Niederländischer General Menno van Coehoorn
Coehoorn (spr. ku-), Generalleutnant von, der berühmteste holländische Ingenieur, Vaubans Zeitgenosse und Nebenbuhler. Er hat eine eigene Befestigungsmanier angegeben, und dieselbe in einem Werk beschrieben. Davon hier folgende: Um die Größe der Linien in der Coehoornschen Befestigungsmanier kennen zu lernen, dient folgende Tabelle.
Wenn nun dies vorausgesetzt ist, so wird der Hauptriss von der Coehoornschen Befestigungsmanier folgendermaßen angefertigt.
Fig. 128. Mit dem großen Halbmesser beschreibe man einen Zirkel, und trage in die Peripherie desselben die äußere Polygonlinie ab herum. Man teile diese in c in zwei gleiche Teile, und fälle einen Perpendikel cd abwärts, den man so groß macht, als in obigen Tabellen angezeigt ist. Man zieht die Verteidigungslinie add und bdi, und setzt darauf von a nach k und von b nach i die oben bestimmte Größe; von a nach gi und bk die Flanken, und ik ist die Kurtine; zwei Fünftel von der Flanke werden zu den Bollwerksohren gl und hm genommen. Mit li macht man aus l und i Zirkelbogen, die sich in n durchschneiden, so ist n der Mittelpunkt, aus welchem die krummlinige eingebogene Flanke li gezogen wird. Eben so wird der Mittelpunkt o gefunden, aus welchem die eingebogene Flanke mk beschrieben wird. Die Brisuren ie und kf sind die verlängerten Verteidigungslinien, und 7 Ruten lang. Die Brisuren lp und mq werden aus den Punkten b und a gezogen, und hierauf werden mit ne aus n und mit of aus o die eingebogenen Flanken ep und fq gezogen; dies sind die Hauptflanken, li und mk die Faussebraye-Flanken. Aus p zieht man mit ag und aus q mit bh die Parallelen rp und sq, welches die hohen Facen sind; bei dem Bollwerksohr ist gt 5 bis 6 Ruten, gv ist senkrecht auf ag, und tl wird nach Belieben abgerundet; nvp ist eine Mauer, die so gezogen wird, dass uv parallel mit ag und vp parallel mit gu ist. Hinter dem Bollwerksohr wird ein 3 Ruten breiter Graben angelegt, der von der hohen rp bis zu der niedrigen Face at geht, und dessen äußere Linie hier mit wx bezeichnet ist. Vor die Seite des Bollwerksohrs tl und vor die Flanke li, wird ebenfalls ein 3 Ruten breiter Graben angelegt, dessen äußere Linie mit yz bezeichnet ist. – Man teile td in A, und auf der anderen Seite in B in zwei gleiche Teile, und man fälle aus A auf be und aus B auf af die Perpendikel AC und BD, so gibt sich die Grabenschere tACdDBt. Der Hauptgraben ist 12 Ruten breit, und wird parallel mit den Facen gezogen. Die Kehllinien des Ravelins EF und EG sind zwölf Ruthen, die Facen desselben FH und GH sind 20 Ruten lang; die Facen des äußeren Ravelins werden in einer Entfernung von 10 bis 11 Ruten parallel mit den Facen des inneren Ravelins gezogen, und um dieses äußere Ravelin wird ein 9 Ruten breiter Graben angelegt. In dem Kehlpunkt E wird das Ravelin mit einem 4 Ruten großen Halbmesser abgerundet, und daselbst ein kleines Werk angelegt, das wie ein Bollwerk gestaltet ist, dessen Kehllinien zwei Ruten sind, dessen Flanken parallel mit der Kapitallinie des Ravelins gezogen werden, und eine Größe von 2 Ruten bekommen, und dessen Facen parallel mit den Facen des Ravelins gezogen werden. – Die Kontregarden vor den Hauptfacen, F und K, haben einen 7 Ruten breiten Graben vor sich; ihre Anlage beträgt 3½ Ruten. – Der bedeckte Weg ist 6 Ruten breit, die Kehllinien der Waffenplätze, LM und LN, sind 10 bis 12 Ruten, die Facen derselben MO und NO 12 bis 14 Ruten groß. Die Kehllinien der Redoute LR und LQ sind 5 Ruten, und die Facen der Redoute PR und RQ werden parallel mit den Facen der Waffenplätze gezogen; auf beiden Seiten der Redoute werden die Traversen S und T angelegt; das Glacis ist 12 bis 16 Ruten breit.
Hierbei ist noch zu bemerken, dass Coehoorn seine Profile für eine Gegend eingerichtet hat, wo man in einer Tiefe von 4 Schuhen Wasser findet. Coehoorn unterscheidet sich in seiner Befestigungsmanier von Vauban vorzüglich durch seine Faussebraye rings um den Hauptwall, durch die verschiedene Lage seiner Facen und Flanken, durch die Figur seiner Grabenschere, und durch die verschiedene Einrichtung seiner Kontregarden und Ravelins; ferner legt er noch Redouten zur besseren Verteidigung der Äste des bedeckten Weges und vielfache Kaponnieren und Koffer an.
Eigentlich gibt es zwei Befestigungsmanieren von Coehoorn; erst in der zweiten hat er seine Orillons so verbessert, dass sie auch eine Verteidigung des Grabens durch die Flanken zulassen; ferner gibt er darin einen von Erde ohne Mauerwerk aufgeführten Mantel, und einen doppelten bedeckten Weg vor dem Wassergraben an. Coehoorns Hauptgrundsätze sind: 1) Jedes Polygon erfordert eine besondere Verteidigungsweise. 2) Die Außenwerke müssen von einander abgesondert sein. 3) Sie werden dergestalt angelegt, dass der Verlust des einen keinen nachteiligen Einfluss auf die übrigen hat. 4) Die Außenwerke müssen die Flanken, welche überhaupt die beste Verteidigung gewähren, gänzlich decken. 4) Daher ist es besser, große Flanken, als große Facen zu haben, in sofern die Bollwerkswinkel und die Kehlen dadurch nicht beeinträchtigt werden. 6) Man muss den Feind allenthalben zwischen zwei Feuer bringen. 7) Die Stärke seiner Festung besteht daher in der Menge gut bestrichener Werke. 8) Die Gräben können zur Verringerung der Kosten, wo es keinen anderweitigen Nachteil bringt, von verschiedener Tiefe sein.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)