Reichsritterschaft

Reichsritterschaft (Reichsfreie, freie Ritterschaft), im ehemaligen Deutschen Reich die Gemeinschaft jener freien Herren, die sich auf ihren Herrschaften in Schwaben, Franken und am Rhein selbständig behauptet und, ohne auf den Reichstagen Sitz und Stimme zu haben, die unmittelbare Unterordnung unter Kaiser und Reich bewahrt hatten (vgl. Adel). 1577 entstand eine Verbindung der Ritterschaften zu Schwaben, Franken und in den Rheinlanden; sie erscheinen seitdem als die drei Ritterkreise, die in Ritterkantone und Orte zerfielen. Zur Leitung der Geschäfte bestand ein abwechselndes Direktorium; jeder Kanton hatte seinen Ritterhauptmann mit Räten und Ausschüssen. Zur Aufnahme in die Reichsritterschaft war der Erwerb eines reichsritterschaftlichen Gutes nicht genügend, es bedurfte förmlicher Rezeption. Auch zog der Verlust oder die Veräußerung des reichsunmittelbaren Grundbesitzes den Verlust der persönlichen Reichsunmittelbarkeit nicht nach sich. Über die zur Reichsritterschaftgehörigen Personen und Güter wurde ein Verzeichnis (Rittermatrikel) geführt. Je nachdem eine Familie immatrikulierten reichsfreien Grundbesitz hatte oder nicht, unterschied man Realisten und Personalisten. Die Reichsritterschaft war befreit von Reichssteuern sowie von der Einquartierungslast. An Stelle der früher von der Reichsritterschaft geleisteten persönlichen Kriegsdienste traten später die sogen. Karitativgelder (subsidia caritativa), Geldbewilligungen, über die der Kaiser mit der Reichsritterschaft unterhandelte. In ihren Besitzungen hatte die Reichsritterschaft landesherrliche Rechte und genossen in Religionssachen dieselbe Freiheit wie die Reichsstände. Unter der Reichsritterschaft bestand ein Retraktsrecht (s. Näherrecht) bei Veräußerung reichsfreier Besitzungen ihrer Mitglieder. Durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich im Frieden zu Lunéville (1801) gingen die Kantone Ober- und Niederrhein verloren. Endlich wurde durch die Rheinbundsakte (1806), Artikel 25, die Unterwerfung der reichsritterschaftlichen Gebiete unter die Hoheit der Rheinbundsfürsten, von deren Ländern sie eingeschlossen waren, ausgesprochen.

Bibliographie

  • Roth v. Schreckenstein: Geschichte der ehemaligen freien Reichsritterschaft (Tübing. 1859–62, 2 Bde.)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Festung und Festungsgeschichte