Herford
Herford, Kreisstadt im [ehem.] preußischen Regierungsbezirk Minden, ehemals Residenz einer aus fürstlichem Geschlecht erwählten Äbtissin und Hansestadt, am Einfluss der Aa in die Werre, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Wustermark–Hamm, Herford–Altenbeken und mehrerer Kleinbahnen, 72 m ü. M., hat sechs evangelische Kirchen, darunter die romanische Münsterkirche, die gotische Marienkirche auf einer Anhöhe vor der Stadt, eine katholische Kirche, Synagoge, ein Wittekinddenkmal, Gymnasium, Landwirtschafts- und Realschule, evangelisches Schullehrerseminar, zwei Waisenhäuser, Theater, Strafanstalt, Altertumsmuseum, ein Amtsgericht, Reichsbanknebenstelle, Spezialkommission, Flachs- und Wergspinnereien, Leinenhandel, Fabrikation von Baumwoll- und Konfektionswaren, Wäsche, landwirtschaftlichen Maschinen, Nähmaschinen, Möbeln, Zigarren, Teppichen, Zuckerwaren und (1900) 25.109 Einwohner, davon 2111 Katholiken und 288 Juden. Vgl. Weihnachtsmarkt in Herford, Weihnachtsbasar im Güterbahnhof, und Kunsthandwerkermarkt in Herford.
Die Stadt verdankt ihren Ursprung dem ehemaligen Frauenstift daselbst, einer Benediktinerabtei, die um 838 unter König Ludwig dem Frommen gegründet wurde. Sie stand anfangs unter der Aufsicht des Klosters Corvey. Die Stadt trat dem Hansebund bei und nahm 1530 die Reformation an. Sie war ursprünglich der Äbtissin des Frauenstifts untertan, die 1547 ihre Rechte dem Herzog von Jülich übertrug. Nach dem Aussterben der Herzöge von Jülich (1609) bemühte sie sich um die Reichsfreiheit und wurde 1631 vom Reichskammergericht als Reichsstadt anerkannt. Doch ward sie 1647 und abermals 1652 von Brandenburg genommen und behauptet. An dem Tage der Schlacht bei Minden (1. August 1759) schlug hier der Erbprinz von Braunschweig die Franzosen under dem Herzog von Brissac. Unter den Äbtissinnen ist die berühmteste Elisabeth von der Pfalz (1667–80), die philosophische Prinzessin, Schülerin des Cartesius, unter der eine Zeitlang die Sekte der Labadisten (s. Labadie) in Herford wohnte. Das Stift ward 1803 säkularisiert, fiel an Preußen und kam nebst der Stadt an diese nach der kurzen westphälischen Herrschaft (1807–13) wieder zurück.
Bibliographie
- Hölscher: Reformationsgeschichte der Stadt Herford (Gütersloh 1888)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909