Landwirtschaftliche Gebäude

Landwirtschaftliche Gebäude bilden mit sonstigen Bauanlagen (Straßen, Wege, Kanäle, Brücken, Durchfahrten, Brunnen, Wasserwerke, Einfriedungen, Verwallungen, Tore, Pflasterungen ect.) ein wichtiges landwirtschaftliches Betriebserfordernis (s. S. 137), und von ihrer Größe, Anordnung und Ausführung wird die Durchführung und der Erfolg des landwirtschaftlichen Betriebes wesentlich beeinflusst. Der Landwirt muss bestrebt sein, den Aufwand für die Bauten durch Beschränkung ihrer Zahl und Ausdehnung, durch zweckmäßige Einrichtung, Bauart und Zusammenstellung um den Hofraum, jedoch ohne Schädigung ihres Zwecks, möglichst zu verringern. Zu wenige und unzweckmäßig eingerichtete Gebäude beeinträchtigen den Gutswert in erheblicher Weise, andererseits sind überzählige und luxuriös ausgeführte Gebäude eine schwere Last. Bei sehr kostspieligen Gebäuden kann die gesamte Gutsrente durch die Gebäudemiete verschlungen werden. Neubauten sind, besonders bei Mangel an Betriebskapital, erst dann auszuführen, wenn die zwingende Notwendigkeit dazu eintritt, dass das Kapital bei Verwendung zur besseren Kultur und Melioration des Bodens sich stets höher verzinst als bei der Verwendung zu Gebäuden. Wie viele und wie große Gebäude erforderlich sind, hängt von Klima, Größe und Bewirtschaftungsweise des Landgutes ab. Je größer das Landgut, um so ratsamer wird eine weitergehende Teilung desselben Fassungsraums auf zahlreichere Gebäude sein, dabei sind auch Größe und Oberflächengestaltung des Hofraums, Bauart mit Bezug auf feuersichere Wände, Fächer, Gewölbe, Auseinanderhalten der Ställe für gleichen Seuchen ausgesetzte Tierarten zu beachten. Aufseher, Knechte, Gutstagelöhner können in ein Leutehaus oder jede Familie in besonderen Wohnhäusern beherbergt werden; für alle Vieharten kann Ein Stall bestimmt oder es können Zugvieh- von Nutzviehstallungen abgesondert werden (s. Stallungen), oder noch weitergehend besondere Kuh-, Mast-, Schaf-, Schweineställe, Viehhöfe, besondere Futterkammen, Molkereihäuser und dergleichen errichtet werden; für die Unterbringung der Vorräte und Geräte kann man ein oder zahlreichere Gebäude ausführen, für die Futteraufbewahrung gesonderte Höfe (Feimenhöfe), ebenso für feuergefährliche Anlagen, z. B. besonderen Brennereihof, einrichten. Der für eine Wirtschaft erforderliche Gebäuderaum kann erst dann festgestellt werden, wenn der Wirtschaftsplan entworfen ist und damit die Art und Ausdehnung der kultivierten Pflanzen, die Art, Zahl und Nutzungsrichtung der Nutz- und Gespanntiere sowie die Art und Zahl des erforderlichen Gesinde- und Tagelöhnerpersonals festgestellt ist. Die Bauart richtet sich nach dem Zweck der Gebäude, dem Klima, dem vorhandenen Baumaterial und der Rücksicht auf Feuer- und Wassersicherheit. Der Hof (Meierhof, Wirtschaftshof, Gehöft, vgl. Hof) soll möglichst in der Mitte und nicht an der Seite der zu einem Landgut gehörigen Äcker liegen, da dann die Ernte- und Düngerfuhren den kürzesten Weg zurückzulegen haben. Liegen die Felder weit auseinander, oder hat der Besitz eine langgestreckte Gestalt, so kann es zur leichteren Bewirtschaftung der entlegeneren Grundstücke rätlich sein, zwei und mehr Höhe anzulegen. Der eine dient dann als Haupthof, die anderen als Nebenhöfe, Vorwerke, Außenhöfe, Schafhöfe. Innerhalb des Hofes soll die Zusammenstellung der Gebäude zur Hofanlage derart sein, dass die Verwendung der Gebäude möglichst erleichtert wird. Bespiele von Hofanlagen unter verschiedenen klimatischen und wirtschaftlichen Verhältnissen finden sich in Kraffts »Betriebslehre« (7. Aufl., Berl. 1904). Wie groß der Einfluss des Gebäudekapitals auf die Verzinsung der im Betrieb verwendeten Kapitalien ist, mag aus folgendem Beispiel ersehen werden. Wenn der Gutswert 100.000 Mk., das Gebäudekapital je nach Bauart 20 (A) und 50 Prozent (B) vom Gutswert und die Amortisation und Reparatur 2 Prozent sind, so ergibt sich für den gleichen Gutswert in dem einen Falle 3,6 %, im anderen Falle nur 1,5 % Verzinsung; es ist nämlich der

A. Ertrag des Bodenkapitals 80.000 Mk. á 5 % = 4000 Mk.
Abzügl. Gebäudemiete 20.000 Mk. á 2 % = 400 Mk.
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Bleibt für Gutskapital 100.000 Mk. á 3,6 % = 3600 Mk.
B. Ertrag des Bodenkapitals 50.000 Mk. á 5 % = 2500 Mk.
Abzügl. Gebäudemiete 50.000 Mk. á 2 % = 1000 Mk.
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Bleibt für Gutskapital 100.000 Mk. á 1,5 % = 1500 Mk.

Den Unterschied zwischen Massivbau und leichter Bauart mag folgendes Beispiel erläutern. Kostet eine massive, 100 und mehr Jahre dauernde Scheune 6000 Mk., dagegen eine nur 50 Jahre haltbare Fachwerkscheune 4000 Mk., so würden im zweiten Falle 2000 Mk. erspart, die zu 3 % Zinseszins in 50 Jahren auf 8768 Mk. anwachsen würden, von denen nicht nur eine neue Fachwerkscheune für 4000 Mk. erbaut werden könnte, sondern noch 2768 Mk. übrig blieben (vorausgesetzt, dass der Zinseszins tatsächlich stets 3 % über der zu erwartenden Inflationsrate liegt; Anm. d. Red.).

Bibliographie

  • »Baukunde des Architekten«, 2. Bd., 1. Teil (2. Aufl., Berl. 1897)
  • Durms »Handbuch der Architektur«, 4. Teil, 3. Halbband (2. Aufl., Stuttg. 1901)
  • Engel: Handbuch des landwirtschaftlichen Bauwesens (8. Aufl., Berl. 1895)
  • Moos: Wie baut der Landwirt zweckmäßig und billig (2. Aufl., Frauens. 1903)
  • Schubert: Landwirtschaftliche Baukunde (6. Aufl. von G. Meyer, Berl. 1898)
  • Tiedemann: Das landwirtschaftliche Bauwesen (3. Aufl., Halle 1898)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe