Rhodos

Türme des 1939 rekonstruierten Großmeisterpalasts in Rhodos Stadt.

Rhodos (ältere Namen sind Ophiusa, Asteria, Trinakria, und Korymbia), östliche Insel des Ägäischen Meeres, 18 km von der kleinasischen Küste (Karien) entfernt, 1400 km², überwiegend aus tertiärem Kalkstein und Flysch aufgebaut, ist stellenweise zwar rauh und felsig, aber gut bewässert und im Allgemeinen fruchtbar (besonders Fruchtbäume, weniger Getreide), obwohl jetzt nur teilweise angebaut, trotz aller Raubwirtschaft noch fast zu einem Drittel bewaldet, und wird von einem Hauptbergrücken (mit dem 1240 m hohen Atabyrios) durchzogen. Hauptort der Insel war im Altertum die Stadt Rhodos, an der Nordostspitze, stark befestigt und mit doppeltem Hafen versehen. Unter den zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Kunstwerken derselben wird als eins der sieben Weltwunder die kolossale, dem Helios geweihte Bronzestatue, die in der Nähe des Hafens stand, hervorgehoben. Von Chares von Lindos um 200 v. Chr. vollendet, kostete sie 300 Talente und war 70 Ellen (32 m) hoch; nicht begründet aber ist die Angabe, dass dieser sogen. Koloss von Rhodos mit gespreizten Beinen über der Einfahrt des inneren Hafens gestanden habe. Ein Erdbeben stürzte ihn schon 223 v. Chr. um, doch ward er von den Römern wiederhergestellt. 672 n. Chr. verkauften die Sarazenen die Trümmer an einen Händler, der 900 Kamelladungen damit füllte. Die anderen älteren Städte waren Kameiros und Ialysos an der West- und Lindos an der Ostküste.

Die Akropolis von Lindos; innerhalb der Johanniterburg finden sich Reste des Tempels der Athene.

Älteste Bewohner der Insel waren die Telchinen, aus Kreta eingewanderte Phönizier, zu denen sich Karer gesellten. Einen entscheidenden Einfluss übten aber erst die dorischen Einwanderungen aus, als deren Führer der heraklide Tlepolemos und nach dem Trojanischen Krieg Achämenes bezeichnet werden. Lindos, Ialysos und Kameiros bildeten nebst Kos, Knidos und Halikarnassos (später ausgeschlossen) die dorische Hexapolis, deren Mittelpunkt der Tempel des triopischen Apollon an der Küste von Karien war. Als seefahrendes Volk gründeten die Rhodier viele Kolonien, so auf den Balearischen Inseln, in Spanien Rhode (Ciutadella de Roses), in Italien Parthenope (Neapel), Salapia, Siris und Sybaris (Cassano allo Ionio), auf Sizilien Gela, in Kleinasien Soloi, in Kilikien Gagä, in Lykien Korydalla. Politische Bedeutung erlangten sie aber erst, als jene drei Städte zu einem Bund zusammentraten und auf der Nordspitze der Insel die neue Hauptstadt Rhodos gründeten (408 v. Chr.), die stark befestigt wurde und einen durch große Molen gesicherten Hafen erhielt.

Fort St. Nicholas auf einer Mole des Mandraki-Hafens in Rhodos Stadt.

Im Peleponnesischen Krieg traten die Rhodier, anfangs athenisch gesinnt, 412 zu den Peleponnesiern über. Zwar gelang es diesen, die bald darauf von der demokratischen Partei versuchte Umwälzung zu unterdrücken; dessenungeachtet fiel die Insel 394 bei dem Erscheinen Konons wieder den Athenern zu. Unter Alexander d. Gr. erhielt die Insel eine mazedonische Besatzung. Nach seinem Tode begann die eigentliche Blüte von Rhodos. Mannhaft verteidigten die Rhodier mit ihrer großen Kriegs- und Handelsflotte die Stadt gegen Demetrios Poliorketes (304), breiteten ihre Herrschaft sogar über die karisch-lykische Küste und mehrere Inseln aus, vermittelten den Verkehr zwischen den streitenden Großmächten und begründeten zuerst ein allgemein gültiges Handels- und Seerecht. Auch Künste und Wissenschaften blühten. Der flüchtige attische Redner Aischines gründete in Rhodos eine Rednerschule, die von Römern viel besucht wurde. Nachdem die Insel als treue Bundesgenossin der Römer nach Besiegung des syrischen Königs Antiochos III. 189 Karien erhalten hatte, wovon ihr aber 168 bloß die Rhodische Peräa oder Chersonesos, die nächstgelegene Landzunge des Festlandes, blieb, und 42 v. Chr. von Cassius furchtbar verwüstet worden war, wurde sie 44 n. Chr. der römischen Provinz Asia einverleibt.

Die Stadtmauer von Rhodos Stadt am Hafen.

Nach dem Verfall Roms kam Rhodos 661 in die Hände des Kalifen Muawiya I., ward aber später von den Griechen wiedererobert. Nachdem diesen die Genuesen Rhodos abgenommen hatten, versuchte Johannes Kantakuzenos vergeblich, die Insel ihnen 1249 wieder zu entreißen, was erst dem Theodor Protosebastos gelang. 1310 machten die aus Palästina vertriebenen Johanniter die Insel zu ihrem Wohnsitz (daher Rhodiserritter) und verteidigten sie vom Mai bis 28. Juli 1480 tapfer gegen Mohammed II. Nach der Eroberung der Insel durch Sultan Suleiman II. 21. Dezember 1522 siedelten diese 1527 nach Malta über; seitdem stand die Insel Rhodos unter osmanischer Herrschaft. Anfang des 20. Jahrhunderts bildete Rhodos mit anderen Inseln ein Sandschak des Inselwilajets. Die Bevölkerung nahm durch Auswanderung ab und betrug etwa 30.000 (hauptsächlich Griechen, dazu 4000 Muslime, 300 Juden) in 43 Ortschaften. Hauptprodukte sind: Gerste, Sesam, Oliven, Wein, Feigen und Südfrüchte. Ein Drittel des Areals ist bebaut, zwei Drittel sind Öd- und Waldland. Wichtig ist die Ausfuhr von Sesam, Gemüse, Storaxharz, Feigen, Zwiebeln und Schwämmen. Die Einfuhr betrug 1900: 5,4 Mill. Mark, die Ausfuhr 1,9 Mill. Mark; der auswärtige Handel lag meist in österreichischen Händen.

Die Ritterstraße in Rhodos Stadt.

Die Milde des Klimas und die reine Luft machen die Insel zu einem höchst angenehmen und gesunden Aufenthalt. Die Insel ward seit dem Altertum öfters von Erdbeben heimgesucht, in neuester Zeit namentlich im März 1851 und Oktober 1856. Die Stadt Rhodos war der Sitz des Paschas und eines griechischen Erzbischofs, hat einige mittelalterliche Befestigungen, verwilderte Straßen (darunter die Ritterstraße, an deren Häusern noch vielfach die Wappen und Kreuze der Ordensritter), zwei kleine versandete Häfen (1899–1900: 357.226 t Schiffsverkehr, vornehmlich dürch österreichische, französische, griechische und türkische Dampferlinien vermittelt), Handel und 10.000 Einwohner. Die eigentliche Stadt ist ausschließlich von Türken und Juden der Insel bewohnt; die Christen haben die neun Vorstädte inne, die Fremden und Konsuln wohnen in Neochori.

Bibliographie

  • Berg: Die Insel Rhodos (Braunschw. 1860–62)
  • Biliotti und Cottret: L’Île de Rhodes (Rhodos und Par 1881)
  • Gelder, van: Geschichte der alten Rhodier (Haag 1900)
  • Guérin: L’Île de Rhodes (Par. 1880)
  • Schneiderwirth: Geschichte der Insel Rhodos (Heiligenstadt 1868)
  • Selivanow: Topographie des alten Rhodos (Kasan 1892)
  • Torr: Rhodes in ancient times (Cambridge 1885)
  • Torr: Rhodes in modern times (Cambridge 1887)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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