Reichsarmee, 1422–1806
Reichsarmee, die Truppenmacht des ehemaligen Deutschen Reiches in den letzten Jahrhunderten desselben. Nachdem die Reichsfürsten und Reichsstädte die Landeshoheit erlangt hatten, wurde der Kriegsdienst nicht mehr als unmittelbare Pflicht gegen das Reich angesehen, sondern es musste jeder einzelne Reichsstand bei einem Reichskrieg Truppen stellen, deren Aufbringung ihm überlassen blieb, und deren Stärke die Reichsmatrikel bestimmte. 1521 ward das einfache Reichsaufgebot (Simplum) auf 4000 Reiter und 20.000 Fußgänger festgestellt, jeder Reichsstand hatte ein bestimmtes Kontingent zu stellen oder die Unterhaltungskosten dafür (monatlich für einen Reiter 12 Gulden, für einen Fußgänger 4 Gulden; vgl. Römermonat) aufzubringen. In Kriegszeiten konnte das Reichsaufgebot verdoppelt oder vervielfacht werden (Duplum, Triplum, usw.). Als 1681 die Reichsarmee auf 40.000 Mann erhöht wurde, blieb der Maßstab der Reichsmatrikel von 1521 in Geltung. Die Reichsarmee als solche hat nie etwas Tüchtiges geleistet, weil die Zusammensetzung aus einer großen Zahl oft sehr kleiner Kontingente, die erst im Bedarfsfall aufgestellt wurden, jedes einheitliche Handeln unsäglich erschwerte, auch die einzelnen Stände oft an den kriegerischen Unternehmungen des Reiches nur geringes Interesse hatten, was sich in Führung und Verhalten ihrer Truppen widerspiegelte. Die Reichsarmee ging 1806 mit dem Heiligen Römischen Reich unter. Napoleon I. installierte an ihrer Stelle den Rheinbund.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909