Theben (Thebae)

Theben (Thebae) die größte Stadt in der griechischen Landschaft Böotien, wird schon von Homer als die Stadt der sieben Tore (Thebe Heptapylos) genannt und war in der historischen Zeit der wichtigste Ort des Böotischen Bundes. Theben lag in quellenreicher, hügeliger Gegend über dem südlichen Rand der aonischen Ebene und hatte eine etwa 7,5 km lange Ringmauer. Als die ältesten Bewohner der Stadt werden die Kadmeier genannt; ihnen gibt die Sage den aus Phönikien eingewanderten Kadmos zum Stammvater, in dem neuere Forschung den Träger phönikischer Besiedelung hat erkennen wollen, und erzählt weiter von dem unglücklichen Geschick des Königs Ödipus (s. d.), dem durch den Streit seiner beiden Söhne Eteokles und Polyneikes veranlassten Zug der »Sieben gegen Theben«, und von dem der Epigonen, den Söhnen jener Sieben (s. Epigonen).

Figuren

In der Zeit der dorischen Wanderung sollen aus Thessalien kommende Böotier (s. Böotien) die ganze Landschaft besetzt haben, deren Städte sich zu einem Bund vereinigten mit Theben als Vorort. Sein Gesetzgeber war der Bakchiade Philolaos aus Korinth, seine Verfassung war aristokratisch. Die Geschichte wird in ihrem ersten Teil durch die Eifersucht auf die wachsende Macht Athens bestimmt; deshalb schloss sich Theben an Sparta an und stand in den Kriegen mit den Persern auf deren Seite, verlor aber dadurch so sehr an Ansehen in den übrigen Städten Böotiens, dass diese sich in den Jahren 456 (nach der Schlacht bei Önophyta) bis 447 (Schlacht bei Koroneia) Athen zuwandten. Im Peloponnesischen Kriege gehörte Theben zu dessen erbittertsten Feinden und forderte nach demselben sogar Athens Zerstörung. Dann aber trat Spannung mit Sparta ein, die zum Korinthischen Krieg (395–394) und später zur Besetzung der Kadmeia durch Phöbidas (382) und Vertreibung der Häupter der demokratischen Partei führte. 379 kehrte jedoch Pelopidas (s. d.) mit den übrigen Flüchtlingen nach Theben zurück, stürzte die Aristokraten, erzwang mit Hilfe eines athenischen Heeres die Räumung der Burg, wies Einfälle der Lakedämonier mit Hilfe der Athener ab und unterwarf sich auch die übrigen böotischen Städte.

Infolge allgemeiner Kriegsmüdigkeit kam es 371 zum Frieden von Sparta; nachträglich wollten sich ihm aber die Thebaner nicht fügen, weil die Spartaner die Auflösung des Böotischen Bundes forderten, und so begann der Thebanische Krieg. Des Epaminondas Sieg bei Leuktra (371) brach den Glauben an die Unüberwindlichkeit Spartas; auf wiederholten Einfällen in den Peloponnes stiftete Epaminondas den Arkadischen Bund, stellte die Unabhängigkeit Messeniens wieder her und strebte sogar nach einer Seeherrschaft. Jetzt glaubte selbst Athen, Thebens Übermacht fürchten zu müssen und trat auf Spartas Seite über, und nach des Epaminondas Sieg und Tod bei Mantineia (362) sank Thebens Macht wiederum, das nur durch das Genie seiner beiden größten Staatsmänner so hoch gestiegen war und durch seine Großtaten die Macht des einzigen Staates zersplittert hatte, welcher der von Norden drohenden Gefahr mit Erfolg hätte begegnen können. Allein war es dazu nicht imstande und beschleunigte dieselbe nur; denn als das Nachbarland Phokis zum Kriege gereizt hatte (dem zweiten Heiligen Krieg, 355–346) und in ihm unterlegen war, rief es Philipp von Mazedonien zu Hilfe und gab ihm Gelegenheit, sich in Hellas festzusetzen. Zu spät durchschaute es die Sachlage, verband sich nach der Besetzung von Elateia durch Philipp mit den Athenern, wurde aber bei Chäroneia (338) besiegt.

Nach Philipps Tod (336) empörte sich Theben gegen Alexander (335) auf die falsche Nachricht von dessen Tode. Aber schon nach zwölf Tagen stand dieser vor der Stadt und zerstörte sie nach dem Beschluss des korinthischen Synedrions; 6000 Thebaner fielen, 30.000 wurden als Sklaven verkauft. Erst 315 wurde Theben von Kassandros mit Hilfe der Athener wieder aufgebaut und stand nun unter mazedonischer Herrschaft. Im Achaiischen Krieg 146 schloss es sich der Kriegserklärung der Achaier an die Römer an; nach Verlust der Schlachten bei Skarpheia und Leukopetra flohen aber die Einwohner Thebens nach dem Peloponnes, und Theben verödete seitdem. Pausanias fand nur noch die Burg und einige Tempel vor. Aus Thebens Gebiet stammte Pindar. An Stelle der phönikischen Burg Kadmeia erhob sich Thivä (s. d.).

Bibliographie

  • Bethe: Thebanische Heldenlieder (Leipz. 1901)
  • Fabricius: Theben, Untersuchungen über die Topographie und Geschichte (Freiburg 1890)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren der Antike