Raab

Raab (magyar. Raba), rechter Nebenfluss der Donau in Ungarn, entspringt in Steiermark auf der Heubodenhöhe der Passailer Alpen, tritt unweit Fehring nach Ungarn über und teilt sich bei Keczöl in zwei Arme, von denen die sogenannte Kleine Raab sich gegen Norden wendet, im Ödenburger Komitat die Répcze aufnimmt und sich im Hanság mit der Rabnitz vereinigt, während die eigentliche, neu regulierte Raab, das Raaber Komitat durchschneidend, bei Raab die Marczal und dicht vor ihrer Mündung die Rabnitz (s. d.) aufnimmt und sich in die Kleine (Raaber) Donau ergießt. Nebenflüsse der Raab, deren Länge 398 km beträgt, von denen 271 km auf Ungarn entfallen, sind außer den erwähnten: die Lasnitz mit der Feistritz, die Pinka und Gyöngyös. Die Raab und deren Nebenflüsse werden seit 1873 reguliert.

Raab (magyar. Györ, spr. djȫr), ungarisches Komitat am rechten Donauufer, wird von den Komitaten Ödenburg, Wieselburg, Preßburg, Komorn und Veszprim begrenzt und umfasst 1381 km² (23,1 mi²) mit 1901: 126.188 magyarischen, meist römisch-katholischen Einwohnern. Sitz des Komitats ist Raab (s. unten).

Raab (magyar Györ, spr djör), königliche Freistadt mit geordnetem Magistrat und Sitz des gleichnamigen Komitats in Ungarn, Knotenpunkt der Bahnlinien nach Bruck (-Wien), Budapest, Ödenburg, Kis Czell (-Graz), Dombovár und Zircz sowie Station der Donaudampfschifffahrt, liegt an den Mündungen der Raab in die Kleine Donau sowie der Rabnitz und Marczal in die Raab, war ehemals stark befestigt, hat viele Dämme und fünf Brücken (darunter die die Staatsbahn überbrückende Barosbrücke), viele Kirchen (acht römisch-katholische, eine evangelische, eine reformierte, eine griechisch-orientalische), vier Klöster, eine Synagoge, schöne öffentliche Neubauten (Stadthaus, Justizpalast, Gebäude der königlichen Tafel, Obergymnasium, Oberrealschule, das neue große Spital etc.), Schifffahrt, berühmte Pferdemärkte, zahlreiche Fabriken (für Spiritus, Pottasche, Soda, Margarine, Öl, Zündhölzer, Mehl, Ziegel, Wachstuch), vier Dampfmühlen, eine Maschinen- und Waggonfabrik, eine Schiffswerft, bedeutende Schweinezucht und lebhaften Handel mit Getreide und Schweinen; ferner hat Raab eine Raabuferbahn mit einem Güterbahnhof in der Stadt. Die Einwohner (1901: 28.989) sind meist Magyaren und vorwiegend römisch-katholisch. Raab ist der Sitz eines römisch-katholischen Bischofs und eines evangelischen Superintendenten, eines Domkapitels, einer königlichen Tafel, eines Gerichtshofes, einer Finanzdirektion mit Hauptzollamt und Tabakmagazin und hat ein Benediktinerobergymnasium, eine Staatsoberrealschule, eine höhere Handelsschule, ein Priesterseminar, eine Staatspräparandie für Lehrerinnen, eine bischöfliche Lehrerpräparandie, eine Fachschule für Holz- und Metallarbeiten, ein Theater, eine Wasser- und eine Telephonleitung und auf der Promenadeninsel (Setater-szigel) Parkanlagen mit dem Denkmal des Dichters Karl Kisfaludy (von Matrai). Anstoßend an die Stadt Raab und von ihr nur durch die Rabnitz, bzw. die Kleine Donau getrennt liegen der Markt Györsziget (spr. djörssiget), mit Nonnenkloster, mehreren Fabriken (für Essig, Kanditen, Öl), Handel und (1901) 5490 magyarischen (meist römisch-katholischen und jüdischen) Einwohnern, das Dorf Révfalu und Patahàz mit (1901) 3064 magyarischen (römisch-katholischen) Einwohnern, weiterhin an der Großen Donau der Stapelplatz Gönyö (s. d.). Südöstlich liegt die Benediktinerabtei Martinsberg (s. d.).

Raab liegt auf den Trümmern der römischen Kolonie Arrabona und war zur Zeit der Völkerwanderung ein Mittelpunkt des Awarenreichs, dem Karl d. Gr. allhier ein Ende machte. Die Tradition leitet sogar den ungarischen Namen der Stadt (Györ) von einem dort befindlich gewesenen Awarenring (gyürü) ab. Unter Stephan dem Heiligen wurde hier ein Bistum gegründet und die Stadt befestigt; im mittelalterlichen Latein wurde sie Jaurinum benannt. Nachdem die Stadt samt Festung im 15. Jahrhundert eine Zeitlang im Besitz des Kaisers Friedrich III. gewesen war, geriet sie 1594 durch Verrat des Grafen Hardegg in den Besitz der Türken, die Fürst Schwarzenberg und Nik. Palffy 1598 wieder vertrieben. 1809 stellte man die Befestigungen wieder her; die Franzosen schlugen jedoch bei Kismegyer 14. Juni d. J. den Erzherzog Johann und die ungarische Insurrektion und zerstörten hierauf die Festung Raab. Neue Kämpfe fanden bei Raab 1848 und 1849 statt; 28. Juni 1849 wurden die Schanzen und die Stadt von den österreichischen Truppen im Beisein des Kaisers Franz Joseph erobert. Vgl. die Schriften (in magyar. Sprache) von Hyp. Fehér (Budapest 1874), St. Villanyi (Raab 1881) und Gy. Szavay (1896).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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