Truppengattung

Truppengattungen; Infanterie, Kavallerie, Artillerie, und Pioniere.

Truppengattung (Waffengattung, Waffe), bezeichnet eine Einteilung des Heeres nach ihrer verschiedenen Bewaffnung und Art gegen den Feind zu fechten. Es sind deren hauptsächlich viererlei (und nach der bei der preußischen Armee üblichen Einteilung) nämlich: Fußvolk, Reiterei, Geschützvolk (Artillerie) und Rüstvolk (Pioniere); das Nähere über ihre Eigenschaften finde man unter den zugehörigen Artikeln. Es bleibt noch übrig, die Verbindung der verschiedenen Truppenarten zum Gefecht kurz auseinander zu setzen.

Da sich durch die Gestaltung des Terrains und durch andere Umstände ein unaufhörlicher Wechsel darbietet, so leuchtet ein, dass nicht für jede dieser Abwechslungen eine jede Truppengattung gleich brauchbar sein kann; und obgleich Fälle eintreten, wo nur eine Waffe ausschließlich einen zweckmäßigen Gebrauch gestattet, so beweist doch die Mehrzahl der gewöhnlich sich ereignenden Umstände, dass es notwendig ist, nicht nur das ganze Heer, sondern auch einzelne Abteilungen desselben, aus allen oder doch mehreren Waffen zu mischen. Die Truppenverbindungen finden nun folgendermaßen statt:

1) Fußvolk und Reiterei erhalten durch ihre Verbindung ein vorzügliches Übergewicht für die Wirkung der blanken Waffen; das Entscheidende dieser Wirkung wird nicht nur durch das Feuergewehr in der Nähe herbeigeführt, sondern auch schon in der Ferne vorbereitet. Nur in solchen Fällen, wo das Terrain die Bewegung der Reiterei unmöglich macht, oder nur hindert, also in dichten Waldungen, sumpfigem, felsigem, mit Gräben und Hecken durchschnittenem Boden, beim Angriff auf Gebäude, Schanzen usw. wird eine Masse Fußvolk vorzüglicher sein, als eine gleich große aus beiden Waffen gemischte Masse. So wie der Chok der Reiterei durch das Fußvolk verstärkt wird, so ist dieses nicht nur auch umgekehrt der Fall, sondern das Fußvolk erhält auch durch die Reiterei einen Grad von Beweglichkeit, den sie allein nicht herzustellen vermögend sein würde. Die Vorteile dieser Beweglichkeit sind nämlich, das schnellere Einholen von Nachrichten und Befehlen, das plötzliche und nachdrückliche Verfolgen errungener Vorteile, das Festhalten des Feindes in einer für ihn ungünstigen Lage, durch Bedrohung seines Rückens, seiner Flanken und Verbindung, das Sichern der eigenen Flanke und Verbindung, das Decken des Rückzuges, und das Zurückscheuchen des Feindes auf einen größeren Abstand.

Aus der Mannigfaltigkeit der Umstände, wo der Gebrauch der Reiterei beschränkt ist, ergibt sich, dass sie weit hilfsbedürftiger ist, als das Fußvolk, und dass sie in Verbindung mit anderen Waffen nur als Hilfswaffe anzusehen ist; aber eben so beschwerlich muss ihr auch die Beimischung des Fußvolks sein, wegen der Langsamkeit der Bewegungen, und weil sie durch dasselbe oft in Lagen kommt, wo sie sich oft ganz leidend verhalten muss, und wohin sie allein vielleicht nie gegangen sein würde. Soll daher die Reiterei als Hauptwaffe gebraucht werden, so muss ihre etwaige Beimischung ebenfalls beritten sein.

2) Artillerie mit einer anderen Waffe verbunden, kann dadurch nur gewinnen; und da sie so wenig selbständig ist, so geht daraus der Grundsatz hervor, dass sie nie sich selbst überlassen bleiben darf. Sie ist daher größtenteils zur Hilfswaffe bestimmt, den Schanzen- und Festungskrieg, so wie einzelne Momente des Gefechts abgerechnet; die Beimischung der anderen Waffen entsteht aber durch die Frage, entweder, ob letztere dem Geschütz bloß als Bedeckung, oder ob ihnen das Geschütz zur Hilfswaffe bestimmt sei. Hierbei entscheidet das Terrain, welche Waffe zur Bedeckung bestimmt werden muss, ob Reitere oder Fußvolk; die Art des Geschützes, die Fechtart des Feindes, und die Zwecke, welche man erreichen will, geben die Wahl der Geschütze an die Hand. In allen Fällen, wo die Wirksamkeit der Artillerie vollständig sein kann, gibt sie ein ganz entscheidendes Übergewicht über den nicht damit versehenen, und selbst weit zahlreicheren Feind; ist aber Beweglichkeit, und die Fähigkeit, in dem mannigfaltigsten Boden zu kämpfen, erforderlich, so vermehrt die Artillerie nicht nur die Verlegenheit der übrigen Truppen, sondern sie hat auch einen nur geringen Einfluss, und wird dem Flüchtigen eben so schädlich, als dem Sieger nützlich. Der Nutzen der Artillerie überhaupt hängt nicht so sehr von der Art und Zahl des Geschützes ab, sondern vielmehr von einer Menge anderer Umstände, und von einem Gebrauch, welcher dem Ort, der Zeit und dem Zweck angemessen ist.

3) Die Pioniere (Mineurs, Sappeurs und Pontoniere) können nur in Verbindung mit anderen Waffen einen Nutzen von ihrer Tätigkeit hervorbringen, weil sie nicht dahin streben, für sich allein gegen den Feind zu wirken, sondern weil sie anderen Truppenarten ein erhöhtes Offensiv- oder Defensivvermögen, eine vollständigere Deckung oder eine erleichterte Bewegung verschaffen sollen. Dahingegen gibt es aber auch nur wenige Kriegsverhältnisse, wo man nicht von ihrem Beistand einen wesentlichen Nutzen ziehen könnte, und ihre Gegenwart hemmt nie die Tätigkeit der anderen Waffen.

Aus allem diesem ergibt sich im Allgemeinen, dass jede Waffe abwechselnd unterstützter oder unterstützender Teil sein kann; am häufigsten aber wird das Fußvolk von den anderen Waffen unterstützt. Ist indessen Reiterei oder Geschütz die Hauptwaffe, so müssen sie nicht nur in hinreichend großer Anzahl vorhanden sein, sondern Terrain und andere Umstände müssen auch ihren Gebrauch vorzugsweise begünstigen. Die unterstützende und unterstützte Waffe müssen sich stets gegenseitig die Hände bieten, sonst würde oft eine Unterstützung unmöglich werden, wenn die Handlungsweise der einen Truppenart sich nicht der Fähigkeit der anderen anpasste, um so viel mehr, da der Beschützende sich bloß nach dem Verfahren des Schützlings richten muss. Der Artillerie sind hierbei am wenigsten Fesseln angelegt, weil ihre Bedeckung, aus Infanterie oder Kavallerie bestehend, ihr gewöhnlich allenthalben folgen kann, mehr der Kavallerie, am mehrsten aber der Infanterie, weil für sie nur wenig impraktikable Terrainteile existieren; denn ist sie z. B. wegen der Übermacht des Feindes, des Schutzes der Kavallerie oder Artillerie bedürftig, so darf sie sich (in gewissen Fällen) in keinen durchschnittenen Boden begeben, teils um nicht oft dadurch des Schutzes verlustig zu gehen, teils um nicht ihre Beschützer selbst in Gefahr zu versetzen.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe