Bergzeichnung
Bergzeichnung, auf den Situationsplänen. Zu einem guten Situationsplan gehört vorzüglich, dass man sogleich aus der Zeichnung den Winkel erkenne, welchen die schiefen Flächen mit den horizontalen machen, und dass man bei der Darstellung der Berge der Natur getreu bleibe. Um aber ein System zur Bergzeichnung zu entwerfen, muss man noch beobachten, dass das Umschmelzen der verschiedenen Gradationen mit keinen Schwierigkeiten verknüpft sei, und keine plötzliche Brechungen in die Augen fallen, wo dies nicht in der Natur der Fall ist; dass man sich der Zeichenmethode beim Aufnehmen mit Leichtigkeit und Bestimmtheit bedienen könne, dass sie leicht zu erlernen sei und schnell und richtig kopiert werden könne.
Es gibt mehrere Methoden in der Bergzeichnung, als: die Müllersche, die Lehmannsche, die Schneidersche und Humbertsche Methode, wozu noch eine neuere kommt, welche drei Stricharten anwendet, nämlich: feine gerissene, feine ganze, und starke ganze Striche. In der preußischen Armee ist die Lehmannsche Methode angenommen.
Die Regeln für die Beleuchtung der schiefen Flächen, beim Zeichnen, ergeben sich aus der Optik; nämlich:
1) Alle Lichtstrahlen bilden gerade Linien, welche, wenn sie unter einem beliebigen Winkel auf eine Fläche fallen, wieder unter eben demselben Winkel von ihr zurückgeworfen werden, und man kann daher annehmen, dass diese Flächen das Licht überall gleich stark ausströmen lassen. Der Winkel DCA, Fig. 280, in welchem der Lichtstrahl DC auf die Fläche AB fällt, heißt der Einfallswinkel, der Winkel ECB, in welchem der Lichtstrahl wieder abprallt, heißt der Abprallwinkel; beide sind also gleich; der Winkel DCE heißt der Füllungswinkel. 2) Der Füllungswinkel ist stets das Doppelte des Böschungswinkels FAB, und wenn also ACD = ECB = 45° wäre, so würde DCE = 90°, mithin BAF = 45° sein. Diese Schlüsse sind auch für gebogene Flächen gültig. Wenn z. B. Fig. 231 der Lichtstrahl ur auf den Halbreis AfB fällt, so braucht man nur an den Einfallspunkt u eine Tangente qr zu legen, um die Projektion von fB auf qr vorzunehmen; durch qr und den verlängerten Durchmesser AB wird dann in r der Böschungswinkel qrB für den Punkt u des Halbkreises bestimmt, und der Winkel tur ist der Einfallswinkel, suq der Abprallwinkel, sut der Füllungswinkel. – Denkt man sich nun mit dem Auge in einer mit AB parallelen Ebene, ED, über den Halbkreis erhaben, und zwar über jedem Punkt von AB senkrecht, so werden die von AfB abprallenden Lichtstrahlen, An, am, bl, ek, etc. die Ebene ED senkrecht treffen, und die Kugelfläche wird dem Auge immer dunkler erscheinen, je näher es dem Punkt A kommt, d. h. je größer die Füllungswinkel werden.
Eine jede schiefe Fläche wirft den aus jedem Punkt empfangenen Lichtstrahl wieder zurück; dies kann aber nur so viel Mal geschehen, als sie deren empfängt. Nimmt man also an, dass (Fig. 232) die horizontale Fläche AC 19 dergleichen Lichtstrahlen empfängt, und ausströmt, und denkt sich diese Fläche nach und nach in die verschiedenen lagen AB, AD, AE, AF, etc. versetzt, so erhellt, dass
AC 19 Lichtstrahlen ausströmt,
AB 18 Lichtstrahlen ausströmt,
AD 14 Lichtstrahlen ausströmt,
AE 8 Lichtstrahlen ausströmt,
AF 4 Lichtstrahlen ausströmt,
AG keinen Lichtstrahl ausströmt,
und da AB mit Ag, AD mit Ae, AE mit Ad, und AF mit Ac gleichviel Lichtstrahlen enthält, so wird eine jede schiefe Fläche deren eben so viel zurückwerden, als die zugehörige projizierte Horizontalfläche.
Da nun das Verhältnis des Böschungswinkels zum Füllungswinkel bekannt ist, und letzterer mit dem doppelten Einfallswinkel stets 180° ausmacht, so ist auch der Böschungswinkel z. B. DAC, dem Abprall- oder Erleuchtungswinkel GAD, der Fläche AD proportional, und er macht mit ihm stets 90 Grad aus. Denn wäre der Winkel DAC = Dif = 45°, so ist der Füllungswinkel Kip = 90° und der Einfalls- oder Abprall- oder Erleuchtungswinkel = (180° - 90°) / 2 = 45°. Addiert man hierzu den Winkel DAC = 45°, so erhält man 90°. Oder es sei DAC = Dif = 40°, so ist Kip = 80° und der Erleuchtungswinkel = (180° - 80°) / 2 = 50°. Addiert man hierzu DAC = 40°, so erhält man 90°.
Diesem zu Folge ist bei 0° Böschungswinkel die volle, bei 46° die halbe, bei 90° gar keine Beleuchtung der Fläche AC, und man müsste also zwischen 0 und 90° für jeden anderen Böschungswinkel das Verhältnis des Lichts zum Schatten leicht bestimmen können. Da indessen für die militärischen Absichten nur die Böschungswinkel von 0 bis 45° von Wichtigkeit sind, so lässt man die über 45° liegenden Abdachungen außer allen Betracht, und nimmt bei 45° die volle Schwärze, statt bei 90° an. Daher ist hier das Licht 0, die Schwärze = 1 angenommen, und man wird jetzt statt des wahren Erleuchtungswinkels 90° = y (wenn y der Böschungswinkel ist), den angenommenen 45° = y erhalten. Hiernach erhält man die Proportionen 45° : y = wie 1 : x (wenn x die anzuwendende Schwärze ist), wäre also z. B. y = 20°, so ist x = 20⁄45 = 4⁄9, und das ausströmende Licht würde mithin = 1 - 4⁄9 = 5⁄9 sein, d. h. es wird sich das Licht zum Schatten wie 5 : 4 verhalten. – Berechnet man hiernach die Verhältnisse für jeden Grad, so findet man für die militärisch wichtigsten:
Die erste völlige Ansicht dieser Theorie haben wir dem verstorbenen königlich Sächsischen Major Lehmann zu danke, s. Lehmannsche Methode.
Beim Erlernen des Bergzeichnens kommt es zuvörderst darauf an, die Hand und das Auge des Zeichners dahin zu gewöhnen, dass er die Striche nach einem gewählten Verhältnis, oder einer Gradation, es sei nach welcher Methode es wolle, durchgehende gleich weit von einander entfernt machen lernt, und diese Übung für jede Gradation des angenommenen Systems fortsetzt. Zugleich müssen aber die Striche stets senkrecht zwischen zwei parallelen Linien wie (Fig. 244) ab und cd liegen, und die Entfernung derselben immer mehr zunehmen, je mehr die Festigkeit der Hand wächst, und je reiner man einen geraden und gleich starken Strich machen lernt. Sobald diese Übungen mit geraden Strichen gut vonstatten gehen, schreite man zu den gebogenen Strichen fort, Fig. 244, die ungleich schwieriger sind, und beobachte insbesondere, dass die Striche gleichmäßig gebogen sind, und bei gleicher Stärke auch in gleichem Abstand von einander entfernt liegen. Sowohl bei den geraden als gebogenen Strichen wird mit den feinen der Anfang gemacht, und dann nach und nach zu den stärkeren fortgeschritten. Beim Erlernen der Lehmannschen Methode ist noch vorzüglich zu bemerken, dass man sich stets zu den ersten Übungen der Gradation von 5 Grad bedienen, und die zweckmäßige und richtige Entfernung dieser besonders berücksichtigen muss, indem dadurch das Zeichnen der ganzen Skale ganz ungemein erleichtert wird. Hierauf schreite man zu den anderen Gradationen fort, und befolge dabei nachstehende Regeln:
Man zeichne am Anfang, und zwar so lange bis das Auge eine hinlängliche Festigkeit besitzt, dieser Hilfe zu entbehren, bei allen Gradationen die Normalgradation ein, und fülle nachher die Zwischenräume gleichmäßig aus, d. h. verstärke die Striche nach dem Verhältnis, welches dem darzustellenden Böschungsgrad zukommt. Da sich nun das Schwarze zum Weißen in runden Zahlen bei 5° wie 1:8
bei 10° wie 2:7
bei 15° wie 3:6 oder 1:2
bei 20° wie 4:5
bei 25° wie 5:4
bei 30° wie 6:4 oder 2:1
bei 35° wie 7:2
bei 40° wie 8:1
verhält, so werden bei 10° die Normalstriche doppelt so stark als bei 5°, bei 15° um ein Drittel, bei 20° um etwas weniger als die Hälfte, bei 25° um etwas mehr als die Hälfte, und bei 30° um zwei Drittel des weißen Zwischenraums verstärkt. Bei 35° aber muss der weiße Raum nur so groß, als die Strichstärke bei 10°, und bei 40° nur so groß als die Strichstärke bei 5° sein. Nur muss das Auge nie an ein mechanisches Kopieren nach einer Probeskala gewöhnt werden, sondern Übungen werden bloß nach dem Verhältnis und nach dem Augenmaß angestellt, und dann erste mit der Probeskala verglichen, um die gemachten Fehler zu entdecken.
Sobald das Zeichnen der einfachen Skalen gut vonstatten geht, übt man sich auf das Ansetzen der geraden Striche; indem man nämlich erst 3–4 Parallelen unter einander zieht, und sie sämtlich mit einerlei Gradation so ausfüllt, 1) dass alle Striche senkrecht zwischen ihren Parallelen stehen, 2) dass die inneren Parallelen zugleich die Endpunkte der oberen, und die Anfangspunkte der unteren Abstriche bestimmen, 3) dass die Beleuchtung in allen Absätzen gleich ist, und 4) dass kein Strich über oder unter seinen zugehörigen Parallellinien übersteht. Übrigens ist es ganz gleichgültig, ob in den verschiedenen Absätzen Strich auf Strich passt, oder nicht, wenn nur die obigen Bedingungen erfüllt sind.
Nach der Vollendung dieser Übung schreitet man zu Zeichnung von steten Kegeln, und runden Bergen fort, und wählt einen einfachen Ring, von zwei konzentrischen Kreisen eingeschlossen, wie Fig. 246. Man beobachtet hierbei denselben Gang, wie bei den geraden Flächen, nur ist noch insbesondere zu berücksichtigen, 1) dass alle Striche genau nach dem Mittelpunkt des Kreises aligniert sind, und in jedem kleineren und größeren Bogen, gleiche Entfernungen von einander erhalten müssen; 2) dass die Striche nicht eine gleiche Stärke in sich erhalten, sondern stets nach dem größeren Kreise zu allmählich an Dicke in eben dem Grade zunehmen, in dem sie sich durch ihre exzentrische Richtung von einander entfernen. Nach Beendigung dieser einfachen Bergzeichnung wird das Ansetzen für mehrere solche konzentrische Kreise, mit verschiedenen Gradationen, geübt.
Man geht nun zur Zeichnung der gebogenen Striche über, Fig. 245, so wie der Abhänge und Schluchten, Fig. 248 und 249, und bearbeitet diese sowohl einfach als zusammenhängend. Die Horizontallinien mögen nun eine gegenseitige Lage haben, welche sie wollen, so muss der Strich dennoch stets senkrecht auf beiden stehen, und also mit der oberen und unteren Horizontallinie zwei gleiche Nebenwinkeln, d. h. mit der Tangente des Bogens rechte Winkel bilden. Kann dies durch keine gerade Richtung bewirkt werden, so muss man es durch eine sanfte Biegung der Striche zu erlangen suchen.
Nachdem man sich endlich ohne Gradationsskala auf das richtige Schätzen gezeichneter Gradationen, das richtige Zeichnen derselben nach gegebenen Graden, und das Entwerfen von Horizontallinien in einer gegebenen Zeichnung, fleißig geübt hat, geht man nun zur Zeichnung einzelner Bergpartien wie Fig. 243 fort, und beobachtet dabei alle gegebenen Regeln auf das genaueste.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)