Protze
Protze, sie dient als Vorderwagen der Kanonen- und Haubitzlafetten, der von diesen getrennt (abgeprotzt) wird, wenn das Geschütz feuern, und damit verbunden (aufgeprotzt) wird, wenn es bewegt werden soll. Die Protzen sind nach der Konstruktion: a) Kastenprotzen, sie bestehen bei den Wandlafetten aus einer eisernen Achse mit zwei Rädern, welche niedriger als die der Lafette sind, um das Auf- und Abprotzen zu erleichtern und einen besseren Lenkungswinkel zu erhalten, einer Stangendeichsel mit Deichselstütze; Deichselarme sind zwischen dem Achsfutter und dem darüber befindlichen Achsschemel befestigt; sie bilden vorn die Schere, worin die Deichsel eingesetzt ist, erweitern sich hinten und tragen den, zur Verminderung der Reibung oben abgerundeten und mit Eisenblech beschlagenen Protzschemel oder Protzsattel. Auf dessen Mitte steht der ungefähr einen Fuß lange konische eiserne Protznagel, an welchen die Lafette beim Aufprotzen mittelst des im Schwanzriegel befindlichen Protzloches angehängt wird, unter dem Nagel befindet sich eine Protznagelscheibe zum Schutz gegen die Reibung der unteren Protzlochscheibe. Dann wird die Protzkette durch den auf jenen befindlichen Ring gezogen. Noch weiter einwärts auf den Deichselarmen befindet sich häufig ein Lenk- oder Reibscheit, um das Sinken der Deichsel beim Fahren auf unebenem Boden zu verhindern, und am Ende jedes Armes ist ein eiserner Haken zum Festhalten des aufgewickelten Schlepptaues angebracht.
Auf dem Achsschemel und einem Träger steht der Protzkasten, worin sich die Munition befindet, und zwar entweder in besonderen Fächern, so dass die Ladungen aufrecht stehen, oder die Kartuschen sind liegend mit Werg in kleinere Einsatzkasten gepackt, welche leicht herausgenommen und hinter das Geschütz gestellt, die ausgeleerten aber gegen volle vertauscht werden können; die Wände, Boden und Deckel desselben sind von Holz, auf allen Kanten mit eisernen Schienen versehen und der Deckel mit Eisenblech beschlagen. An letzterem sind meist eiserne Lehnen oder wenigstens Handgriffe angebracht, um einigen Artilleristen als Stütze zu dienen, welche sich bei anhaltend schnellen Bewegungen der Fußartillerie im Gefecht, auf den Protzkasten setzen. Um das Eindringen der Feuchtigkeit zu verhindern, ist der Protzkasten innen mit Leinwand ausgeleimt (ausgehäutet). Zur Befestigung von Schanzzeug sind an den Seiten Besen und Überwische angebracht.
Außerdem gehören noch zu jeder Protze eine Hinterbracke (Stangenwaage) und eine Vorderbracke (Vorlegewaage). Die Kastenprotzen der in England und Frankreich eingeführten Blocklafetten haben entweder Gabeldeichseln oder Stangendeichseln, wo die Deichselarme hinten nicht über die Achse hervorstehen. An dem Achsfutter befindet sich nach hinten ein starker eiserner Protzhaken, in welchem der am Ende des Lafettenschwanzes angebrachte eiserne Ring beim Aufprotzen eingehängt wird. Der Protzkasten steht auf der Achse und einem nach vorn zu angebrachten Träger. Diese Protzen erhalten höhere Räder, als die der Wandlafetten, da man die Blocklafette beim Aufprotzen nicht so hoch zu heben braucht als jene, fahren sich leichter, sind ganz gleich mit dem Vorderwagen des Munitionswagens gebaut und werden durch diese, wenn sie geleert sind, ersetzt. Die Menge der Munition, welche sich auf der Protze befindet, ist sehr verschieden; die meiste führt man in Preußen, nämlich bei der Fußartillerie die siebenpfündige Haubitze 20 Wurf, der Zwölfpfünder 20 Schuss und der Sechspfünder 70 Schuss, die wenigste in Österreich, beim Zwölfpfünder 14 und beim Sechspfünder 18 Schuss.
b) Sattelprotzen haben keinen Protzkasten, der Protzschemel mit dem Protznagel steht auf der Achse und die Deichselarme stehen hinten nicht so weit über dieselbe hervor. Sie sind leichter als die Kastenprotzen, gestatten die Last des Rohres gleichförmig auf alle vier Räder zu verteilen, wodurch der Transport erleichtert wird, und werden zum Fortschaffen des Belagerungs- und Festungsgeschützes angewendet, man teilt sie ein in Belagerungs-, Wall- und Kasemattenprotzen. Die Räder sind kleiner als bei den Kastenprotzen und bei den Kasemattenprotzen Blockräder.
Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon (Altenb. 1861)
Protze (die), zweirädriger Vorderwagen der Geschütze und Munitionswagen, trägt hinter der Achse, auf dieser oder auf den Protzarmen einen Protzhaken oder Protznagel, über den die Lafette oder der Hinterwagen gehängt, »aufgeprotzt«, wird. Die Protzen für die Feldartillerie sind Kastenprotzen, d. h. auf dem Protzgestell befindet sich ein Protzkasten zur Aufnahme der Munition. Die genannten beiden Teile bilden die Hauptteile bei der Protze für die Feldkanone 96 und die leichte Feldhaubitze 98.
Das Protzgestell der Feldkanone 96 hat Achse und Räder, die denen der Feldlafette 96 (s. Tafel »Geschütze I«, Fig. 13) ähnlich sind, nur werden hier die Stoßscheiben von den Brackenstangen A (an denen vorn die Zughaken B sitzen) gebildet und am Stoßende der losen Scheibe sitzt der Kotring. Ferner fehlt hier die Seiltrommel, doch kann im Notfall ein Austausch zwischen Rädern der Lafette und Protze stattfinden. Die Protzarme C sind nach der Achse zu gespreizt und verstärkt, sie dienen in ihrem vorderen gleichlaufenden Teil zur Aufnahme der Deichsel H. Für die Achslager D sind die Arme durchbohrt; außer durch letztere wird der Protzkasten am Ende der Mittelachse durch die Kastenträger E unterstützt. Der Protzhaken F mit Schlüsselbolzen G greift mit zwei starken Lappen um das hintere Ende der Arme und hat oben eine Abflachung, auf welche die geöffnete Tür des Protzkastens, einen Tisch bildend, aufgelegt werden kann. Außerdem bemerkenswert: Deichselstütze J, Ortscheit K, Fußbretter L und M etc. Der Protzkasten besteht aus dem Gerippe, den Bekleidungsblechen und der Tür, außerdem sind die bei Feldprotzen üblichen Beschläge für Anbringung von Schanzzeug, Wassereimer, Futter- und Zeltsäcken etc. vorhanden. Für die auf dem Deckblech sitzenden Mannschaften sind am Vorder- und Hinterrahmen je zwei Lehnstützen p und q angenietet, die das Lehnbrett r halten. Die seitlichen Lehnbleche s haben vorn einen Ausschnitt für den mit Leder überzogenen Handgriff t. Die Tür, wie die anderen Wände aus Rahmen und Bekleidung bestehend, kann nach hinten heruntergeklappt werden und wird dann außer von dem Protzhaken noch durch zwei Hängeschienen n unterstützt. Der inneren Einrichtung nach zerfällt der Protzkasten in die beiden Munitionsfächer und ein Zubehörfach, das wieder ein oberes und ein unteres Fach enthält. In den Munitionsfächern sind die Munitionskörbe festgeschnallt und können nach Lösung der Schnallstrippen herausgenommen werden, wobei die Tür dann als Tisch dient.
Der Kasten enthält, in Körben von Rohrgeflecht zu je vier Stück verpackt, im ganzen 36 Schuss. Im oberen Zubehörfach werden Geschützzubehör, Vorratsstücke, Geschirr- und Stallsachen, im unteren Achsschmierbüchse, Blendlaterne und ein Rohrzubehörkasten untergebracht. Bei Einführung des Feldartilleriematerials 96 n. A. (von 1905 ab) hat man, soweit öffentlich bekannt, die Protze 96 mit geringen Änderungen beibehalten. Wahrscheinlich dürfte aber eine völlige Neukonstruktion nötig werden, wenn statt der jetzt geteilt mitgeführten Munition (Geschoss und Kartusche besonders) eine solche in Patronenform eingeführt wird, worüber jedoch öffentlich noch nichts bekannt geworden ist.
Die Protze der leichten Feldhaubitze 98 weicht nur in einigen Teilen von der vorigen ab, die besonders mit 98 bezeichnet sind. Die leichten Räder 96 sind in der Konstruktion ähnlich den Rädern 98, jedoch erheblich leichter und ohne Seiltrommel, der Kotring ist an dem Stoßende der losen Scheibe befestigt, außerdem finden bei der Protze 98 noch ältere Konstruktionen Verwendung: Schlüsselbolzen 96 (zum Protzhaken), Deichsel 73 etc. Der Protzkasten besteht aus denselben Teilen wie der der Feldprotze 96, im Innern ist der Kasten durch die beiden Mittelrahmen in ein Mittelfach und zwei Seitenfächer geteilt. Die Protze nimmt hier 24 Schuss auf, die zu je zwei in einem Munitionskorb untergebracht sind. Hierher ist auch die Protze für Landungsgeschütze und die für Maschinengewehre zu rechnen. Die Protze der schweren Feldhaubitze ist eine Kastenprotze und, den neueren Konstruktionsgrundsätzen entsprechend, möglichst in Eisen hergestellt, das sogar zu Deichseln, Hinterbracken und Ortscheiten als Stahlrohr Verwendung findet. Das Innere des Kastens ist in drei Abteilungen geteilt, welche die nötigen Einrichtungen zur Mitführung von Zubehör etc. enthalten, da Munition wegen ihres Gewichts hier nicht verladen werden kann. Die übrigen äußeren Einrichtungen, wie Protzkasten etc., sind für Feldgebrauch eingerichtet, mithin denen der genannten Protze ähnlich. Die Protze der 10 cm-Kanone gleicht der vorigen, wogegen der 21 cm-Mörser eine Sattelprotze (ohne Protzkasten) erhält.
Die Protzen der Belagerungs- und Festungsartillerie sind teils Kasten-, teils Sattelprotzen. Die erstgenannten wandte man auch im Festungskrieg für kleinere Kaliber (8 und 9 cm), bei denen man gern die Munition wie bei Feldgeschützen mitführen wollte, an. Ferner gab man der 3,7 cm-Revolverkanone alte Feldprotzen, und die 5 cm-Panzerlafetten wurden mit einer dem Munitionstransportwagen ähnlichen Protze mit Bremse versehen. Für die Geschütze großen Kalibers bedient man sich im Festungskrieg noch im allgemeinen der 12 und 15 cm-Sattelprotze, von denen die letztere auch für das 21 cm-Kaliber bestimmt ist. In den Festungen hat man außerdem noch Kasemattenprotzen, um in engen Räumen Transporte auszuführen; sie haben niedrige Räder, schmales Gleis und nach oben gebogene Deichsel. Auf den Armen sind zwei Haken vorhanden, an denen die Zugtaue der Mannschaft befestigt werden können.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909
Geschütz und Kastenprotze der konföderierten Washington Artillerie im Mannschaftszug.
Bibliographie
- Wise, Terence: Artillery Equipment of the Napoleonic Wars