Caen

Caen (spr. kāng), Hauptstadt des französischen Departements Calvados, liegt 14 km vom Meer in einem reizenden Tal am Zusammenfluss des Odon und der Orne, die einen für Schiffe von 5 m Tiefgang fahrbaren, vom Außenhafen Ouistreham bis in die Stadt führenden Kanal speist, und ist Knotenpunkt der Westbahn. Sie besitzt mehrere freie Plätze, regelmäßige Straßen, einen guten Hafen mit Kais, schöne Anlagen und einen Rennplatz. Unter den 15 Kirchen zeichnen sich die romanischen ehemaligen Klosterkirchen des heil. Stephan mit zwei hohen Türmen und der heiligen Dreifaltigkeit mit drei viereckigen Türmen, beide 1066 gegründet, erstere von Wilhelm dem Eroberer, letztere von dessen Gemahlin Mathilde, mit den Grabmälern der Stifter, dann die St. Peterskirche mit schönem Turm aus. Bemerkenswerte Gebäude sind ferner: das alte feste Schloss Wilhelms des Eroberers, das ehemalige Stephanskloster (jetzt Lyzeum), das schöne ehemalige Hôtel d‘Escoville (jetzt Börse) und das 1 km östlich von der Stadt gelegene Schloss aus dem 11. Jahrhundert (Maison des Gendarmes). Auch besitzt die Stadt zahlreiche interessante Privathäuser aus dem Mittelalter, eine Statue Ludwigs XIV. und Denkmäler von Malherbe, Auber, Laplace und Elie de Beaumont. Die Zahl der Einwohner beträgt (1901) 43.201 (als Gemeinde 44.794), die Fabrikation von Spitzen, Wirk- und Webwaren, Handschuhen, Maschinen etc., Schiffbau, Seefischerei und Austernfang sowie Handel mit Vieh, Geflügel etc. treiben. In Caen liefen 1900: 1192 Schiffe mit 247.472 Ton. ein; zur Ausfuhr kommt besonders Eisenerz. Mit Havre, Dünkirchen und Newhaven steht die Stadt durch regelmäßige Dampfschiffahrt in Verbindung. Caen hat drei Fakultäten, eine medizinische Vorbereitungsschule, ein Lyzeum, ein Lehrer- und Lehrerinnenseminar, eine hydrographische, eine Zeichen- und eine Bauschule, ein Musikkonservatorium, ein naturhistorisches Kabinett, einen botanischen Garten, eine Bibliothek von 60.000 Bänden, eine Bildergalerie mit Gemälden von Perugino, Andrea del Sarto, Raffael, Rubens etc. und viele gelehrte Gesellschaften (darunter eine Akademie der Wissenschaften und Künste und die Société des Antiquaires mit reichem Museum), ein Taubstummeninstitut, ein Irrenhaus und eine Strafanstalt (in dem nahen Beaulieu). Caen ist Sitz des Präfekten, eines Appellhofs und eines Handelsgerichts.

Caen, lat. Cadomum, eine Gründung Wilhelms des Eroberers, war die Hauptstadt der niederen Normandie; auch hielten hier die alten Herzöge von der Normandie häufig Hof. Als Zankapfel zwischen Franzosen und Engländern wurde Caen mehrmals belagert und war 1417 bis 1450 in der Gewalt der Engländer. Während dieser Zeit wurde die Universität (1436) von König Heinrich VI. gegründet. Zur Zeit der französischen Revolution, nach dem Sturz der Girondisten (1793), wurde vom General Wimpffen von Caen aus ein Aufstand gegen die Jakobiner versucht.

Bibliographie

  • Carel: Histoire de la ville de Caen depuis Philippe-Auguste jusqu‘a Charles IX (Caen 1886)
  • Carel: Histoire de la ville de Caen sous Charles IX. Henri III et Henri IV (Caen 1887)
  • Pont: Histoire de la ville de Caen (Caen 1865, 2 Bde.)
  • Robillard de Beaurepaire, Caen illustré (Caen 1896)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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