Seeschlacht

Seeschlacht am Kap de la Hague, 22. bis 24. Mai 1692.

Seeschlacht, ein Gefecht zwischen zwei feindlichen Schiffen (Seetreffen) oder zwischen zwei Flotten.

1) Zwischen zwei Schiffe. Sobald beide Schiffe einander im Gesicht sind, wird Alarm geschlagen, und alles macht sich zum Treffen fertig. Da die Bedienung des Geschützes gehörigen Raum erfordert, so werden zuerst die Hängematten abgenommen, und dieselben zu einer Art von Schanze, auf dem obersten Verdeck und auf den Marsen, wo sie in Finkennetze gepackt werden, verwendet. Auf das Kommando des Bootsmanns: „Alle Hängematten auf!“ nimmt jeder Matrose die seinige ab, schnürt sie fest zusammen, und übergibt sie auf dem obersten Deck den Quartiermeistern, welche den oben genannten Gebrauch davon anordnen; über die Wanttaue, und das übrige vornehmste Tauwerk werden ebenfalls die dicksten Hängematten geschnürt, damit demselben durch das feindliche kleine Gewehrfeuer kein Schaden zugefügt wird. Der Schiffer, Bootsmann und Schiemann sorgen zugleich dafür, dass die Rahen mit Ketten an die Masten befestigt werden, weil das Abschießen derselben durch Kanonenkugeln ein Schiff in große Verlegenheit setzen würde; von den Hauptsegeln legt man einen Vorrat bereit, um sich im Notfall helfen zu können; eben so legt man alles in den Marsen bei der Hand, was zum schnellen Ausbessern der Taue dient. Reservetaue müssen allenthalben zum Gebrauch fertig gehalten werden. Der Zimmermann mit seinen Gehilfen begibt sich in den Laufgraben, um mit den bereitliegenden Schmierproppen, und anderem Gerät, die durch die feindlichen Kanonenkugeln entstandenen Lecke sogleich zu verstopfen, und das eingedrungene Wasser auszupumpen. Der Konstabel und seine Gehilfen besichtigen die Kanonen, und lassen alle nötige Munition, und anderes Geschützzubehör herbeibringen; hierbei sorgt ein jeder Kommandeur der Kanonen für die seinige; der Schiffer sieht darnach, dass die Segel entweder zum Teil eingenommen, oder mehrere beigesetzt werden. Die Lieutenants besichtigen die Verdecke, lassen alle Hindernisse, die sich daselbst befinden, aus dem Wege räumen, und sehen darauf, dass alles tätig ist; die Krautlaterne und bei Nacht die Schlachtlaterne, werden angesteckt, und die Signallaternen in Bereitschaft gehalten.

Wenn die feindlichen Schiffe einander nahe genug gekommen sind, wird die Trommel gerührt, und jeder muss sich auf ein mit der Pfeife erteiltes Kommando zu seinem ihm angewiesenen Posten verfügen; die Luken, welche in den Schiffsraum führen, werden allenthalben zugemacht, damit sich Niemand aus Furcht verbergen könne, nur die Luken ausgenommen, durch welche die Kartuschen aus der Pulverkammer zugereicht werden; hier stehen Schildwachen mit blankem Gewehr, um zu verhindern, dass sich jemand mit Feuer nähere, oder eine andere Unordnung vorfalle. Die Seesoldaten werden auf der Back, Schanze und Hütte in Ordnung gestellt, und unter diese sowohl als unter die auf den Marsen befindlichen, Granaten und andere Ernstfeuer verteilt; die Kanonen werden losgemacht, geladen und auf den Feind gerichtet.

Das Treffen beginnt selten eher, als bis man sich durch Kleingewehrfeuer, welches durch die oben angeführten Seesoldaten unterhalten wird, erreichen kann; hierzu wird ein Signal gegeben. Dieses Gewehrfeuer und das Kanonenfeuer machen den Anfang, man lässt aber nie ganze Abteilungen oder lagenweise feuern, weil dies das Schiff zu sehr erschüttert. Die Lieutenants, und auch die Seekadetten, wenn ihnen ein solcher Posten anvertraut ist, gehen bei ihren Batterien auf und ab, und sehen allenthalben auf Tätigkeit und Ordnung; der Konstabel sorgt, dass es nicht an Munition fehle, welche beständig durch dazu bestimme Leute und Schiffsjungen herzugetragen wird.

Das Richten der Kanonen geschieht auf dreierlei verschiedene Gegenstände: 1) auf das Schiff unter dem Wasser, um ihm Grundschüsse beizubringen; 2) auf das Schiff über dem Wasser, 3) nach den Masten, Rahen und Segeln.

Die Verwüstung, welche eine solche gegenseitige Kanonade anrichtet, ist groß; Seiten und Verdecke werden durchschossen und zersplittert, Tauwerk, Segel, Masten, Rahen und Blöcke werden heruntergeschossen, wodurch die Mannschaft getötet und verwundet wird; außerdem ist sie dem stärksten Kanonen-, Flinten- und Granatenfeuer ausgesetzt, und die umher fliegenden Splitter verursachen ebenfalls die schwersten Wunden. Die Verwundeten werden unten auf die Kuhbrücke gebracht, welcher Ort das Schlachtverband heißt, und wo sie der Chirurgus verbindet.

Die größte und überwiegende Tätigkeit und Entschlossenheit entscheidet gewöhnlich das Gefecht, welches der Kapitain, welcher oben auf der Hütte steht, um alles zu übersehen, leitet; oft verhindern aber auch unvermutete Unglücksfälle den Sieg, z. B. das Auffliegen des Schiffs, wenn die Pulverkammer Feuer fängt, oder das Versinken desselben, wenn es zu viel Grundschüsse bekommen hat. Das Schiff, welches sich für überwunden erklären will, streicht seine Flagge; der Sieger nimmt sogleich davon Besitz, und übergibt einem seiner ersten Offiziere das Kommando desselben, so lange, bis der Admiral einen anderen dazu ernennt. Die überwundene Besatzung wird kriegsgefangen auf das Schiff des Siegers gebracht.

Nach dem Treffen sucht man sogleich den erlittenen Schaden auszubessern. Das Geschütz wird sogleich gegen die Seiten des Schiffs wieder festgemacht, die übrig gebliebene Munition wieder in die Pulver- und Konstabelkammer gebrach, das Deck wird angenässt und abgefegt, die Laternen wieder ausgelöscht und in Verwahrung gebracht. Der Konstabel, der sich mit seinen Leuten in der Pulverkammer befand, kommt herauf, visitiert die Kanonen, ob sie Schaden erlitten haben, lässt sie wieder reinigen und in Stand setzen. Die schadhaften Segel und Taue, die zerschossenen Stengen und Rahen werden abgenommen und ausgebessert, oder durch neue ersetzt; der Zimmermann mit seinen Gehilfen bessert alle schadhaften Stellen des Schiffs wieder aus; kurz alles muss sich bald nach dem Treffen wieder in dienstfertigem Zustand befinden.

2) Eine Schlacht zwischen zwei Flotten, setzt von dem Admiral, der sie leitet, viele Vorsicht, Kenntnis, und besonders Geistesgegenwart voraus, wegen der Menge unvermeidlicher und unvorhergesehener Ereignisse. Sobald der Admiral die feindliche Flotte entdeckt hat, und sich mit ihr in ein Treffen einlassen will, gibt er durch ein Signal das Zeichen zur Schlachtordnung, worauf die einzelnen Schiffe der Flotte, aus ihrer Marschordnung in Kolonnen, in die Schlachtlinie einrücken, welche von dem Admiral bezeichnet ist. Die Richtung des Windes, und die Stellung der feindlichen Flotte, geben ihm die Regeln für die Stellung der seinigen, und sein Hauptaugenmerk ist dahin gerichtet, dass seine Linie nicht vom Feind umsegelt wird.

Wenn sich die Flotten einander nähern, so werden gewöhnlich die mehrsten Segel eingezogen, und die Schiffe bekommen ihre Bewegung nur durch das große Segel, Vormarssegel und Klüversegel; das Kreuzsegel bestimmt den schnelleren oder langsameren Gang, je nachdem man es bald voll, bald halb voll hält, bald streicht usw. Zur Seite des Teils der Flotte, welcher nicht sogleich in Aktion kommt, legen sich die Repetiteurs und Brander außer dem Bereich des feindlichen Geschützes; noch weiter entfernt die Proviant-, Transport- und Hospitalschiffe, alle in der Linie bei dem Winde, wie unter dem Artikel Linie beschrieben worden ist; wenn die Anzahl der letzteren groß ist, so werden ihnen Fregatten zur Bedeckung gegeben.

Die größte Aufmerksamkeit des Admirals ist hiernächst darauf gerichtet, dass seine Linie nicht vom Feind durchbrochen werde; die Reserveschiffe müssen daher in gehöriger Zahl im zweiten Treffen stehen, und sogleich die beschädigten Schiffe der ersten Linie ersetzen. Kein Kapitain darf unter irgend einem Vorwand seinen Standpunkt verlassen, es sei denn, dass sein Schiff außer Stand gesetzt worden wäre, sich länger zu verteidigen, oder dass der Admiral ihm ein Signal zu irgend einem Unternehmen gäbe.

Da das Entern, sowohl wegen der jetzigen Bauart der Schiffe, als auch wegen des ungewissen Erfolgs, nur sehr selten geschieht, so entscheidet das Feuer der beiderseitigen Linien gewöhnlich den Sieg; Brander, welche zu rechter Zeit abgeschickt worden sind, Überflügelung des Feindes, so dass man einen Teil seiner Schiffe zwischen die beiden feindlichen Treffen zu werfen sucht, tragen das ihrige dazu bei. Kleine Flotten können oft größere schlagen, wenn bei ihnen größere Ordnung herrscht, alle Signale richtig den Schiffen mitgeteilt werden, und wenn die Mannschaft dem Feinde sowohl durch Mut, als durch größere Tätigkeit und Geübtheit überlegen ist; überdies können sie auch leichter ihre Stellung verändern und manövrieren.

Derjenige Admiral trägt gewöhnlich den Sieg davon, der die Lage der feindlichen Schiffe und seiner eigenen am genauesten beobachtet, jeden Umstand zu benutzen, und bei jeder Veränderung des Windes vorteilhafte Einrichtungen zu treffen weiß. Hat er den Sieg errungen, so muss er denselben so rasch als möglich verfolgen, und alle Schiffe, die er nur irgend erreichen kann, erobern, verbrennen oder auf andere Weise zu Grunde richten. Wird er aber geschlagen, so muss er sich bestreben, so viel Schiffe als möglich, zu retten, die beschädigten Schiffe durch andere aus dem Feuer ziehen lassen, denen frische Mannschaft senden, die solche nötig haben, und ohne Unordnung seinen Rückzug formieren, der gewöhnlich in Gestalt eines offenen Winkels, oder eines halben Mondes geschieht, in dessen Zentrum er sich selbst befindet, so dass der Feind nicht leicht, ohne Gefahr zwischen zwei Feuer zu kommen, eindringen kann. S. Flotte, Linie, Marschordnung, Rückzugsordnung usw.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Seeschlacht, der Entscheidungskampf zwischen den Schlachtflotten oder Geschwadern kriegführender Staaten im Seekrieg (s. d.). Zweck der Seeschlacht ist die Niederkämpfung (Vernichtung oder starke Schädigung) des Gegners, um selbst die Seeherrschaft zu erringen und den Gegner von der See zu vertreiben, ihn in seine Häfen zurückzuwerfen. Die Eigenart des Seekriegs bringt es mit sich, dass sowohl der Angreifer als der Verteidiger in der Seeschlacht zur taktischen Offensive, zum gegenseitigen Angriff gezwungen sind (vgl. Seestrategie).

In der Schlacht bei Tsuschima (27. Mai 1905) hatte der Admiral Togo die vorher gewonnene japanische Seeherrschaft gegen den russischen Admiral Rojestwenski zu verteidigen; um dies erfolgreich zu tun, griff Togo die russische Flotte an und vernichtete sie, nachdem er, in günstiger Stellung abwartend, sie an sich hatte herankommen lassen. Der Erfolg der Seeschlacht ist abhängig von der Kriegstüchtigkeit der Flottenführer und Besatzungen, der Stärke der Linienschiffe und ihrer Bewaffnung, den strategischen Vorbereitungen zur Seeschlacht durch guten Aufklärungsdienst der Kreuzer, gründliche Versorgung der Flotte mit Brennstoff, Schießbedarf und anderen Vorräten. Während die schlecht geübte russische Flotte auf langer Seefahrt in Marschordnung ohne eigentlichen Aufklärungsdienst vorrückte, hatten die japanischen Kreuzer schon Wochen vor der Schlacht Fühlung mit den Russen, so dass durch Funkspruch und Fernsignale der japanische Admiral vor der Schlacht genau über den Gegner Bescheid wusste und demgemäß seine Vorbereitungen für den Angriff traf.

Als Hauptgrundsatz für die Seeschlacht gilt das Bestreben, mit gesammelter eigener Kraft den Feind zu zersplittern, oder von Anfang an die Sammlung der feindlichen Streitkräfte zu verhindern, um an entscheidender Stelle stets stärker zu sein als der Gegner; da die Artillerie die Hauptwaffe der Seeschlacht ist, kommt es darauf an, schon im Fernkampf so zu manövrieren (vgl. Seetaktik), dass möglichst viele eigene Linienschiffe und Panzerkreuzer einen Teil, z. B. die Spitze oder Nachhut der feindlichen Flotte, gleichzeitig unter Feuer nehmen und niederkämpfen.

Die günstige Anfangsstellung zur Seeschlacht ist von der Güte der Aufklärung durch die Kreuzer, von der Schnelligkeit und Zweckmäßigkeit der taktischen Manöver abhängig. Admiral Togo gelang es, die feindliche Spitze durch gesammelten Angriff mehrerer Flottenteile schon zu Beginn der Seeschlacht zu vernichten, wobei die überlegene Treffsicherheit der japanischen Geschützführer schnell die Entscheidung herbeiführte. Neben den Geschwadern der Linienschiffe, deren Kampfform meist die Linie ist, sind auch Geschwader von schnelleren Panzerkreuzern nützlich, um die feindliche Linie zu umgehen und in Kreuzfeuer zu nehmen. Die Torpedoflottillen greifen bei Tage nur da in die Seeschlacht ein, wo es sich darum handelt, einem geschwächten Gegner den Todesstoß zu geben. Ihre Hauptaufgabe ist die Beunruhigung des Gegners vor und nach der Seeschlacht durch Nachtangriffe. Die leichten Aufklärungskreuzer beteiligen sich während der Seeschlacht bei der Abwehr von Torpedobootsangriffen und decken nachts die Flanken der Linienschiffslinien. Auf den Nahkampf mit dem Sporn ist kaum mehr zu rechnen, es sei denn, dass ein schon stark beschädigtes und manövrierunfähiges feindliches Schiff durch einen Gegner, der seine Torpedos schon verschossen hat, vernichtet werden soll; im allgemeinen wird der Gefechtsabstand der feindlichen Schlachtlinien etwa 2000–3000 m betragen, um außerhalb der Wirkung der Torpedowaffe zu bleiben. Vgl. auch »Kreuzer, Marine, Panzerschiff, Torpedo, Unterseeboote«.

Die wichtigsten Seeschlachten der Weltgeschichte

  • 480 v. Chr., 27. oder 28. Sept. Themistokles besiegte bei Salamis mit 70.000 Griechen auf Trieren 150.000 Perser auf 700 Schiffen.
  • 260 v. Chr. Cajus Duilius besiegte bei Mylä mit 103 römischen Triremen 500 phönizisch-griechisch-ägyptische Schiffe.
  • 1571, 7. Okt. Don Juan d’Austria besiegte bei Lepanto mit 212 venezianisch-spanisch-päpstlichen Galeeren 264 türkische Schiffe.
  • 1588, 31. Juli bis 8. Aug. Lord Howard besiegte im Englischen Kanal mit 129 englischen und 100 holländischen Schiffen die spanische Armada (130 Gallionen, 30 Galeeren).
  • 1666, 11.–14. Juni. de Ruiter besiegte in der Straße von Dover mit 100 holländischen Schiffen 80 größere englische und bedrohte London.
  • 1797, 14. Febr. Jervis besiegte beim Kap St. Vincent mit 15 englischen Linienschiffen 26 spanische Linienschiffe.
  • 1798, 1. Aug. Nelson besiegte bei Abukir mit 13 englischen Linienschiffen 13 französische Linienschiffe.
  • 1801, 1. April. Nelson besiegte bei Kopenhagen mit 12 englischen Linienschiffen 20 dänische Linienschiffe und schwimmende Batterien.
  • 1805, 21. Okt. Nelson besiegte bei Trafalgar mit 27 englischen Linienschiffen 33 französisch-spanische Linienschiffe.
  • 1827, 20. Okt. Codrington besiegte bei Navarino mit englisch-französisch-russischen Geschwadern die ägyptische Flotte.
  • 1853, 30. Nov. Nachimow besiegte bei Sinope mit der russischen Flotte die türkische Flotte.
  • 1864, 9. Mai. Tegetthoff besiegte bei Helgoland mit dem österreichischen Geschwader das dänische.
  • 1866, 20 Juli. Tegetthoff besiegte bei Lissa mit der österreichischen Flotte die italienische.
  • 1894, 14. Sept. Ito besiegte vor der Yalumündung mit der japanischen Flotte die chinesische.
  • 1905, 27. Mai. Togo besiegte bei Tsuschima mit der japanischen Flotte die russische.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe