Dagobert Sigmund Reichsgraf von Wurmser

k.k. Feldmarschall

Dagobert Sigmund Reichsgraf von Wurmser, kaiserlich-königlicher Feldmarschall. Geboren am 7. Mai 1724 in Straßburg als Glied einer sehr begüterten und angesehenen Familie aus dem Elsass, trat Wurmser frühzeitig in das Heer seines Landesherrn, kämpfte schon bei Beginn des Österreichischen Erbfolgekrieges in Böhmen und zeichnete sich während des Siebenjährigen Krieges als Oberst und Kommandant beim Husaren-Regiment Royal-Nassau besonders im kleinen Krieg aus. Am 30. Januar 1761 wurde Wurmser vom Kaiser Franz I. in den Grafenstand des heil. röm. Reiches deutscher Nation erhoben und zwei Jahre später veranlasste der Statthalter der Niederlande, Herzog Karl von Lothringen, den als tüchtigen Parteigänger und kühnen Reiterführer bekannt gewordenen französischen Offizier, samt seinem Freikorps, 1 Infanterie-, 1 Husaren-Regiment und 1 Batterie mit 6 Geschützen, in österreichische Dienste zu treten.

Mit 12. Januar 1763 als Generalmajor ins kaiserliche Heer eingereiht, wurde Wurmser im Jahre 1773 Inhaber des freih. Luszinsky’schen Regiments, nach dessen 1775 erfolgter Auflösung Inhaber des Husarenregiments Nr. 8 und am 10. April 1778 Feldmarschalllieutenant. In dieses Jahr fällt auch seine erste hervorragende Waffentat. Er hatte zu Beginn des Bayerischen Erbfolgekrieges den rechten Flügel der Armee in dem verschanzten Lager von Jaromer zu decken, schlug Anfang Juli den Angriff eines starken preußischen Korps zurück, attackierte Ende August mit großem Erfolg die Nachhut der beiden Korps Tauentzien und Falkenhayn und beunruhigte während des Winters ununterbrochen die feindliche Postierung. Kaiser Joseph II. würdigte die Verdienste des Generals durch Verleihung des Kommandeurkreuzes vom Maria-Theresien-Orden. Zu Beginn des Jahres 1779 beschloss Wurmser, die Absichten des preußischen Generals Wunsch, die bei Zuckmantel stehenden kaiserlichen Truppen zu verdrängen, durch eine Diversion in das Glatzische zu vereiteln und sich des Postens Habelschwerdt und der Blockhäuser von Schwedeldorf zu bemächtigen. Das Unternehmen gelang glänzend; General Prinz Hessen-Philippstal, 38 Offiziere und 1161 Mann wurden gefangen, 4 Kanonen, 3 Böller und 10 Fahnen erbeutet. Der weiteren Tätigkeit des kühnen Generals machte der Anfang März abgeschlossene Waffenstillstand, dem am 13. Mai der Teschener Frieden folgte, ein Ende.

Am 8. September 1787 wurde Wurmser zum General der Kavallerie befördert und bei Beginn des Türkenkrieges zum kommandierenden General in Galizien ernannt. Hatte ihn diese Stellung verhindert, an den Feldzügen der Jahre 1788 und 1789 teilzunehmen, so sollte ihm der Beginn der Revolutionskriege reichlich Gelegenheit bieten, seine hervorragenden Fähigkeiten als Feldherr zu betätigen. Im Jahre 1793 zum Kommandanten der k.k. Oberrheinarmee ernannt, überschritt er am 31. März den Rhein bei Ketsch, warf am 1. April den Nachtrab Custines über den Queich, musste jedoch hier zwei Monate untätig stehen bleiben, da der Herzog von Braunschweig, nach dessen „Direction und Disposition“ Wurmser sich zu richten hatte, vor der Eroberung von Mainz zu irgend welcher Offensivoperation nicht zu bewegen war. Im Juli ergriffen die Franzosen ihrerseits die Offensive zum Entsatz von Mainz; aber ihre Angriffe am 19. und 20. auf die Stellung der Österreicher vor Landau, Germersheim und den Vogesen wurden zurückgewiesen, und nachdem Mainz am 22. gefallen war, griff sie Wurmser am 27. an und zwang sie zum Rückzug in die Weißenburger Linien. Entgegen den Intentionen Braunschweigs unternahm Wurmser am 23. August einen Angriff auf die Franzosen im Bienwald bei Weißenburg und machte dann dem König Friedrich Wilhelm den Vorschlag, „mit vereinten Kräften den Durchbruch der Weißenburger Linien zu unternehmen, widrigenfalls er dem Feinde den eben abgerungenen unendlichen Vortheil, die beträchtliche Bienwaldposition, überlassen müßte, welche sodann nicht ohne großes Blutvergießen wieder zurückzuerobern wäre“.

Trotzdem der König seine Mitwirkung zu dem geplanten Unternehmen verweigerte und Wurmser die Verantwortung für seine Handlungen anheimstellte, griff dieser die von 51.500 Mann besetzten, 12 km langen, verschanzten Weißenburger Linien am 13. Oktober mit seinem 43.000 Mann starken Heer an, durchbrach sie und warf die Franzosen gegen Hagenau zurück. Außer Vorräten aller Art, vielen Positions- und Feldgeschützen, fielen 12 Fahnen und 750 Gefangene in die Hände der Österreicher. Das Großkreuz des Maria-Theresien-Ordens lohnte diese Waffentat. Ungeachtet der beharrlichen Weigerung Braunschweigs, die weiteren Unternehmungen Wurmsers zu unterstützen, drang dieser in das Elsass ein, besetzte die Engpässe von Bergzabern, schloss am 17. Oktober Fort Louis ein und nahm diesen Platz am 14. November. Die fortgesetzte Untätigkeit Braunschweigs, seine Verweigerung jeder Unterstützung, dann die zweideutige Haltung der kleinen süddeutschen Staaten vereitelten eine Ausnützung der errungenen Vorteile. Schritt für Schritt musste Wurmser vor der dreifachen Überlegenheit Pichegrus zurückweichen und Ende 1793 erfuhr Wurmser noch die schwere Kränkung, von der Armee abberufen zu werden, „um den Verbündeten keinen Grund zu neuen Misshelligkeiten zu geben“. Aber schon kurze Zeit darauf erhielt Wurmser die verdiente Genugtuung, denn im August 1795 wurde er abermals mit dem Oberbefehl über die nunmehr 83.000 Man starke Oberrheinarmee betraut. Seine anfängliche Absicht, in das Elsass zu rücken, gab Wurmser nach dem vertragswidrigen Überschreiten der im Baseler Frieden festgesetzten Demarkationslinie durch Jourdan auf und führte sein Heer gegen den bei Mannheim stehenden Pichegru, der am 24. September von der Vorhut Wurmsers bei Handschuhsheim geschlagen wurde, wodurch es auch Clerfayt ermöglicht ward, die Offensive zu ergreifen. Dem Treffen von Handschuhsheim folgte am 18. Oktober das bei Mannheim, in welchem nebst dem General Oudinot 19 Offiziere und 521 Mann, eine Fahne, drei Geschütze und fünf Munitionskarren in die Hände der Österreicher fielen. Mit der Eroberung von Mannheim, 22. Oktober, wobei nebst großen Kriegsvorräten 383 Geschütze, 30.000 Gewehre erbeutet und 10 Halbbrigaden gefangen abgeführt wurden, schloss der Feldzug des Jahres 1795. Denn der Plan Wurmsers, nach diesen Erfolgen nach Elsass vorzudringen, scheiterte an der Weigerung Clerfayts, der einer Fortsetzung des Kampfes nicht geneigt war, weshalb Wurmser, am 11. Dezember 1795 zum Feldmarschall ernannt, seine Armee hinter den Queich versammelte und da verblieb, bis er am 29. Mai 1796 an Stelle Beaulieus den Oberbefehl über die kaiserliche Armee in Italien erhielt.

Am 1. Juli 1796 traf Wurmser in Trient, am 13. in Rovereto ein und unmittelbar nachdem die letzten Truppen vom Rhein bei Trient eingetroffen waren, Ende Juli, ergriff er die Offensive. Er gedachte Bonaparte, der vor Mantua lag, anzugreifen, zu schlagen und dadurch der Festung den Entsatz zu bringen. Zur Ausführung dieses Plans teilte er sein Heer in vier Kolonnen. Die erste sollte von Rovereto aus den Gardasee umgehen und die Franzosen im Rücken bedrohen, mit den zwei Kolonnen der Mitte wollte er selbst den Feind von Mantua vertreiben, während die vierte von Bassano gegen die Etsch vorrücken und die Verbindung mit dem Hauptteil der Armee über Verona oder Legnago suchen sollte. Die ersten Gefechte vom 23. Juli bis 3. August waren vom günstigen Erfolg begleitet; Wurmser schlug die Franzosen am 29. Juli am Montebaldo, am 30. bei Calmasino und Campora und bahnte sich hierdurch den Weg nach Mantua; aber Feldmarschallleutnant Quosdanovich, der Kommandant der ersten Kolonne, ließ sich verleiten, statt die Verbindung mit Wurmser anzustreben, aus dem Gebirge in die Ebene gegen Brescia vorzudringen. Bonaparte, der sich rasch von Mantua zurückgezogen und seine gesamten Streitkräfte konzentriert hatte, warf sich auf Quosdanovich, schlug ihn in den Gefechten bei Salo, Lonato und Gavardo, wandte sich dann gegen Wurmser, der am 2. August noch nichts von der Niederlage seiner ersten Kolonne wusste, schlug ihn am 5. bei Castiglione, was die neuerlichen Blockade von Mantua zur Folge hatte. Wurmser, der sich durch die verlorene Schlacht genötigt sah, nach Südtirol zurückzuweichen, versuchte Ende August von neuem vorzurücken. Aber auch diese Unternehmung war nicht vom Glück begleitet; die vorrückenden Kolonnen der Kaiserlichen wurden einzeln geschlagen, nur jener Wurmsers gelang es in fortwährenden Kämpfen, sich den Weg zu bahnen, die Etsch bei Legnago zu überschreiten und sich nach Mantua zu werfen. Die nunmehr folgende siebenmonatige Verteidigung Wurmsers in der blockierten Festung bildet eines der ruhmreichsten Blätter der österreichischen Heeresgeschichte, und als Wurmser endlich am 2. Februar 1797 sich zur Übergabe von Mantua entschloss, versagte ihm auch der gewaltige Feldherr, der ihm den Abzug mit fliegenden Fahnen gestattete, die Anerkennung nicht, und Kaiser Franz II. empfing den greisen Marschall in vollen Gnaden. Das ihm angebotene Generalkommando von Ungarn zu übernehmen, war Wurmser nicht mehr gegönnt; kurz nach seiner Ankunft in Wien erkrankte er und starb am 21. August 1797.

Bibliographie

  • Chartrand, René: Louis XV’s Army (4) – Light Troops and Specialists (Botley 1997)
  • Janko: Dagobert Sigmund Reichsgraf v. Wurmser (Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs, Jahrg. 1878)
  • Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909
  • Vivenot, Alfred von: Thugut, Clerfayt und Wurmser (Wien 1869)

Quelle: Oscar Criste, in Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 44 (Leipzig 1898)

Figuren des Siebenjährigen Krieges