Italienische Infanterie 1939–1944

Testbericht der 1:72 Figuren von Airfix/HäT Industrie

Italienische Infanterie 1939–1944.

Die italienische Tropenuniform entsprach im Schnitt weitgehend der normalen Dienstuniform. Die hier abgebildeten Figuren können demnach wahlweise in hellem Khaki oder Grüngrau bemalt werden. In Afrika wurden neben dem Stahlhelm auch Tropenhelme ausgegeben, die dem Bastler und Dioramenbauer einige interessante Umbaumvarianten bereiten. Die ungewöhnlich niedrige Zahl der Posen deutet darauf hin, dass diese Figurenserie der Firma Airfix halb fertig in Produktion ging. Leider fehlen die wichtigsten Unterstützungswaffen der Infanteriekompanie, leichte und mittlere MG, und Granatwerfer.

Regio Esercito

Italienische Truppen setzten sich mit Mut und Elan ein, eine Tatsache, die angesichts der Kritik an der Armee häufig ignoriert wird. dass die italienischen Großverbände sich nicht mit denen der Alliierten und Deutschen messen konnten, lag in erheblichem Maße an den ungünstigen Rahmenbedingungen. Die Armee geriet unter dem faschistischen Regime in einen sehr schlechten Zustand:

  • Mangelhafte Führung. Die Mehrzahl der jungen Offiziere rekrutierte sich aus Reservisten, junge Männer mit Universitätsabschluss und unzureichender militärischer Ausbildung. Akademiker wurden für 18 Monate zum Militärdienst herangezogen, zu Offizieren ausgebildet und anschließend wieder ins Zivilleben entlassen. Im Rahmen der Mobilmachung wurden jährlich 20.000 von ihnen einberufen und überwiegend zur Infanterie abkommandiert. Der geringe Ausbildungsstand und fehlende Kampferfahrung mussten sich negativ auf den Zusammenhalt der Züge und Kompanien auswirken.
  • Mangelhafte Ausrüstung. Die Infanteriewaffen auf Zug- und Kompanieebene waren nicht mehr zeitgemäß. Das Carcanogewehr M.91/38 fällt als besonders schlecht auf, es hatte eine zu geringe Gefechtsreichweite, schoss ungenau und verwendete 6,5 mm Munition mit geringer Leistung. Die 9 mm Beretta MP galt als hervorragende Waffe, doch das leichte Maschinengewehr, wichtigste Unterstützungwaffe im Gruppenrahmen, verwendete wiederum die schwache 6,5 mm Gewehrmunition. Das 8 mm Breda MG war kompliziert zu laden, wodurch die Feuergeschwindigkeit drastisch herabgesetzt wurde. Beide Maschinengewehre litten unter häufigen Ladehemmungen, insbesondere wenn die Munition nicht ausreichend geölt war.
  • Mangelhafte Panzerabwehr. Die italienische Armee verfügte über Nachbauten der Österreichischen 47 mm Panzerabwehrkanone vom Typ Böhler, die im Gefecht mit alliierten Panzern gefährliche Schwächen zeigte. Die Infanterie geriet derart in Bedrängnis, dass Feindpanzer mit Geschützen der Feldartillerie bekämpft werden mussten. Die Artilleristen schlugen sich tapfer, die vorgeschobene Einsatzweise führte aber zu enormen Verlusten an Menschen und Material.
  • Mangelhafte Panzerung. Italienische Fahrzeuge erreichten in der Regel einen guten mechanischen Entwicklungsstand, aber die Qualität der verwendeten Panzerplatten war längst nicht mehr zeitgemäß. Die Stahlplatten waren nicht homogen, sondern nur oberflächengehärtet, sie brachen nach Treffern leicht auseinander. Italienische Panzer waren im Gefecht völlig unterlegen, sie konnten schwere Feindpanzer nicht durchschlagen und wurden selbst von einer vielzahl feindlicher Panzerabwehrwaffen bedroht. Italienische Panzer waren zudem noch untermotorisiert, sie konnten dem feindlichen Feuer nicht wiederstehen und auch nicht mit hoher Geschwindigkeit ausweichen, eine tödliche Kombination ungünstiger Eigenschaften.
  • Mangelhafte strategische Beweglichkeit. Italienische Infanterieverbände in Nordafrika waren unzureichend motorisiert. Wenn ein Angriff ins Stocken geriet oder eine Verteidigungslinie aufgegeben werden musste, konnten sich die deutschen und italienischen Panzerverbände blitzschnell absetzen und neue Stellungen beziehen, die Infanterie blieb zurück, wurde vom Gegner weiträumig umgangen, abgeschnitten und einkassiert.

Mangelnde Führung, niedrige Feuerkraft, schwache Panzerabwehr, schlechte Panzerung und geringe Beweglichkeit müssen zwangsläufig zur Katastrophe auf taktischer, operativer und strategischer Ebene führen. Es gehört schon außergewöhnlicher Mut dazu, angesichts dieser enormen Nachteile das Gefecht überhaupt anzunehmen.

Inhalt

48 Figuren in nur 7 Posen – 22,5 mm entsprechen 162 cm Körpergröße

  • Italienischer Offizier mit Pistole (2)
  • Italienischer Infanterist mit Beretta Modello 3A Maschinenpistole, stehend schießend (8)
  • Italienischer Infanterist mit Beretta Modello 3A Maschinenpistole, kniend schießend (8)
  • Italienischer Infanterist mit Carcanogewehr M.91/38, marschierend (8)
  • Italienischer Infanterist mit Carcanogewehr M.91/38, stehend schießend (8)
  • Italienischer Infanterist mit Carcanogewehr M.91/38, avancierend (7)
  • Italienischer Infanterist mit Carcanogewehr M.91/38, liegend, Granate werfend (7)

Bewertung

Sehr schön gestaltete Figuren. Die Posen wirken natürlich und anatomisch richtig. Die Figuren sind schlank und sie sehen größer aus als sie wirklich sind. Auf der Verpackung wird mit dem Maßstab 1:72 geworben, die Soldaten wären demnach nur 162 cm groß. Das Carcanogewehr M.91/38 und die Beretta Maschinenpistole sind tatsächlich exakt in 1:72 skaliert, obwohl wir Airfix eigentlich als Hersteller von Figuren im Maßstab 1:76 kennen.

Außergewöhnlich detaillierte Uniformen, Waffen und Ausrüstung. Details sind korrekt wiedergegeben und die Ausrüstung ist richtig angelegt.

Charakterköpfe, insbesondere der Offizier könnte direkt aus einem bekannten Film stammen. Diese Figur alleine rechtfertigt den Kauf der Schachtel.

Exzellente Qualität, scharfe Details und geringe Gussnähte.

Keine Unterstützungswaffen. Airfix ist normalerweise für die gute Ausstattung der Figurenschachteln bekannt, doch diese Packung enthält weder Maschinengewehre noch leichte Granatwerfer. Dioramenbauer und Wargamer werden sich mit Umbauten behelfen.

Nur sieben Posen. Leider bleibt dieser Set deutlich unter dem Industriestandard von 12–15 Posen in einer Schachel mit 45–50 Infanteristen. Möglicherweise war ein leichtes und ein schweres Maschinengewehr mit Mannschaft geplant, die aber nicht zur Ausführung gelangten. So würden sich die fehlenden Posen erklären. Angesichts der besonderen Detailfülle und gelungenen Modellierung sind uns offenbar eine Reihe exzellenter Figuren entgangen. Die Hintergründe werden wir vielleicht nie genau erfahren.

Unvollständige Bemalungshinweise. Die Rückseite der Verpackung zeigt einen Infanteristen in mittelgrauer Uniform, mit Lederausrüstung im selben Farbton. Die Zeichnung alleine ist nicht sehr hilfreich wenn Humbrol, Tamiya oder Pactra Farbangaben fehlen. Andrew Mollo beschreibt die Farbe der Uniform und Ausrüstung als Graugrün. Offiziere trugen Uniformen aus besserem Material, die eine hellere graugrüne Farbe hatten.

Historische Verwendung

  • Italienische Infanterie in Felduniform (Graugrün)
    • Balkan, 1941–43
    • Russland, 1941–44
    • Italien, 1943
    • Oberitalien, 1944
  • Italienische Infanterie in Tropenuniform (Khaki, hell)
    • Libyen, 1940–41
    • Nordafrika, 1941–42
    • Tunesien, 1943
    • Italien, 1943

Interessante Umbauten

  • Italienische Infanterie im Tropenhelm. Die Uniform kann in hellem Khaki bemalt werden, sie entspricht im Schnitt weitgehend der Tropenuniform. Einige Figuren sollten umgebaut werden, indem der Stahlhelm durch einen Tropenhelm aus der Figurenserie Afrikakorps der Firma Atlantic ersetzt wird. Patronentaschen und Gurte aus graugrünem Leder wurden auch in Afrika verwendet.
  • Infanterie der von Mussolini 1943 neu gegründeten Repubblica Soziale Italiana. Insgesamt wurden vier Divisionen aufgestellt, die an der Ostfront dienten, bzw. zur Partisanenbekämpfung in Oberitalien eingesetzt wurden. Ab 1945 trugen diese Truppen italienische Uniformen mit deutschen Stahlhelmen und Einheitsmützen.

Bibliographie

HäT Industrie füllt mit den alten Airfix Figuren eine Lücke im Figurenangebot aus dem Zweiten Weltkrieg. Die italienische Uniform mit Hemd und Krawatte wirkt für die damalige Zeit sehr modern. Die Figuren sind schön modelliert und die vielen Falten in der Uniform lassen sich wunderbar schattieren. Wir wünschen uns noch mehr meisterhafte 1:72 Figuren von diesem Modelleur.

HäT Figuren

Figuren der Italienischen Armee im Zweiten Weltkrieg