Verschanzung

Verschanzung.

Verschanzung, ein Ganzes von mehreren einander unterstützenden Schanzen, ist schon zum Teil unter den Artikeln verschanztes Lager, Schanze, Dorf, Stadt etc. abgehandelt worden. Vielfach bewährter Erfahrung zufolge, ist eine zweckmäßige Verbindung mehrerer einzelnen für sich sich bestehenden Schanzen fast unter allen Umständen den zusammenhängenden und ausgedehnten Verschanzungslinien vorzuziehen, selbst in dem Fall, wenn die sich verschanzende Partei ihrem Gegner an Zahl und Güte der Truppen bedeutend überlegen ist. Mangel an genugsamer Besatzung oder an Zeit und Arbeitern, machen es in der Regel unmöglich, allen Punkten so ausgedehnter Linien eine gleiche Stärke und zweckmäßige Konstruktion zu geben. Ein Hauptgebrechen solcher Schanzen ist, dass sie einen zu großen Teil der Streitkräfte zu einer passiven Defensive verdammen, und offensive Bewegungen im Großen, ohne dass die Vorteile der Verschanzung in der Hauptsache dabei aufgegeben werden müssen, fast ganz unmöglich machen; während bei einzelnen abgesonderten Schanzen nur eine geringe Truppenmasse zur Besatzung erfordert wird, der größere Rest aber zu allen möglichen Bewegungen unter Unternehmungen disponibel bleibt. Auch wird bei ihnen der zufällige Verlust eines einzelnen Werks nie so entscheidend auf das Schicksal des Ganzen wirken, als wenn der Feind, durch Glück oder Tapferkeit begünstigt, an irgend einer schwachen Stelle die zusammenhängende Linie durchbricht.

Sollen isolierte Schanzen zu einander in Beziehung treten, und dem gemäß der Grundriss angeordnet werden, so kommt es darauf an, ob der Hauptzweck und Bewegungsgrund solcher Anordnung mehr auf ihre gegenseitige Unterstützung, oder auf die gemeinschaftliche Verteidigung irgend eines dritten Gegenstandes (sei es nun eines vorliegenden Terrainabschnittes, oder einer zwischen und hinter ihnen befindlichen Truppenmasse) abgezielt ist, oder ob beide Zwecke eine gleichmäßige Berücksichtigung verdienen. Es ist klar, dass in beiden Fällen das Geschütz die Hauptrolle wird übernehmen müssen, und auf die Wirkung des kleinen Gewehrs nicht viel wird gerechnet werden können; dadurch ist es möglich, die Schanzen auf eine beträchtliche Weite von einander zu rücken, ohne doch der Verteidigungsfähigkeit des Ganzen zu schaden.

Hauptrücksichten bei dem Entwurf der Verschanzung sind übrigens: dass die ganze Anordnung dem umliegenden Terrain entspreche; dass alle Waffen sich gemeinschaftlich unterstützen, nach Belieben offensiv oder defensiv agieren, den Schanzen beispringen, oder sich unter ihren Schutz begeben können; und dass die Eroberung einer der mittelbar verbundenen Schanzen dem Feinde bei dem Angriff der noch übrigen, oder der dahinter befindlichen Truppenmassen, nicht überwiegende Vorteile gewähre. Ob übrigens die Ecken oder die Seiten der Schanze in die Front gelegt werden sollen, ist in vielen Fällen willkürlich, und ergibt sich gewöhnlich durch die Lokalität von selbst; zwei Schanzen gewähren fast immer eine mangelhafte Verteidigung; unter mehreren lassen sich unzählige Kombinationen erdenken; die jedoch immer nach dem Lagenverhältnis auf die Form eines ausgehenden oder eingehenden Bogens, eines Polygonumfangs, oder eines Schachbretts zurückgeführt werden können.

Das Terrain selbst ist oft von der Art, dass es teils der Anlegung einer Verschanzung die schwierigsten Hindernisse entgegensetzt, teils aber auch die entschiedenste Hilfe gewährt. Eine genaue Untersuchung der Unebenheit, Kultur und inneren Beschaffenheit des Bodens, und eine überlegte Auswahl des Platzes ist daher das, was dem wirklichen Bau der Schanzen unter allen Umständen vorangehen muss. Dominierende Anhöhen auf der Angriffsseite muss man stets vermeiden; ist es nicht möglich, so werden die Werke wenigstens so angelegt, dass die Verlängerung der Seiten nicht dahin trifft; man gibt den Seiten vielmehr stets solche Richtung, dass ihre Verlängerung auf Punkte trifft, wo die daselbst befindlichen Terrainhindernisse die Platzierung des feindlichen Geschützes in wirksamer Entfernung nicht gestattet, oder welche man zu demselben Zweck wirksam genug beschießen kann.

Eine Verschanzung im Sande ist nur halb so viel wert, als eine andere in festerem Erdreich, besonders in Absicht der Gräben, Wolfsgruben etc. Oft findet man einige Fuß unter der Erde Sandstein oder Wurzeln und dergleichen Dinge, welche die zur Anfertigung der Erdwerke nötige Zeit um das Doppelte vermehren. Solche Stellen muss man daher, wenn es die Umstände nur irgend erlauben, möglichst vermeiden; liegen Felsen nahe der Oberfläche, so ist es noch schlimmer; eben so hat der Bau im Morast große Schwierigkeiten. Alle durch das Wasser geschaffenen Gegenstände sind indessen gewöhnlich gut zu Flankenanlehnungen, Frontdeckungen usw. zu gebrauchen, weil sie größtenteils große Räume unwegsam machen, ohne die Aussicht aus der Schanze zu beschränken; kann man Schanzen an solchen Orten anlegen, welche die Bewässerung des Grabens begünstigen, so muss man diesem wesentlichen Vorteil öfters mehrere andere aufopfern, denn nichts verstärkt das passive Vermögen einer Schanze so sehr, als ein genugsam tiefer, nasser Graben.

Befinden sich Anhöhen auf dem Terrain, so legt man gewöhnlich die Schanzen oben auf denselben an, obgleich auch Umstände eintreten können, wo sie am Fuße einer sanft ablaufenden Anhöhe vorteilhafter gelegen sind. Wäre der Abhang so steil, dass er nicht erklettert werden kann, so ist er natürlich gegen den Sturm gesichert; die vorhandenen Zugänge macht man unwegsam, flache Stellen werden abgestochen, Gehölz wird dicht über der Erde abgehauen. Gegen nahe gelegene gleich hohe, oder höhere Anhöhen deckt man sich durch Traversen; allenthalben, wo man keines Grabens bedarf, erreicht man durch Einschneiden am leichtesten seinen Zweck. Alle ersteiglichen Anhöhen aber werden wie gewöhnlich mit Brustwehr und Graben versehen.

Im Allgemeinen folgt man im Grundriss mit der Feuerlinie dem Kamm der Anhöhe; jedoch muss diese mit Vorsicht und Beurteilung geschehen, um nicht Fehlgriffe zu tun, die nachher nur mit vieler Mühe zu verbessern sind. Die einspringenden Winkel besonders werden oft davon abweichen müssen, um sie in eine solche Lage zu bringen, in welcher das Ganze gut zu defilieren ist; oft wird es dabei vorteilhaft sein, den unmittelbaren Zusammenhang des Umfangs zu unterbrechen, einzelne, entbehrliche Teile desselben ausfallen zu lassen, und bloß durch Verhaue, Wolfsgruben etc. die nötige Verbindung zu bewirken. Alles Holz, Gebüsche, Gestrippe, einzelne Bäume, hohes Korn, Hecken, Zäune, etc., womit der Abhang der zu verschanzenden Anhöhe, und überhaupt in jedem Fall, die vor und umliegende Gegend, bis auf die Grenze des Kartätschenbereichs bedeckt ist, muss abgehauen, zu Verhauen gebraucht, oder weggeschafft werden. Schluchten, Hohlwege etc. sind nur dann nicht gefährlich, wenn sie durch eine zahlreiche Feuerlinie ihrer ganzen Länge nach bestrichen werden; laufen sie unter dem Gewehrschuss quer vor der Schanze hin, so werden sie völlig impraktikabel gemacht, auch die der Schanze zugekehrte Böschung abgestochen, wenn man dadurch eine Einsicht erhält.

Bei einem Berge mit mehreren Absätzen ist die Verschanzung am schwierigsten; sind unten am Fuß Terraingegenstände, welche man verteidigen muss, so lege man die Verschanzung dort an; ist aber die Verteidigung des Berges Hauptzweck, oder wenn man dem Nachteil uneingesehener Punkte und einzelner Absätze durch detachierte Werke abhelfen kann, so erbaut man das Werk auf der höchsten Spitze, und mit solchen Hindernissen, die den Feind in einer kurzen Entfernung so lange als möglich in dem Feuer der Schanze aufhalten.

Man kann bei dem Bau der Verschanzungen die Ungleichheiten des Terrains in drei Klassen teilen; entweder ist 1) der Platz selbst, auf dem die Schanze erbaut werden soll, ungleich, oder 2) das Terrain nahe und rund um die Schanze herum ungleich; oder 3) ist es mit entfernten Höhen, unter 1000 Schritt Abstand von dem Erbauungsort umgeben. Die erste Art der Ungleichheit hat Einfluss auf die Figur, die dritte auf die Abänderung der Durchschnitte, die zweit auf Figur und Durchschnitt zugleich.

Wenn auf der Baustelle kleine Hügel oder Haufen, bis höchsten 10 Fuß Höhe und 100 Schritt im Durchmesser sind, so muss man sie weder nahe außerhalb noch ganz innerhalb der Schanze dulden, sondern sie mit der Feuerlinie eines ausspringenden Winkels durchschneiden. Wenn aber der Hügel etwas breit wäre, so müsste der größte Teil innerhalb der Schanze fallen, damit der Graben nicht zu groß, und dadurch zu viel Arbeit verursacht würde. Nach Befinden der Höhe dieses Hügels kann die Brustwehr zum Teil eingeschnitten werden, um das vorliegende Feld desto rasierender zu bestreichen. Ist die Krone eines Berges, mit der darauf befindlichen Fläche, für die zu erbauende Schanze zu klein, so darf man sie niemals in die Mitte des Werkes mit aufnehmen, es sei denn, dass man sich ihrer als Traversen oder Rückenwehren bedienen könnte. Tällen (Dellen) und kleine Gruben müssen ins Innere der Schanze fallen, da sie hier niemand im Wege sind, und im Gegenteil, dazu dienen, Wasser in die Schanze einzuschließen, oder die hinabrollenden feindlichen Granaten unschädlicher zu machen. Bei Hohlwegen kann die Figur so gelegt werden, dass sie gerade auf den Eingang der Schanze treffen; sind sie über 7 Fuß tief, und nicht allzu breit, so kann man sie mit starken Bohlen belegen und den Wall darüber hinweg führen. Alle in der Nähe befindlichen Gewässer benutzt man so viel als möglich zu Überschwemmungen.

In den Flanken der ganzen Verschanzungslinie muss man sich so viel als möglich der Terrainhindernisse als Anlehnung zu bedienen suchen, wobei es vorzüglich darauf ankommt, dass die Aussicht und Feuerwirkung der Schanzen nach dieser Seite hin nicht gehemmt werde, der Feind sich aber nur möglichst langsam und mit Mühe bewegen könne. In der Front ist innerhalb des Kartätschenschusses eine amphitheatralisch ansteigende ebene Fläche die günstigste Beschaffenheit. Über die Entfernung hinaus ist alles, was des Feindes Beweglichkeit hemmt, ihm die freie Ansicht der Schanze raubt, ihm bei der Aufstellung seiner Batterien Fesseln anlegt, begünstigend für die Schanze. Daher ist es gut, auf dem ebenen und großen Plateau eines Berges, die Schanze selbst, in der Weite des wirksamsten Kartätschenschusses, von dem Rande des Abhangs zurückzulegen, weil der Feind die Schanze gar nicht einmal eher sehen kann, als bis er dort angekommen ist; dabei muss man aber zu verhindern such, dass sich der Feind nicht hier ebenfalls verschanzen kann, wodurch er der Schanze sehr gefährlich werden würde.

Einzelne Wohnungen, Ortschaften und deren Umgebungen sind in der Fronte stets gefährlich, in den Flanken nur dann nützlich, wenn sie entweder durch Natur oder Kunst Verteidigungsfähigkeit erhalten haben. – Übrigens siehe von Angriff, Verteidigung, so wie von Verschanzung einzelner Posten: Haus, Kirchhof, Dorf, Stadt, Brücke, Berg, Fluss, Furt, Küste, Blockhaus, Schanze, Lager etc.

Verschanzung, eines Schiffes, geschieht, wenn man in einem Treffen dasselbe mit einem sogenannten Finkennetz umgibt, in welches man Hängematten, alles Tauwerk, Kork usw. stopft, und dadurch eine Art Brustwehr macht.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Verschanzung (Retranchement), Anlage von Befestigungen im Feld- und Festungskrieg; seemännisch früher soviel wie Reling.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe