Regensburg

Regensburg, 1900.

Regensburg, kreisfreie Stadt in Ostbayern, Hauptstadt und Sitz der Regierung der Oberpfalz sowie des Bezirks Oberpfalz, ehedem freie Reichsstadt und Sitz des deutschen Reichstags, 341 m ü. M., liegt rechts der Donau (Stadtamhof und dem Einfluss des Regen gegenüber), über die hier eine steinerne Brücke von 312 m Länge und 7 m Breite führt (1135–46 vom Herzog Heinrich dem Stolzen erbaut), hat meist enge, unregelmäßige Straßen, darunter die Gesandtenstraße, an deren Häusern man noch die Wappen derjenigen Länder erblickt, deren Reichsdeputierte hier wohnten.

Regensburg hat (1909) elf katholische und drei evangelische Kirchen und eine Synagoge. Unter den ersteren sind hervorzuheben: der Dom zu St. Peter (1275 durch Meister Ludovicus begonnen, 1534 vollendet), ein Bauwerk edelster Gotik, mit zwei 1869 von Denzinger vollendeten Türmen und prächtigem Portal, mit schönen Glasmalereien und den Grabmälern mehrerer Bischöfe und des Fürst-Primas von Dalberg; die romanische Kirche zu St. Emmeram (mit dem Grab des Aventinus); die Kirche des Schottenklosters St. Jakob; die alte Pfarrkirche St. Ulrich (1250 begonnen, frühgotisch); die im streng gotischen Stil gehaltene Dominikanerkirche (1274 erbaut) und die Stiftskirche Obermünster, mit schönem Altar. Von sonstigen Bauwerken besitzt die Stadt ein schönes Rathaus (worin 1645–1806 der deutsche Reichstag seine Sitzungen hielt, mit dem noch im alten Zustand erhaltenen Reichssaal); das Palais des Fürsten von Thurn und Taxis (ehemaliges Stift von St. Emmeram), mit Grabkapelle, Gemäldesammlung, Bibliothek etc.; die neue königliche Villa (ebenfalls gotisch), das Hubersche Haus am Römling mit der Kapelle St. Thomä und dem Thomaskeller, die Kaiserherberge zum Goldenen Kreuz (an Kaiser Karl V. und Don Juan d’Austria erinnernd), das Thon-Ditmersche Haus (prächtiger Renaissancehof mit gewölbten Säulenhallen), Keplers Sterbehaus (ein Denkmal desselben in den Anlagen), den Herzogs- und Bischofshof etc., ferner an Denkmälern ein Reiterstandbild König Ludwigs I.

Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1905) mit der Garnison (1 Regiment Infanterie Nr. 11) auf 48.412 Seelen, darunter 5960 Evangelische und 529 Juden. Die Stadt ist zu dieser Zeit Sitz des Kommandos der 6. bayerischen Division und der 12. Infanteriebrigade. Das jenseits der Donaubrücke liegende Stadtamhof bildet eine besondere Stadt. 10 km unterhalb Regensburg, bei Donaustauf, liegt die Walhalla (s. d.), 24 km oberhalb Regensburg Kelheim (s. d.) mit der Befreiungshalle. Beim nahen Kumpfmühl wurden 1885 die Reste eines römischen Lagers und ein noch erhaltener Torbogen, die Porta praetoria, entdeckt und 1887 freigelegt.

Regensburg bestand als keltische Niederlassung Radasbona (davon die mittelalterlich-lateinische Namensform Ratisbona und franz. Ratisbonne) schon in vorrömischer Zeit und hieß als römische Grenzfestung nach dem gegenüber mündenden Fluss Regen (Reganus) Regina Castra. Hier hatte Kaiser Marcus Aurelius im Markomannenkrieg sein Standquartier. Bedeutend wurde die Stadt durch den Handel mit den Germanen. Später wurde Regensburg Sitz der Bayernherzöge und eines Bischofs, 826 Residenz der ostfränkischen Karolinger, später des wiederhergestellten Herzogtums Bayern. Sicher seit 806 gab es Burggrafen als königliche Beamte in Regensburg, und wenn die Bischöfe auch Münz- und Zollhoheit erwarben, so gelang es ihnen doch nicht, die Grafenrechte an sich zu bringen.

Die Donaubrücke, eins der berühmtesten mittelalterlichen Bauwerke Europas, stammt aus den Jahren 1135–46. Im Jahr 1147 schiffte sich König Konrad III. in Regensburg zum Kreuzzug ein; 1189 brach Friedrich Barbarossa von hier mit dem Kreuzheer nach Palästina auf. 1272 starb hier der Prediger Bertold von Regensburg, der im Minoritenkloster begraben liegt.

Freie Reichsstadt, 1200–1663

Die ersten Freiheiten erhielt die Stadt nachweislich 1207, aber erst 1245 wurde sie als Dank für den Beistand, den sie Friedrich II. gegen den päpstlich gesinnten Bischof Siegfried geleistet hatte, Reichsstadt. Herzog Ludwig von Bayern hatte 1205 die Burggrafschaft zu Regensburg als Reichslehen erworben, und daraus fließende Rechte verblieben seinem Haus bis 1492.

Regensburg war der Typus einer mittelalterlichen Großstadt mit stolzen Patriziergeschlechtern und hochentwickeltem Handel, namentlich im 14. Jahrhundert, wo der deutsche Handel nach dem Süden vornehmlich in den Händen der Regensburger lag. Infolge des in Regensburg 1541 zwischen den Protestanten und Katholiken gehaltenen Religionsgesprächs kam das Regensburger Interim (s. Interim) zustande, und Regensburg nahm 1542 die Augsburgische Konfession an. 1630 fand hier der Kurfürstentag statt, der den Kaiser zur Entlassung Wallensteins zwang. Am 15. Nov. 1630 starb in Regensburg der Astronom Kepler (s. d.). 1632 wurde Regensburg von den Schweden unter Horn erfolglos belagert, 1633 von Bernhard von Weimar eingenommen, fiel aber 1634 wieder in die Hände der Kaiserlichen.

Immerwährender Reichstag, 1663–1803

1663 ward der Reichstag, der seit dem 15. Jahrhundert wiederholt hier getagt hatte, endgültig hierher verlegt und hatte hier fast ununterbrochen bis 1806 seinen Sitz.

1703 nahm der Kurfürst von Bayern Regensburg ein, räumte es aber wieder nach der Schlacht bei Hochstädt 1704. Im Jahr 1748 verlegte das fürstliche Haus Thurn und Taxis seinen Wohnsitz von Frankfurt a. M. nach Regensburg; der regierende Fürst war als Prinzipalkommissar Stellvertreter des Kaisers beim Reichstag. Mit der Auflösung des Deutschen Reiches 1806 verlor Regensburg, das zu Ende des 18. Jahrhunderts 20.000 Einwohner zählte, seine Reichsfreiheit und fiel samt dem Domstift an den Kurerzkanzler Dalberg (s. d.), 1810 aber an Bayern.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts umschloss das Weichbild von Regensburg folgende reichsunmittelbare Stände: die Reichsstadt, das Bistum, die Fürstabtei St. Emmeram, die fürstabteilichen Damenstifte Niedermünster und Obermünster, den Fürsten von Thurn und Taxis und die Komtureien des Deutschordens und des Johanniterordens. 1809 wurde Regensburg innerhalb weniger Tage zweimal erstürmt, 20. April von den Österreichern, 23. des Monats von den Franzosen; vor seinen Toren in der Nähe der Kartause Prüll wurde am 23. Napoleon I. das einzige Mal in seinem Leben, wenn auch nur leicht, verwundet. In neuerer Zeit hat sich Regensburg wieder bedeutend gehoben.

Das Wappen zeigt zwei ins Andreaskreuz gelegte silberne Schlüssel auf rotem Feld. Das berühmte Rathaus ist stilgemäß erneuert worden. Das prähistorisch-römische Museum und mittelalterliche Lapidarium ist eins der reichhaltigsten in Deutschland.

Bibliographie

  • Binder v. Krieglstein: Regensburg 1809 (Berl. 1902)
  • Bremen, v. : Die Tage von Regensburg 10. bis 23. April 1809 (2. Aufl., Berl. 1906)
  • Gemeiner: Über den Ursprung der Stadt Regensburg (Regensb. 1817)
  • Gemeiner: Chronik der Stadt und des Hochstifts Regensburg (Regenbs. 1800-24, 4 Bde.)
  • Gumpelzhaimer: Regensburger Geschichte, Sagen u. Merkwürdigkeiten (Regensb. 1830–38, 4 Bde.)
  • Hausenstein: Die Wiedervereinigung Regenburgs mit Bayern im Jahre 1810 (Münch. 1905)
  • Mayerhoffer: Krieg 1809, Bd. 1: Regensburg (hrsg. vom k. u. k. Kriegsarchiv, Wien 1907)
  • Walderdorff, Graf v.: Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart (4. Aufl., Regensb. 1896)
  • »Chroniken der deutschen Städte«, Bd. 15 (Leipz. 1878)
  • Führer durch Regensburg von Schratz-Dengler (5. Aufl. 1904), Fink (6. Aufl. 1903) u. a.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909
Bild: Regensburg, Bavaria, Germany, 1890–1905 (Library of Congress, LC-DIG-ppmsca-00127)

Festung und Festungsgeschichte