Jérôme Napoleon, König von Westphalen
Jérôme (Hieronymus) Bonaparte, Fürst von Montfort, geb. 15. Nov. 1784 in Ajaccio, gest. 24. Juni 1860 auf seinem Schloß Villegenis bei Massy, wurde Ende 1799 Marineleutnant, begleitete 1801 seinen Schwager Leclerc nach Haiti, ward, während er 1802 als Fregattenkapitän zwischen Tobago und St.-Pierre kreuzte, von englischen Kreuzern verfolgt und floh nach Nordamerika. In Baltimore heiratete er 27. Dez. 1803 eine Kaufmannstochter, Elisabeth Patterson (s. d.), trennte sich aber 1805 von ihr auf Napoleons Befehl und kehrte nach Frankreich zurück. Er beteiligte sich an der Expedition nach Algier zur Befreiung gefangener Genuesen. Zum französischen Prinzen ohne Sukzessionsrecht ernannt, befehligte er 1806 im Krieg gegen Preußen mit Vandamme das 10. Armeekorps in Schlesien und zog 6. Jan. 1807 in Breslau ein. Im August mit Katharina von Württemberg, der Tochter des Königs Friedrich I., vermählt, erhielt er 18. Aug. 1807 das neugegründete Königreich Westphalen (bis 26. Okt. 1813). Gutmütig, aber leichtsinnig, lebte er hier dem ausschweifendsten Genuss, und seine Verschwendung, verbunden mit Napoleons steigenden Forderungen, brachten die Finanzen des Landes dem Ruin nahe. 1812 machte er den russischen Feldzug mit, wurde aber, weil er die Vereinigung Bagrations mit Barclay de Tolly zugelassen, nach Kassel zurückgeschickt. Nach dem ersten Pariser Frieden hielt er sich einige Zeit in der Schweiz, dann in Graz und 1815 in Triest auf. Während der Hundert Tage stand er, zum Pair ernannt, Napoleon treu zur Seite. Hierauf lebte er, vom König Friedrich von Württemberg im Juli 1816 zum Fürsten von Montfort ernannt, in Württemberg, Österreich, Rom, Florenz und Belgien. Nach der Erwählung seines Neffen zum Präsidenten der französischen Republik wurde er 23. Dez. 1848 zum Gouverneur der Invaliden und 1. Jan. 1850 zum Marschall von Frankreich ernannt. 1852 wurde er Präsident des Staatsrates und durch Dekret vom 24. Dez. 1852 zum eventuellen Thronfolger mit dem Prädikat eines französischen Prinzen von Geblüt ernannt. 1853 vermählte er sich zum drittenmal mit der Marquise Giustine Baldelli. Aus seinem Nachlass erschienen: »Mémoires et correspondance du roi Jérôme et de la reine Catherine« (Par. 1861–66, 5 Bde.).
Figuren
- Général de division Prince Jérôme Bonaparte (II. Armeekorps), 28 mm Perry Miniatures FN14
- Général de division Prince Jérôme Bonaparte, 1815, 20 mm Newline Design FR26
Bibliographie
- »Briefwechsel der Königin Katharina und des Königs Jérôme von Westphalen mit König Friedrich von Württemberg« (Stuttg. 1886–87)
- Du Casse: »Correspondance inédite de la reine Cathérine de Westphalie« (Par. 1893)
- Goecke: Das Königreich Westphalen (Düsseld. 1888)
- Martinet: »I. Napoléon, roi de Westphalie« (Par. 1902)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909