feindlichen Stellung zu schlagen, und seine Avantgarde noch vor abends über dieselbe setzen zu lassen. Der Feind bewerkstelligte in der Nacht seinen Rückzug. Am 21. Oktober rückte der Erzherzog in Freiburg ein. Da die feindliche Armee sich noch auf den Höhen von Schliengen gesetzt hatte, wurde solche am 24. in vier Kolonnen angegriffen. Der Feldzeugmeister führte jene über Feldberg, nahm die Schlucht vor dem feindlichen Zentrum, so wie Ober- und Niedereggenen und drang bis Liel vor; Moreau zog sich nach dieser Schlacht durch den Brückenkopf von Hüningen über den Rhein zurück, und passierte denselben am 25. Oktober.
Der Erzherzog Karl ließ hierauf die Armee in die Gegend von Offenburg marschieren, wo derselbe sein Hauptquartier nahm. F. Z. M. Latour erhielt den Auftrag, die Belagerung von Kehl zu unternehmen; er traf am 3. November in Willstätt ein, wohin sein Hauptquartier kam. Es wurden ihm zur Belagerungsarmee 55 Bataillons Infanterie und 46 Eskadrons Kavallerie unter den Feldmarschall-Lieutenants Stader, Petrasch, Riese, Colloredo und Kospoth untergeordnet. Den 7. November wurde die Kontravallationslinie um das verschanzte Lager angefangen, und am 20. das Feldgeschütz in derselben eingeführt; am 21. wurde die Tranchée auf dem rechten Ufer der Kinzig eröffnet. Der Feldzeugmeister verlegte sein Hauptquartier nach Kork. Am 22. früh brach General Moreau mit 36 Bataillons aus dem verschanzten Lager, warf sich auf unsere Linien, und hatte bereits einige Schanzen und Redouten erstiegen, als der Feldzeugmeister ihn von allen Seiten angriff und mit einem großen Verlust zurück warf. Bei dieser Gelegenheit wurde drei Stabsoffiziere seiner Suite blessiert und sein Adjutant, Oberleutnant Reisinger, an seiner Seite erschossen; der Feind hatte einen Verlust von 3000 Mann. Die Belagerungsarbeiten gingen nun ungeachtet der wiederholten Ausfälle ihren Gang fort, und am 28. November fing das Feuer aus allen Batterien an. Es wurde an diesem Tag das Dorf Kehl genommen und mit den Parallelen vorgerückt, obgleich häufige Überschwemmungen der Kinzig und Schütter, und im Monat Dezember Frost und Kälte die Arbeiten sehr erschwerten. Am 21. Januar eröffnete die zweite Parallele ihr Feuer, und an eben diesem Tag wurde die erste Linie des verschanzten Lagers durch einen allgemeinen Sturm genommen. Da nun das Fort Kehl ganz eingeschlossen war, und bereits von dem Feuer der Belagerer viel gelitten hatte, die feindliche Schiffbrücke auch um so wirksamer beschossen werden konnte, so dass sie am 6. zerstört wurde, kapitulierte dasselbe am 9. Januar 1797, und wurde am 10. den k.k. Truppen übergeben.
Nach Beendigung dieser beschwerlichen Belagerung ging die Armee in die Winterquartiere. Der Erzherzog Karl reiste nach Wien ab, und Graf Latour übernahm das Kommando der gesamten Rheinarmee. Der Kaiser geruhte demselben besondere Zufriedenheit für die mitten im Winter mit so vieler Beharrlichkeit unternommene und vollführte Eroberung von Kehl zu bezeigen, bei welcher eine ganze, hinter einem verschanzten Lager postierte Armee durch 50 Tage belagert werden musste, während welchen der Feldzeugmeister die täglichen Beschwerden mit bewunderungswürdiger Ausharrung ertrug, und durch sein Beispiel die so angestrengten Truppen zu beleben wusste. Se. Majestät ernannten dessen Sohn Grafen Joseph, Rittmeister bei Latour-Dragonern, welcher vom Erzherzog mit der Nachricht von der Einnahme Kehls nach Wien geschickt worden war, wo er einen feierlichen Einzug durch die Hauptstadt bis in die k.k. Burg halten musste, zum Major und Flügel-Adjutanten bei der Rheinarmee.
Der F. Z. M. Graf Latour hatte nach Beendigung der Belagerung von Kehl sein Hauptquartier am 2. Februar 1797 nach Mannheim verlegt. Die seinem Kommando unterstehende Rheinarmee war wieder durch diejenigen Truppen, welche dem Erzherzog Karl nach Italien folgten, sehr geschwächt worden. Die feindlichen Armeen eilten, diese Lage zu benutzen. Am 13. April kündigten die französischen Generale den Waffenstillstand auf. General en Chef Moreau ging bei Diersheim über den Rhein, und warf den F. M. L. Staray bei Bischofsheim, welcher sich nach Gengenbach zurückziehen musste. F. Z. M. Graf Latour brach am 22. mit dem Hauptquartier nach Linkenheim auf, und machte eben die Disposition zum Angriff gegen die französische Armee, als der Kurier mit der Nachricht der Unterzeichnung der Friedenspräliminarien anlangte. Die Armee rückte hierauf in Kantonierungsquartiere und das Hauptquartier kam nach Schwetzingen, wo der Erzherzog Karl das Oberkommando wieder übernahm. Im Oktober wurde dem Grafen Latour das Kommando im Breisgau übertragen. Er verfügte sich nach Freiburg. Da aber kurz nachher der Friede zu Campo-Formio unterzeichnet wurde, und der Erzherzog nach Wien abging, übernahm der Feldzeugmeister abermals das Kommando der ganzen Rheinarmee, und wurde vom Monarchen beauftragt, als Bevollmächtigter bei dem Kongress zu Rastatt die Unterhandlungen mit dem General en Chef Bonaparte zu leiten. Er kam am 29. November in Rastatt an, und unterzeichnete mit Bonaparte die Militärkonvention, vermöge welcher die venezianischen Provinzen an Österreich abgetreten wurden, und der französische General en Chef unterzeichnete den Befehl wegen deren Räumung und Übergabe an die k.k. Truppen. Am 3. Dezember reiste General Bonaparte von Rastatt nach Paris ab, und F. Z. M. Latour, nachdem er mit den Ministern Grafen Cobenzel und Lehrbach das Nötige wegen Räumung der Rheinstaaten verabredet hatte, in sein Hauptquartier nach Mannheim zurück. Am 9. Dezember ging er mit dem Hauptquartier nach Heidelberg, und die ganze Rheinarmee trat den Rückmarsch in die k.k. Staaten in drei Kolonnen über Salzburg, Linz und Klentsch nach Böhmen an.
Nachdem nun der Feldzeugmeister die Armee, von welcher ein Korps am Lech unter Kommando des F. M. L. Stader stehen blieb, in die Erbstaaten zurückgeführt hatte, und in Prag angelangt war, wurde er nach Wien berufen, wo er am 2. Februar 1798 ankam. Der Monarch erteilte ihm daselbst bald nachher aus Rücksicht der von ihm geleisteten wichtigen Dienste im Feldzug von 1796 und des zur allerhöchsten Zufriedenheit bis zum Jahr 1798 geführten Kommandos der k.k. Rheinarmee, die Würde eines kommandierenden Generals im Markgraftum Mähren und Österreichisch-Schlesien, und ernannte ihn zum wirklichen geheimen Rat. Es wurde ihm auch in dem ihm ausgefertigten geheimen Ratsdekret die umständliche Anerkennung aller während seiner militärischen Laufbahn erworbenen Verdienste ausdrücklich kund gegeben.
Nach sechs Jahren, in denen Latour das Generalkommando in Mähren und Schlesien geführt hatte, berief ihn das Vertrauen seines Monarchen zu dem wichtigen und erhabenen Posten eines Hofkriegsrats-Präsidenten, welchen Beweis des allerhöchsten Zutrauens sich derselbe (wie es das ihm erteilte Dekret vom 7. April 1805 ausdrücklich erwähnt) durch so vieljährig geleistete ersprießliche Feldkriegsdienste mit besonders erprobter Anhänglichkeit an das durchlauchtigste Erzhaus, und zwar mit Zurücksetzung und Verlust seines eigenen Vermögens in den k.k. Niederlanden vorzüglich erworben hat. Mit rastlosem Eifer widmete sich der Feldzeugmeister auch hier seinen hohen Berufspflichten. Er verdoppelte seine Anstrengungen zum Besten des allerhöchsten Dienstes, als der Krieg im Jahr 1805 neuerdings ausgebrochen war, um die Armee mit allem Erforderlichen zu versehen, und die Verstärkung und Ausrüstung derselben anzuordnen. Allein die zu großen Anstrengungen, welche er sich auferlegte, der tiefe Gram, der an seinem vom Vaterlandsliebe erfüllten Herzen nach den Unglücksfällen dieses Feldzuges nagte, endlich der Schmerz über den Verlust seiner Gemahlin, welche ihm der Tod entriss, erschöpften seine Kräfte. Er unterlag der Krankheit, welche ihn wenige Tage nach dem Tod seiner Gemahlin befallen hatte, und beschloss den 22. Juli 1806 sein dem Dienst des Staates mit seltenem Eifer geweihtes Leben im 69. Jahr.
Auf allerhöchsten Befehl wurde gleich nach seinem Tod eine kurze Darstellung seiner ruhmvollen 50jährigen Laufbahn im offiziellen Artikel der Wiener Zeitung eingerückt, aus welcher wir folgende Stelle wörtlich herausheben. »Sein Charakter und seine in unsern Tagen immer seltener werdenden Tugenden gehörten einem bessern Jahrhunderte zu. Eine über allen Eigennutz weit erhabene Seele, unbestechbare Redlichkeit, unerschütterliche Anhänglichkeit an die Person und das Interesse seines Monarchen, das strengste und reinste Pflichtgefühl, fester und ausdauernder Wille zur Beförderung des Guten, rastlose Thätigkeit in Geschäften, und ein glühender Eifer für den Dienst, dem er sich mit beyspielloser Hingebung ganz opferte, werden dem Vaterlande sein Andenken auf immer ehrwürdig und theuer machen. Im Leben von Vielen verkannt, nach dem Tode von Allen bewundert und betrauert, wird der Nahme Latour in den Jahrbüchern Oesterreichs stets einen der ehrenvollsten und ausgezeichnetsten Plätze behaupten.«
Quelle: Biographien der ausgezeichneten Feldherren der k.k. österreichischen Armee, aus der Epoche der Feldzüge 1788-1821 (hrsg. von Johann Ritter v. Rittersberg)