Vandalen
Vandalen, germanisches Volk, ursprünglich im mittleren Odergebiet sesshaft, zerfielen in die Asdingen und die Silingen. Später gehörten sie zum gotischen Völkerbund und nahmen an dessen Einfällen in das Römische Reich teil; eine 277 in Gallien eingedrungene Schar wurde von Kaiser Probus besiegt und nach Britannien verpflanzt. Später nach Schlesien und Mähren übergesiedelt, wurden sie von da durch Konstantin nach Pannonien verpflanzt. Auch am Zug des gotischen Heerführers Radagaisus (406) nahmen Vandalen teil. Die Hauptmasse des Volkes zog aber 407 über den Rhein durch Gallien nach Spanien, dessen mittleren und südlichen Teil sie besetzte. Der Westgote Wallia vernichtete 416 die Silingen und drängte die Asdingen nach Galicien zurück. Aber 428 drangen sie unter Geiserich wieder bis zur Südküste vor, fuhren 429 mit den verbündeten Alanen nach Nordafrika und bemächtigten sich in zwei Jahren aller Städte Mauretaniens. Sie eroberten die Feste Hippo und gründeten nach der Erstürmung Karthagos 439 das Vandalenreich in Nordafrika. Von hier aus plünderten sie alle Inseln und Küsten des westlichen Mittelmeers, 455 auch Rom und vernichteten 468 bei Bone eine große römische Flotte.
Vandalen-Figuren
Im Inneren bedrückten sie als eifrige Arianer die orthodoxe Kirche. Aber seit dem Tode Geiserichs (477), unter Hunerich (477–484), Gundamund (484–496) und Thrasamund (496–523; er heiratete 500 Theoderichs d. Gr. Schwester Amalafrida), nahmen die Vandalen römische Unsitten und Üppigkeit an, vernachlässigten Ackerbau und Seefahrt. Thrasamunds Nachfolger Childerich (523–530), der Sohn Hunerichs, neigte zu den Römern und begünstigte die katholische Religion; so gelang es seinem Vetter Gelimer, dem Urenkel Geiserichs, ihn zu stürzen (530). Als Gelimer jede Bitte um Schonung des Königs ablehnte, sandte der oströmische Kaiser Justinian 533 Belisar gegen ihn. Gelimer ließ Childerich und seine Söhne ermorden, gab aber nach der ersten Feldschlacht beim zehnten Meilenstein die Hauptstadt Karthago preis, und entfloh nach einer zweiten Schlacht bei Trikameron; 534 ergab er sich, in einer Bergfeste eingeschlossen. Belisar stellte römische Verwaltung wieder her, gab vandalischen Frauen römische Ehemänner, während die männliche Jugend der kaiserlichen Reiterei einverleibt wurde, und kehrte darauf, von Gelimer und den Kleinodien des Reiches begleitet, nach Konstantinopel zurück. Gelimer wurde dort im Triumph aufgeführt und endete sein Leben in Galatien. Als Nachkommen der Vandalen bezeichnet Löher die (ausgestorbenen) Ureinwohner (Guanchen) der Kanarischen Inseln (s. d.).
Bibliographie
- Marcus: Histoire des Wandales en Afrique (2. Ausg., Par. 1838)
- Martroye: L’occident à l’époque Byzantine. Goths et Vandales (Par. 1904)
- Papencordt: Geschichte der vandalischen Herrschaft in Afrika (Berl. 1837)
- Prokopios: Vandalenkrieg (deutsch von Coste, Leipz. 1884)
- Schmidt, L.: Geschichte der Wandalen (Leipz. 1901)
- Wilser: Wanderwege der Wandalen (»Deutsche Erde«, Bd. 2, Gotha 1903)
- Wrede: Über die Sprache der Wandalen (Straßb. 1886)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909