Rolle
Rolle (Umlenkrolle), eine der sechs einfachen Maschinen oder mechanischen Potenzen, besteht aus einer kreisförmigen, in einem Gehäuse, dem Kloben, drehbar angebrachten Scheibe, um die ein Seil gelegt wird, so dass ein an dem einen Seilende in der Richtung desselben ausgeübter Zug sich über die Rolle hinweg auf das andere Seilende in entsprechend veränderter Richtung fortpflanzt. Man unterscheidet feste und bewegliche (lose) Rollen. Bei der festen Rolle (Fig. 1) sind beide Seilenden a und b lose, dagegen der Kloben c der Rolle d an irgend einem Gegenstand befestigt, so dass bei genügend starkem Ziehen am Ende b das am anderen Ende hängende Gewicht Q gehoben wird, während die Roll d nur um ihren feststehenden Mittelpunkt rotiert. Es wird hierbei offenbar nur die Kraftrichtung verändert, dagegen eine Größenänderung der Kraft, abgesehen von dem Einfluss der Reibung- und Seilbiegungswiderstände, nicht vorgenommen, so dass die zum Heben von Q bei b erforderliche Kraft P um diese Widerstände größer als das Gewicht Q sein muss.
Bei der losen Rolle (Fig. 2) ist das eine Seilende a befestigt und das andere b sowie der Kloben c der Rolle d lose, so dass beim dem Ziehen an b außer einer Drehung auch eine fortschreitende Bewegung der Rolle eintritt. Da nun durch Vermittelung von d in beiden Seilenden a und b die gleiche Spannung P herrscht (wenn von der Reibung etc. abgesehen wird), also im ganzen, vorausgesetzt, dass a und b parallel sind, eine Kraft von der Stärke 2 P die Rolle nach oben zu ziehen bestrebt ist, so wird die hierdurch zu hebende Last Q ebenfalls gleich 2 P sein können. Es tritt hier also eine Kraftvermehrung ein, der jedoch eine Verringerung des Weges (Hubes) gegenübersteht, so dass die Last Q bei parallelen Seilen nur um die Hälfte der Strecke gehoben wird, um die das Ende b des Seiles emporgezogen wird. Die lose Rolle lässt sich aber auch derart umkehren, dass das Seilende a unten fest gelegt, die Last Q am Seilende b und die Kraft am Kloben angebracht wird. Dann findet natürlich eine Kraftverminderung und Hubverkürzung statt. Sind die Seile nicht parallel, so ändern sich die Verhältnisse in einer dem Parallelogramm der Kräfte entsprechenden Weise. Ein zweckmäßige Verbindung von festen und losen Rollen heißt Rollen- oder Flaschenzug. Die hierbei gebräuchliche Vereinigung mehrerer Rollen in einem gemeinschaftlichen Gehäuse heißt Flasche.
Die Verbindung mehrerer fester Rollen mit irgend einem in sich geschlossenen biegsamen Organ (Seil, Schnur, Riemen) führt zu den Riemenräderwerken, zum Schnurtrieb, Seiltrieb etc. (s. d.). Der Name Rolle wird auch mehrfach für »Rad« gebraucht, besonders bei kleinen Rädern; so spricht man von Laufrollen, Friktionsrollen etc.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909