Gesims

Gesims.

Gesims (Sims), Architekturgebilde zur Gliederung und zum Schmuck eines Baukörpers, aus dessen Oberfläche es, meist waagerecht, schmal und langgestreckt, in irgendwelcher Profilierung hervorspringt. Die Teile des Gesimses, die Gesimsglieder, sind glatt oder skulptiert (eventuell auch nur bemalt) und geben je nach ihrer Profilform und ornamentalen Behandlung dem Gesims verschiedene praktische Anwendbarkeit und tektonischen Charakter. In der Antike und den von ihr abgeleiteten Stilen tritt das letztere, in den mittelalterlichen Bauweisen das erstere Moment mehr in den Vordergrund. Je nach der Stelle, wo sie sich an der Fläche befinden, und nach ihrer Funktion unterscheidet man hauptsächlich Sockel- (Fuß-, Dach-) Gesimse, Gurt- (Zwischen-) Gesimse und Haupt- (Kranz-) Gesimse. Untergeordnete Gesimsarten sind noch die Deck-, Trag-, Schutz- und Kaffgesimse.

Attische Basis.
Gurtgesims.
Gurtgesims.
Gotisches Kaffgesims.
Gotisches Hauptgesims.
Backstein-Hauptgesims.
Schutzgesims.

Die Sockelgesimse bilden die ästhetische Vermittlung zwischen dem Hauptbaukörper und seinem zur Lastübertragung auf eine größere Grundfläche verbreiterten Fuß. Sie müssen schlicht sein, dürfen den Wasserablauf nicht hindern und haben meist geringe Schattenwirkung. Neben einfachen Schrägen und Kehlen kommen zusammengesetzte Profile vor, unter denen namentlich das Profil der aus der griechischen Antike stammenden, aus einer Kehle zwischen zwei Wulsten und mehreren Plättchen bestehenden Attische Basis (s. d.) in allen Stilen Verbreitung gefunden hat (Fig. 1). Schärfer als bei dieser Gesimsart scheidet sich bei den Gurtgesimsen, die in der Regel in Höhe der Geschossdecken liegen, der antike von den mittelalterlichen Charakter. Das Hauptglied der antiken Gurtgesimse pflegt eine lotrechte Platte zu sein, die den Gurtcharakter gibt. Dazu treten stützende Unterglieder, insbes. Plattwellen, und, bei reicheren Ausführungen krönende, das Gesims selbständiger machende Oberglieder (Fig. 2). Kleine gürtende Gesimse werden mehr in Schnürenform gebildet, und der Rundstab herrscht bei ihnen vor (Fig. 3). Bei den mittelalterlichen Gurtgesimsen tritt der tektonische Begriff des Gürtens zurück, die Geschosstrennung wird Hauptsache, auch bilden die Gesimse vielfach die Fortsetzung der unteren, vor die Front vorspringenden Teile der Fensterschrägen (Kaffgesimse). Für die Gotik typisch ist die Form Fig. 4. Traggesimse sind Zwischengesimse, die von einer unteren zurückliegenden zu einer oberen vorspringenden Fläche vermitteln. Die Hauptgesimse haben in der Antike und deren Ableitung vornehmlich die Bestimmung, das Gebäude, dem das steile, bedeutsam in die Erscheinung tretende Dach fehlt, nach oben abzuschließen, zu krönen. Grundtypen sind die Kranzgesimse der antiken Säulenordnungen (s. d.); alle späteren antiken und Renaissancehauptgesimse sind mehr oder weniger Ableitungen derselben. Das mittelalterliche Hauptgesims, über dem das hohe Dach nicht zu fehlen pflegt, ist weniger ausgesprochen krönender Bauteil. Da es, wenn die Dachtraufe nicht über seine Vorderkante weggezogen ist, in der Regel die (Stein-) Rinne aufnimmt, ist es oben waagerecht abgeschlossen und entbehrt der für das Gurtgesims bezeichnenden Schräge (Fig. 5).

Die Deckgesimse (Giebel-, Brüstungsgesimse, Mauerabdeckungen etc.) ähneln, je nachdem sie bedeutender oder untergeordneter auftreten, mehr den Haupt-, bzw. Gurtgesimsen. In ihrem Charakter tritt besonders das schützende, deckende Moment hervor. Unter Schutzgesimsen versteht man insbes. die kleine Gesimse, unteren deren Schutz bei mittelalterlichen Bauwerken Dächer von Mauern anschließen (Fig. 7). Antike Giebelgesimse erhalten oft den Schmuck der Akroterien, mittelalterliche den der Krabben und Kreuzblumen (s. d.). Als bereichernde Zutat erhalten die Gesimse, namentlich die Hauptgesimse, oft Friese, die in geometrischen Musterungen, ornamentalen oder figürlichen Schmuck, auch in Vorkragungen, Bogenreihen (Bogenfriesen) u. dgl. bestehen. Über reichen Hauptgesimsen erhebt sich oft eine Balustrade (Attika, s. d.) oder ein Zinnenkranz. Werden die Gesimsglieder selbst verziert, so hat dies bei den antiken Stilen im Sinne der Tektonik (s. d.) derartig zu geschehen, dass das ausgemeißelte oder aufgemalte Ornament die statische Funktion der Glieder, d. h. das Stützen, Trennen, Verknüpfen, Krönen etc. versinnbildlicht. Das Mittelalter verfährt freier und legt auf die Gesimsglieder, namentlich in die Kehlen, naturalistischen Pflanzenschmuck oder sonstigen Zierrat. Allgemein gilt auch, dass die mittelalterlichen Gesimse, namentlich die Hauptgesimse, kleiner, bescheidener sind als die antiken. Im Werk- oder Bruchsteinbau werden die Gesimse aus bearbeiteten Quadern gefertigt. Der Terrakottabau ahmt diese Quadern durch große hohle Stücke aus gebranntem Ton nach, der gesündere Backsteinbau (s. d.) bildet sie aus Formsteinen (s. d.). Ein Beispiel gibt Fig. 6. Beim Putzbau (s. d.) werden sie in den Mörtel auf einer Vermauerung mit der Schablone »gezogen« oder in Gipsstuck hergestellt. Im Holzbau (s. d.), soweit dieser nicht Nachahmung des Steinbaus ist, kann man von Gesimsen im vorstehenden Sinne nicht reden. An ihre Stelle treten hier entweder Verbretterungen oder die vorgestreckten, verzierten Balken und Sparrenköpfe, die mit den profilierten Rahmen, Füllhölzern, Füllbrettern, Knaggen etc. den Hauptschmuck der Holzhäuser bilden. Ähnliches gilt auch vom Eisenbau (s. d.).

Bibliographie

  • Bötticher, K.: Tektonik der Hellenen (2. Aufl., Berl. 1869–81)
  • Göller: Gesims (in Durms »Handbuch der Architektur«, Teil 3, Bd. 2; 2. Aufl., Stuttg. 1899)
  • Hittenkofer: Das Entwerfen der Gesimse (5. Aufl., Leipz. 1885)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe