Pierre François Charles Augereau, Herzog von Castiglione, Marschall von Frankreich
Augereau (spr. ósch’ró), Pierre François Charles, Herzog von Castiglione, Marschall von Frankreich, geb. 11. Nov. 1757 in Paris als Sohn eines Obsthändlers in der Vorstadt St.-Marceau, gest. 11. Juni 1816, wird französischer Karabinier, desertiert und dient in mehreren ausländischen Heeren, zuletzt in Neapel, wo er sich seit 1787 als Fechtmeister seinen Unterhalt erwirbt. 1792 tritt Augereau in die französische Revolutionsarmee und wird schon 1793 Divisionsgeneral bei dem Heer der Ostpyrenäen, wo er über die Spanier 1794 und 1795 mehrere leichte Siege erficht.
Große Kühnheit bewährt er namentlich 1796 als Korpsbefehlshaber der italienischen Armee bei Millesimo und Lodi. Von Bonaparte in den Kirchenstaat geschickt, nimmt er Bologna, unterdrückt einen Aufstand in der Romagna und nötigt den Papst zum Frieden. Darauf zur Hauptarmee zurückgerufen, schlägt er 5. Aug. Wurmser bei Castiglione, dann mit Masséna 6. Nov. Alvinczy bei Carmignano, trägt wesentlich zum Sieg bei Arcole bei und besiegt Provera vor den Toren Mantuas.
Im August 1797 kehrt er, durch schamlose Erpressungen bereichert, nach Paris zurück, wo er zum Befehlshaber der Pariser Militärdivision ernannt wird und den Staatsstreich vom 18. Fructidor (4. Sept. 1797) mit brutaler Gewalt durchführt. Er unterwirft sich seinem Nebenbuhler Bonaparte nach dem 18. Brumaire. Zum Oberbefehlshaber in Holland ernannt, führt er das französisch-batavische Korps nach dem Mittelrhein, rückt über Frankfurt nach Würzburg und liefert dem Feind mehrere glückliche Gefechte, die aber keinen Ausschlag geben. 1804 wird er zum Marschall und 1805 zum Herzog von Castiglione ernannt. Im Krieg mit Österreich 1805 dringt er in Vorarlberg ein und zwingt Jellachich bei Dornbirn zur Ergebung. 1806 wirkt er als Befehlshaber des linken Flügels zum Sieg bei Jena mit. Bei Eylau 7. Febr. 1807 wird er verwundet.
Während der Feldzüge von 1812 und 1813 kämpft er als Kommandeur des XI. Armeekorps der großen Armee tapfer und ausdauernd. Nach dem Einmarsch der Alliierten in Frankreich bildet Augereau zu Lyon eine Armee, schließt aber schon 21. März mit dem österreichischen General Bubna die Kapitulation von Lyon, unterwirft sich Ludwig XVIII. und wirkt dadurch mit zur ersten Abdankung des Kaisers. Er wird dafür vom König zum Mitglied des Kriegsrats, zum Ritter des heil. Ludwig und zum Pair von Frankreich ernannt. Nachdem er während der Hundert Tage eine zweideutige Rolle gespielt, wird er nach Napoleons zweitem Sturz Mitglied des Kriegsgerichts, das den Marschall Ney richten soll, sich jedoch für inkompetent erklärt. Darauf zieht er sich auf sein Landgut La Houssaye zurück.
Bibliographie
- Bukhari, Emir: Napoleon’s Marschälle (Lond. 1979)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909