Unterrichtsanstalten
Unterrichtsanstalten, für die Armee, dürfen sich nicht bloß auf das rein Militärische beschränken, sondern beschäftigen sich auch noch mit mehreren anderen Kenntnissen. Sie heißen entweder allgemein Militärschulen, oder Kadettenhäuser, Kriegsschulen usw. In keiner Armee steht die allgemeine wissenschaftliche Bildung höher, als gegenwärtig in der preußischen, und man kann daher ihre Unterrichtsanstalten zum Beispiel anführen.
Die ersten sind die Kadettenhäuser, und die Divisionsschulen, wo die gewöhnlichen Schulwissenschaften gelehrt werden, von Sprachen Französisch und Lateinisch, so wie ein Teil der Befestigungskunst, der kleine Krieg, die Erklärung des Nötigsten vom Exerzierreglement usw. Jeder junge Mann, der im Frieden avancieren will, muss sowohl zum Port-d’Épée-Fähnrich, als zum Offizier ein Examen bestehen, welches für den letzteren, schon ziemlich umfassende Kenntnisse erfordert. Auch für körperliche Übungen wird gesorgt, und bei den Bataillons der Armee befinden sich häufig Anstalten, zum Unterricht im Fechten und Schwimmen, in den Kadettenhäusern auch im Reiten, Voltigieren etc. Für die Offiziere besteht hiernächst die allgemeine Kriegsschule in Berlin, zu welche die Offiziere nur nach einer abermaligen Prüfung gelassen, und wo nicht nur die höheren Kriegswissenschaften gelehrt werden, sondern wo ihnen auch frei steht, die Hörsäle bei Universitäten zu besuchen, die große königliche Bibliothek, außer diejenigen, welche die Kriegsschule besitzt, zu benutzen, usw. Auch die Offiziere in den Regimentern und Bataillons bleiben nicht bei dem stehen, was sie zu ihrem Examen wissen mussten; vierteljährlich müssen sie Ausarbeitungen über alle Gegenstände des Kriegswesens an ihre Kommandeurs einreichen, welche sodann zu dem Brigadier, Divisionskommandeur, und kommandierenden General des Armeekorps befördert werden, und von denen die gelungensten sogar bis zu Seiner Majestät gelangen.
Für die Prüfung zum Port-d’Épée-Fähnrich besteht bei jeder Division eine Examinationskommission, welche jedes Mal die jungen Leute einer anderen Division examiniert; für die Offiziere der ganzen Armee ist eine Ober-Militair-Examinations-Kommission zu Berlin. Hier befindet sich außerdem eine Militair-Studienkommission, eine Artillerie- und Ingenieurschule, eine Artillerieprüfungskommission, welche sich zugleich mit Untersuchungen und Erfindungen in dem Bereich der gesamten Artilleriewissenschaft beschäftigt; ferner eine besondere Prüfungskommission für Artillerie-Premierlieutenants, ein dergleichen für die Ingenieur-Kapitains erster Klasse, endlich eine Militair-Reitanstalt, wohin Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine von allen Kavallerieregimentern der Armee geschickt werden. Für die Infanterie besteht zu Potsdam ein Lehrbataillon, welches ebenfalls aus Offizieren, Unteroffizieren und Gemeinen von allen Regimentern der Armee besteht, und dazu dient, alle neue Einrichtungen sogleich in Anwendung zu bringen, so wie das Exerzitium der ganzen Armee gleichförmig zu machen, usw. Endlich sind hier nicht die Bataillonsschulen zu übergehen, deren eine sich bei jedem Bataillon befindet, und wo die Gemeinen und Unteroffiziere im Lesen, Schreiben und Rechnen, selbst in der Geographie, vaterländischen Geschichte, dem Nötigsten von der Befestigungskunst, ferner in der Erklärung des Exerzierreglement, von dem inneren Dienst der Kompanien, von Patrouillen, Vorposten, Feldwachen usw. durch Offiziere und geeignete Unteroffiziere oder Feldwebel, unterrichtet werden. – Für das Medizinalwesen besteht zu Berlin eine chirurgische Pépinière, wo die Kompaniechirurgen für die Armee ihre Bildung erhalten.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)