Tempo

Tempo, heißt in der Fechtkunst der Augenblick, wo die Bewegung zu einem Stoß oder Hieb gemacht wird, oder auch zu einer Finte, Battute, Ligade usw. Macht nun der Gegner zu gleicher Zeit eine Bewegung zum Angriff, so entstehen daraus die Tempostöße und Tempohiebe.

Die Tempostöße sind dreierlei: mit dem Tempe, gegen das Tempo, und in das Tempo. Die Stöße mit dem Tempo entstehen, wenn man in dem Augenblick, wo der Gegner stringieren will, in seine Blöße stößt. Stöße gegen das Tempo sind immer feste Stöße, indem man gegen die gemachte Bewegung des Gegners, oder vielmehr gegen sein Stringieren stößt; sie werden vorzüglich gegen solche angewandt, die stets avancieren wollen, auch gegen das Winden der Klinge. Die Stöße ins Tempo sind diejenigen, wo zugleich mit dem Stoß, der Stoß des Gegners pariert wird; sie sind also ebenfalls nur feste, wobei zugleich die Klinge des Gegners mit seitwärts gedrückt wird, können aber nicht nur gegen alle Streichfinten, sondern gegen alle flüchtigen und festen Stöße angewendet werden, die Quart unter den Arm ausgenommen; dabei muss man aber so schnell als möglich mit seiner ganzen Stärke die ganze Schwäche des Gegners fassen. Die Kontrelektionen gegen die Tempostöße sind verschieden. Gegen die Stöße mit dem Tempo braucht man bloß zurückzugreifen, und zu parieren; den Stößen gegen und in das Tempo aber kann man kein besseres Mittel entgegen setzen, als das Ab- und Angehen, s. Fechtkunst.

Die Tempohiebe sind so mannigfaltig als die Tempostöße, und haben ihren Grund meistenteils in den weitschweifigen Bewegungen der Faust des Gegners; auch gibt es eigentlich nur Hiebe mit und gegen das Tempo; Hiebe ins Tempo finden gar nicht statt, und wenn man sie auch annehmen wollte, so können sie doch nur gegen Streichfinten angewendet werden.

Von den Hieben mit dem Tempo, welche eigentlich mehr Schritte als Hiebe sind, ist zu bemerken, dass der ganze Körper dem Gegner entgegen, und sogleich nicht nur der rechte Fuß hinter den linken gesetzt, sondern auch der Unterleib, so viel als nur immer möglich eingezogen werde, damit der Gegner weder den Körper, noch das rechte Bein erreichen kann. Dabei ist aber vorausgesetzt, dass man gewohnt ist, ganz genau auf die Bewegungen der Faust des Gegners zu sehen, und daraus den Hieb, welcher von seiner Seite erfolgen wird, zu beurteilen; sonst kann man weder einen Tempohieb anbringen, noch parieren. Dies letztere besteht einzig und allein darin, dass man eine einfache untere Finte macht, und den oberen Hieb, der eigentlich darauf folgen sollte, in eine Parade verwandelt, nicht nur um den Hieb mit dem Tempo von sich abzuwenden, sondern auch um zu erforschen, ob der Gegner die Absicht hat, mit dem Tempo zu hauen. Ist nun aber ein solcher Hieb wirklich pariert, und man haut noch sehr schnell nach, so hat der Gegner kein anderes Mittel, um diesen Nachhieb parieren zu können, als dass er zugleich seinen linken Fuß hinter den rechten setzt, wodurch er nut wieder in die mittlere Mensur kommt.

Die Hiebe gegen das Tempo geschehen zwar in demselben Augenblick, wie die Hiebe mit dem Tempo, allein sie unterscheiden sich von dem letzteren dadurch, dass sie von der Schwäche nach der Stärke der Klinge des Gegners gemacht werden. Bisweilen ist es hierzu von nicht geringem Nutzen, zu gleicher Zeit den rechten Fuß an den linken zu setzen, um mehr Schwäche von der Klinge des Gegners zu bekommen; indessen können die Hiebe gegen das Tempo nur gegen die oberen Hiebe angewendet werden, und gehen selten nach dem Kopf, gewöhnlich nur nach dem Arm. Sie können übrigens sowohl beim Angriff, als auf den Nachhieb angewendet werden, nur muss man bei den letzteren nur halb vortreten.

Der Gegner haut gewöhnlich gegen das Tempo, wenn man beim Überheben über seine Klinge zu geschwind verfährt; dies muss also etwas behutsam geschehen, und alsdann erst schnell nachgehauen werden, wenn man aus der Bewegung seiner Faust ersieht, dass er nicht gegen das Tempo hauen wird. Schickt er sich aber dazu an, so kann man nicht nachhauen, sondern muss beim Überheben dazu bereit sein, seinen Tempohieb zu parieren, wobei man nur seinen beabsichtigten Hieb in eine Parade verwandelt. Haut man selbst nach dieser Parade nach, so kann der Gegner nichts tun, um diesen Hieb parieren zu können, als seinen linken Fuß zugleich hinter den rechten setzen, und einen neuen Nachhieb folgen lassen.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe