Segeln
Segeln, sagt man von einem Schiffe, wenn es durch die Kraft des auf die Segel wirkenden Windes Bewegung erhält; die Stellung der Segel wird durch die Richtung des Windes bestimmt. Wenn die Richtung des Windes mit der Richtung des Schiffes dieselbe ist, so sagt man, das Schiff segelt vor dem Winde; durchschneidet die Richtung des Windes den Weg des Schiffes in einem rechten Winkel, so segelt das Schiff mit halbem Winde; und hier können alle Segel gebraucht werden. Um unter diesen Umständen den Wind zu fassen, und das Schiff, in der Richtung seines Vorderteils fortzubewegen, müssen die Segel schief gegen den Wind und gegen die Richtung des Windes gestellt werden. In dieser Lage werden Wind und Segel zum Teil mit dahin streben, das Schiff von der Seite zu treiben; da das letztere aber mit seiner ganzen langen Seite einen beträchtlichen Widerstand im Wasser findet, so weicht es nach der Seite aus, wo dieser Widerstand der geringste ist, und diese ist, nach der Bauart des Schiffes und der Stellung der Segel, das Vorderteil; es geht also vorwärts. Hätte man hingegen die Segel so gestellt, dass sie den Wind auf ihrer entgegengesetzten oder äußeren Seite, ebenfalls in schiefer Richtung auffingen, so würde das Schiff nach seinem Hinterteil zu ausweichen.
Hieraus geht hervor, wie ein Schiff mit einerlei Winde nach verschiedenen Richtungen fortbewegt werden kann; allein die schiefe Stellung der Segel lässt sich nur bis auf einen gewissen Punkt treiben. Wenn man nämlich den Wind nicht mehr von der Seite, sondern schon in schiefer Richtung von vorne auffängt, und dennoch mit dem Vorderteil vorwärts kommen will, so kann man diese bei gewöhnlich gebauten Schiffen bis zu einem Winkel von 67½ Grad treiben, den die Richtung des Windes mit dem Wege des Schiffes macht; bei einzelnen Schiffen geht dies sogar bis zu einem Winkel von 56 Grad. Im ersten Falle sagt man, das Schiff segelt bei dem Winde, im letzteren: es segelt dicht beim Winde, oder nähert sich dem Ursprung des Windes so viel als möglich; in beiden Fällen muss aber die Stellung der Segel so beschaffen sein, dass die Wirkung des einen Teils der Segel auf den anderen Teil übergehe, um nach vorne, oder gerade in den Wind zu segeln.
Wenn man so vor dem Winde segelt, dass man den Wind in einem Winkel von 45 Grad mit der Richtung des Schiffes auffängt, so heißt dies mit Backstagswind segeln, und dieses ist der vorteilhafteste Wind.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)