Julien Offray de La Mettrie
La Mettrie, Julien Offray de, französischer Philosoph, geb. 23. Dez. 1709 in St.-Malo, gest. 11. Nov. 1751 in Berlin, studierte unter Boerhaave in Leiden Medizin und wurde Arzt im Regiment des Herzogs von Grammont, mit dem er der Schlacht bei Dettingen und der Belagerung von Freiburg beiwohnte. Die Beobachtung, die er hier während einer Erkrankung machte, dass die geistige Kraft, die wir Seele nennen, mit dem Körper schwinde, veranlasste ihn zur Abfassung seiner »Histoire naturelle de l‘âme« (Haag 1745, neue Aufl. 1748), die wegen des darin vertretenen Materialismus und Atheismus verbrannt wurde. Von der Geistlichkeit wie von den Ärzten verfolgt, begab sich La Mettrie nach Holland, konnte sich aber infolge seiner Schriften »La faculté vengée« (1747, später u. d. T.: »Les charlatans démasqués«, Par. 1762) und »L‘homme-machine« (Leiden 1748; neue Ausg., Par. 1865; deutsch, Leipz. 1875) auch hier nicht halten und fand endlich ein Asyl bei Friedrich II., der ihn als seinen Vorleser anstellte und ihm eine Stelle in der Akademie gab. La Mettrie schrieb noch unter anderem: »L‘homme-plante« (Potsd. 1748) und ein witziges Pasquill auf Boerhaave, Linné und andere Gelehrte: »Ouvrage de Pénélope, ou le Machiavelen médecine« (Berl. 1748, 2 Bde.; 1750, 3 Bde.); ferner: »L‘art de jouir« (das. 1751); »Vénus métaphysique, on essai sur l‘origine de l‘âme humaine« (das. 1752) u.a. Friedrich II. schrieb ihm selbst ein »Eloge« (Haag 1753) und ließ seine »Œuvres philosophiques« herausgeben (Berl. 1751, 2 Bde.; neue Aufl. 1796, 3 Bde.). La Mettrie war lange Zeit als frivoler Stimmführer des französischen Materialismus übel berufen. Eine Art Ehrenrettung gab Du-Bois-Reymond in einem Vortrag über ihn (Berl. 1875). Vgl. auch Quépat, Essai sur La Mettrie (Par. 1873), und Lange, Geschichte des Materialismus (7. Aufl., Iserl. 1902, 2 Bde.), die zu einer gerechteren Würdigung La Mettries den Anstoß gaben. Vgl. Poritzky, Julien Offray de L., sein Leben und seine Werke (Berl. 1900).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909